Bei unserem Abitur seinerzeit
beschlossen wir, uns regelmäßig am zweiten Weihnachtsfeiertag, also
am 26. Dezember zu treffen, wenigstens im Fünf-Jahres-Abstand.
Erstaunlicherweise klappt das! 2018 sind 35 Jahre seit unserem Abi
vergangen und wir trafen uns wieder. Wer wollte, war vor dem
abendlichen Termin im Gasthaus zu einer Führung durch das
Liebherr-Werk in Lindenberg – Ort unserer Schule – eingeladen.
Zwei unserer Mitabiturienten arbeiten dort als Ingenieure, einer in
der Entwicklung, einer in der Fertigung. Ersterer ist seit 30 Jahren
in der Firma, ging also gleich nach seinem Maschinenbaustudium hin,
der andere ist seit über 20 Jahren dort.
Wie manch anderer hatte auch ich von
außen die gewaltigen Baumaßnahmen der Firma in den vergangenen
Jahren mit bekommen: immer wieder eine neue große Halle kam dazu.
Bestätigung findet diese Tatsache durch den Anstieg der Zahl der
Beschäftigten: waren beim Eintritt unserer beiden Mitabiturienten
noch unter 1000 Mitarbeiter im Werk, so sind es heute 2700.
Entwickelt und hergestellt wird in
Lindenberg Flugzeugtechnik: Fahrwerke und Steuerungen. Kunden sind
verschiedene Flugzeughersteller, seit einiger Zeit auch Boeing.
Auch für Nicht-Techniker wie mich war
der Gang durch die Hallen beeindruckend – allein schon aufgrund der
Dimensionen. Zwischendurch fragte unser Begleiter, ob uns die Höhe
der Hallen aufgefallen sei, die ja eigentlich gar nicht nötig wäre.
Grund: falls es mit der Luftfahrt einmal nicht mehr so gut geht wie
momentan, dann sollen in den Lindenberger Hallen auch Bagger gebaut
werden können – eine andere Sparte des Unternehmens.
Apropos Sparten: neben Maschinen
verschiedener Maschinenbauer – auch die Mindelheimer Firma Grob
entdeckte ich mehrfach – sind auch Liebherr-Maschinen im
Flugzeug-Werk zu sehen. Der Firmengründer war ein Tüftler, der
schon einmal eigene Entwicklungen vorantrieb, wenn er diese für
seine Produkte brauchte: etwa ein besonderes Zahnrad, und dafür
wiederum eine Maschine, um solche Zahnräder herzustellen.
Etwas vom Beeindruckendsten für mich
ist der „Ersatzteil-Service“, den es gibt. Liebherr macht es
möglich, dass von Lindenberg aus innerhalb von 24 Stunden an jedem
Flughafen der Welt das nötige Ersatzteil geliefert werden kann. Als
einer aus der Gruppe ungläubig fragte, wie oft so etwas vorkomme,
bekam er zur Antwort: „jeden Tag ein paar mal“.
Ob auch Flüchtlinge in der Firma
arbeiten, war eine weitere Frage. Ja. Jedes Jahr werden zwei
ausgebildet. Allerdings ist das Herkunftsland ein Kriterium. Aus
Ländern, die als „Terrorismus-gefährdet“ gelten, wie etwa
Syrien, werden keine Flüchtlinge eingestellt. Bedingung der
Kundschaft!
Ständig werden Mitarbeiter gesucht.
Und im – nach wie vor – Familienbetrieb gibt es wohl insgesamt
ein gutes Arbeitsklima. Manche fahren bis von Ulm oder aus der
Schweiz zur Arbeit, Strecken von 100 Kilometern.
Die Mitarbeiter einer Abteilung wurden
gebeten, sich ihre Arbeitsplätze, wie sie sich diese idealerweise
vorstellen, aus Kartonagen zu bauen. Wobei die Leute kreativ waren
und gute Ideen hatten. Das Modell wurde dann in massiver Bauweise
umgesetzt. Für mich ein interessantes Beispiel des Vertrauens in
Mitarbeiter und des Nutzens von menschlichem Potential.
Gut zwei Stunden zogen wir miteinander
durch die langen Hallen, in denen am zweiten Weihnachtsfeiertag nicht
gearbeitet wurde. Sonntags wird sonst schon gearbeitet und es gibt
1-,2-,3- und 4-Schicht- Programme.
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