Freitag, 15. April 2011

Ostern...

„Er ist da! Gestern habe ich eine SMS bekommen, dass Lukas um 22.37  Uhr geboren wurde!“ Freudestrahlend erzählt Sebastian von der Geburt seines Cousins. Bernadette stimmt in den Jubel mit ein: „und ich darf Babysitten, ich habe das schon mit Christine ausgemacht!“ Christine ist die Mutter des Neugeborenen. Der Ort, an dem dieses Gespräch stattfindet und wo ich es auch mit bekomme ist die kleine Kammer, die dem „Kirchenpersonal“ als Umkleidekammer in der Leichenhalle des Friedhofes zur Verfügung steht. Nur durch eine Mauer sind wir getrennt vom Sarg des Menschen, zu dessen Beerdigung wir uns hier versammeln, Bernadette und Sebastian als Ministranten mit mir als Priester. Freude über einen neu geborenen Menschen fünf Minuten vor der Beerdigung eines Leichnams!

Mir kommen Erinnerungen an Aushilfen im Kufsteiner Krankenhaus. Immer wieder einmal hatte ich dort den priesterlichen Notdienst übernommen und war zu Krankensalbungen gerufen worden. An einem solchen Tag kam ich nach der Krankensalbung bei einem Sterbenden auf dem Weg zum Ausgang bei der Neugeborenenstation vorbei, welche mit bunten Window-Colours als solche gekennzeichnet war. Auch hier: Leben und Tod nah beieinander.

Und wieder zurück nach Traunreut. Es findet die Urnenbeisetzung von Frau J. statt. Beinahe hätte ich sie noch persönlich kennen gelernt. Gemeinsam mit ihrem Mann hatten sie telefoniert, um sich einen Rat vom Pfarrer zu holen. Und wir vereinbarten einen Termin, bei dem ich sie in ihrer Wohnung besuchen wollte. Sie hatten Sorge, weil ihnen klar war – sie 93 und er 95 Jahre – dass sie nicht mehr in ihrer Wohnung weiter leben können wie bisher. Aber wenn, dann wollten sie gemeinsam ein Zimmer in einem Altenheim bekommen und dort dann auch bleiben können und nicht wieder umziehen müssen. „Wir sind zwar alt, aber vielleicht leben wir ja doch noch ein paar Jahre“ – so sagte mir Frau J. am Telefon. Und über ihre Sorgen wollten sie mit dem Pfarrer reden.
Ein paar Tage vor dem vereinbarten Termin rief Herr J. im Pfarrbüro an und teilte mit, dass seine Frau ins Krankenhaus musste und er sie dorthin begleitet habe – ich solle sie besuchen, wenn sie wieder aus dem Krankenhaus in der Nachbarstadt zurück wären.
Und wieder einige Zeit später dann die Todesnachricht von Frau J. – und ein untröstlicher Ehemann. Sein größter Wunsch: möglichst schnell zu sterben, um wieder mit seiner Frau zusammen zu sein.

Um einen passenden Text aus der heiligen Schrift für die Feier der Beisetzung der Urne von Frau J. zu finden, blätterte ich nicht im Buch für die Begräbnisse, sondern in jenem für die Trauungen. Und wählte dann einen Text aus den Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium. Ausgehend von diesem Text versuchte ich etwas deutlich zu machen von der Hoffnung durch die Auferstehung Jesu. Als Getaufte haben wir Anteil daran und das ist stärker als der Tod. So wie die Liebe – eben auch der Eheleute J., die durch den Tod nicht getrennt werden kann.

Ich weiß nicht, ob Herr J. dort in der Leichenhalle in der Lage war, meinen Worten zu folgen. Ich war sehr dankbar, dass sich einige Menschen aus der Gemeinde eingefunden hatten, um ihm in dieser Stunde beizustehen. Kinder hatte das Ehepaar keine und den noch lebenden Familienangehörigen war es wohl aufgrund des eigenen Alters nicht möglich, dabei zu sein.
Ich möchte, so gut ich es kann, für Herrn J. „mit glauben“: nicht nur daran, dass er wieder mit seiner Frau zusammen kommen wird, sondern an ein ewiges Leben, an dem wir durch Jesu Tod und Auferstehung Anteil haben – und das bereits Wirklichkeit ist…