Dienstag, 15. Januar 2019

Liebherr

Bei unserem Abitur seinerzeit beschlossen wir, uns regelmäßig am zweiten Weihnachtsfeiertag, also am 26. Dezember zu treffen, wenigstens im Fünf-Jahres-Abstand. Erstaunlicherweise klappt das! 2018 sind 35 Jahre seit unserem Abi vergangen und wir trafen uns wieder. Wer wollte, war vor dem abendlichen Termin im Gasthaus zu einer Führung durch das Liebherr-Werk in Lindenberg – Ort unserer Schule – eingeladen. Zwei unserer Mitabiturienten arbeiten dort als Ingenieure, einer in der Entwicklung, einer in der Fertigung. Ersterer ist seit 30 Jahren in der Firma, ging also gleich nach seinem Maschinenbaustudium hin, der andere ist seit über 20 Jahren dort.

Wie manch anderer hatte auch ich von außen die gewaltigen Baumaßnahmen der Firma in den vergangenen Jahren mit bekommen: immer wieder eine neue große Halle kam dazu. Bestätigung findet diese Tatsache durch den Anstieg der Zahl der Beschäftigten: waren beim Eintritt unserer beiden Mitabiturienten noch unter 1000 Mitarbeiter im Werk, so sind es heute 2700.

Entwickelt und hergestellt wird in Lindenberg Flugzeugtechnik: Fahrwerke und Steuerungen. Kunden sind verschiedene Flugzeughersteller, seit einiger Zeit auch Boeing.

Auch für Nicht-Techniker wie mich war der Gang durch die Hallen beeindruckend – allein schon aufgrund der Dimensionen. Zwischendurch fragte unser Begleiter, ob uns die Höhe der Hallen aufgefallen sei, die ja eigentlich gar nicht nötig wäre. Grund: falls es mit der Luftfahrt einmal nicht mehr so gut geht wie momentan, dann sollen in den Lindenberger Hallen auch Bagger gebaut werden können – eine andere Sparte des Unternehmens.

Apropos Sparten: neben Maschinen verschiedener Maschinenbauer – auch die Mindelheimer Firma Grob entdeckte ich mehrfach – sind auch Liebherr-Maschinen im Flugzeug-Werk zu sehen. Der Firmengründer war ein Tüftler, der schon einmal eigene Entwicklungen vorantrieb, wenn er diese für seine Produkte brauchte: etwa ein besonderes Zahnrad, und dafür wiederum eine Maschine, um solche Zahnräder herzustellen.

Etwas vom Beeindruckendsten für mich ist der „Ersatzteil-Service“, den es gibt. Liebherr macht es möglich, dass von Lindenberg aus innerhalb von 24 Stunden an jedem Flughafen der Welt das nötige Ersatzteil geliefert werden kann. Als einer aus der Gruppe ungläubig fragte, wie oft so etwas vorkomme, bekam er zur Antwort: „jeden Tag ein paar mal“.

Ob auch Flüchtlinge in der Firma arbeiten, war eine weitere Frage. Ja. Jedes Jahr werden zwei ausgebildet. Allerdings ist das Herkunftsland ein Kriterium. Aus Ländern, die als „Terrorismus-gefährdet“ gelten, wie etwa Syrien, werden keine Flüchtlinge eingestellt. Bedingung der Kundschaft!

Ständig werden Mitarbeiter gesucht. Und im – nach wie vor – Familienbetrieb gibt es wohl insgesamt ein gutes Arbeitsklima. Manche fahren bis von Ulm oder aus der Schweiz zur Arbeit, Strecken von 100 Kilometern.

Die Mitarbeiter einer Abteilung wurden gebeten, sich ihre Arbeitsplätze, wie sie sich diese idealerweise vorstellen, aus Kartonagen zu bauen. Wobei die Leute kreativ waren und gute Ideen hatten. Das Modell wurde dann in massiver Bauweise umgesetzt. Für mich ein interessantes Beispiel des Vertrauens in Mitarbeiter und des Nutzens von menschlichem Potential.

Gut zwei Stunden zogen wir miteinander durch die langen Hallen, in denen am zweiten Weihnachtsfeiertag nicht gearbeitet wurde. Sonntags wird sonst schon gearbeitet und es gibt 1-,2-,3- und 4-Schicht- Programme.


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