Durch das Internet, über die Homepage
unseres Bistums, hatte ich davon erfahren: ein „ökumenischer
Gottesdienst für die Toten im Mittelmeer“ am Samstag, den 14.
Dezember um 14.00 Uhr in München. Gerne wollte ich hin – und der
eigene Kalender und der Dienst der Mitbrüder machten es möglich.
Also machte ich mich am Morgen auf den
Weg, erledigte noch ein paar Dinge in Mindelheim und ging zum
Bahnhof. Wo sich viele Leute vom Bahnsteig aus in einen vollen Zug
drängten. Ich war froh, es irgendwie in den Zug geschafft zu haben.
Dass es keinen Sitzplatz mehr gab – geschenkt!
In Buchloe musste ich umsteigen. Und
der Anschlusszug war genauso voll – wieder stand ich. Den Schals
nach waren Fußballfans unterwegs. Und unbedarft fragte ich einen von
diesen: „ist heute ein Spiel?“ „Ja, Bayern gegen Werder Bremen,
Bundesliga. Und wieso fahren Sie nach München?“ Ich erklärte: „da
gibt es heute eine Mahnwache und einen Gottesdienst für Menschen,
die auf ihrer Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrunken sind“.
„Respekt“ kommentierte mein Gegenüber.
Mit der Zeit hatte ich den Eindruck von
sehr „stimmigen Reisebedingungen“. Denn auch die Menschen auf der
Flucht erleben ja „Eingepfercht-Sein“ in LKWs, auf Booten, in
Baracken... Wobei ich das Stehen im überfüllten Zug natürlich
nicht damit vergleichen möchte. Aber ein wenig Komfortverzicht
immerhin...
In München machte ich mich direkt auf
den Weg zum Dom, vor dem eine Mahnwache stattfand. Einige versuchten
ein Schlauchboot, wie es Flüchtlinge verwenden, aufzublasen. Andere
entrollten ein Transparent. Beides gestaltete sich aufgrund
stürmischen Windes als nicht ganz einfach. Und wieder: erleben nicht
die Menschen auf der Flucht auch solches? Allerhand Wetterunbilden...
Ein wenig ging ich dann Richtung
„Christkindlmarkt“, ließ mich von den Menschenmassen am Samstag
vor dem dritten Advent schieben. Und steuerte gegen 13.00 Uhr wieder
den Dom an. Ab 13.00 Uhr wurden eine Stunde lang (!) Namen von
Menschen gelesen, die auf ihrer Flucht im Mittelmeer ertranken.
Manchmal auch keine Namen, sondern nur z.B.: „am soundsovielten
Februar 2018 35 Menschen, darunter 6 Frauen und zwei Kinder.“
Geflüchtete aus verschiedenen Ländern, vermutlich aus Syrien (und
Afghanistan?) und andere aus afrikanischen Ländern lasen – eine
Stunde lang im Wechsel – Namen und Zahlen vor, untermalt von leiser
Harfen-, später Orgelmusik. Eine Frau, welche vorlas, fing dabei zu
weinen an, die Stimme stockte ihr. Ja, es ist zum Weinen, es ist zum
Verzweifeln! Aber wie gut, dass heute wenigstens dieser Menschen
gedacht wird. Eine Stunde lang Namen und Zahlen von im Mittelmeer
Ertrunkenen...
Um 14.00 Uhr begann dann der
ökumenische Gottesdienst im inzwischen sehr gut gefüllten Dom. Die
Bänke waren alle voll besetzt und in den Seitengängen standen
Menschen. Gott sei Dank diese Beteiligung! Ein orthodoxer
Totengesang, ein Trauerlied aus dem Kongo und anderes waren
Bestandteil der Liturgie. Um der Religion vieler Opfer gerecht zu
werden, zog auch der Imam von Penzberg mit ein und betete ein Gebet
aus der muslimischen Tradition. Dabei war eine Formulierung ungefähr
so: „lass nicht zu, dass wir uns mit der Frage `wie konnte Gott das
zulassen?´ selbst aus der
Verantwortung stehlen!“
Die Dialogpredigt von Erzbischof
Reinhard Kardinal Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm rief
zum Teil Beifallklatschen hervor, besonders als der Kardinal
anmahnte, dass ein „sogenanntes christliches Abendland“ doch
gerade im Umgang mit Flüchtenden erkennbar sein müsste.
So ging ich nach zwei Stunden im Dom
wieder hinaus in den Rummel des Christkindlmarktes und war dankbar
für die erfahrene Gemeinschaft des Gedenkens und Betens.