Samstag, 30. April 2016

Erstkommunion in Egelhofen

Egelhofen ist ein besonderer Ort. Es gibt einen starken Zusammenhalt unter den Menschen, die dort leben, was meinem Eindruck nach nicht wenig mit der kirchlichen Verbundenheit der Bevölkerung zu tun hat.
Am letzten Sonntag im April war dort Erstkommunion: insgesamt fünf Mädchen, vier aus dem Ort selbst und eines aus der Nachbargemeinde, feierten. Was auch etwas Besonderes ist: denn es gibt Jahre, in denen dort kein Kind zur Erstkommunion geht, andere Jahre, in denen es höchstens ein oder zwei Kinder sind.

Mit den Ministranten zusammen holten wir die Erstkommunionmädchen und ihre Eltern beim Vereinsheim ab – das Wetter spielte mit! - und zogen gemeinsam das kurze Stück zur Kirche. Und da, vor der Kirchentür: Lauren, eines der Mädchen: „ich habe einen Stein im Schuh!“. Worauf ich ihr sagte: „dann holen wir den besser jetzt noch heraus!“. Lauren, etwas aufgeregt: „nein, das geht schon!“. Als ich ihr sagte, dass wir uns ruhig noch Zeit nehmen könnten, bückte sich Lauren doch, um festzustellen: „meine Hände sind viel zu kalt, ich kann die Schuhe nicht aufmachen!“ Irgendwelche edlen Teile mit einem Lederriemen um den Knöchel herum. Also rückte die in der Nähe stehende Mutter an, löste den Riemen, öffnete den Schuh und der Stein wurde entfernt.
Ich griff die Geschichte bei der Feier nicht auf, obwohl das ja gepasst hätte. Bevor wir uns zum Altar, in die Kirche begeben, ist es gut, die Steine zu entfernen. Nicht nur die aus den Schuhen, sondern die anderen, die wir in der Hand haben, um sie auf jemanden zu werfen. Oder die Steine, aus denen die Mauern zwischen uns gebaut sind, die wir uns da miteinander zum Altar auf den Weg machen.

Lauren hatte auch die Idee, dass die Erstkommunionkinder gemeinsam kommunzieren sollten. Also warten, bis alle die Hostie in der Hand haben. Und ich griff diese Idee auf, zumal sie von einem der Kinder kam. Ohne das groß zu erläutern. Kommunion als „Gemeinschaft“, als „Teilen“ wird noch einmal anders erfahren.

Abends bekam das dann eine weitere Ausdrucksform. Wir versammelten uns zur Dankandacht wieder in der Kirche. Und bei den zu segnenden Geschenken, Rosenkränze, Gebetbücher, Kreuze etc., da lag auch ein Brot, das schon am Vormittag dort gelegen hatte. Aus Teig darauf geschrieben das Datum des Erstkommuniontages. Das Brot wurde mit gesegnet und während des Schlussliedes schnitten es zwei Mütter auf und die fünf Erstkommunionmädchen verteilten die Stücke an alle in der Kirche. Obwohl die Brot-Stücke mit der Zeit etwas kleiner wurden, bekam doch jede und jeder eines. Abgesehen davon, dass die Mädchen natürlich mit Eifer beim Verteilen waren und dabei ihrem Bewegungsdrang nachgeben konnten, sprach das Zeichen des Teilens wiederum für sich.

Alle Mädchen hatten mich eingeladen, nach der Messe mit ihnen weiter zu feiern, ins Gasthaus zu gehen. Da meine Nichte aber am selben Tag Erstkommunion hatte, fuhr ich nach der Egelhofer Erstkommunion weiter zu Steffi und feierte mit meine Verwandten.

Und fuhr deshalb am Tag nach der Erstkommunion, am Montag, wiederum nach Egelhofen. Wo im Vereinsheim eine große Kuchentafel für Menschen aus dem Ort aufgebaut war. Und die Feiergemeinschaft ein weiteres Mal ausgeweitet, das Teilen wiederum praktiziert wurde: Kuchen vom Vortag und auch noch frisch gebackener fand sich dort und das Fest ging weiter, die Freude konnte sich noch weiter verteilen.

Noch ein Detail am Rande, ich hoffe, es bedient nicht zu sehr ein Klischee. Als meine Mutter mich fragte, ob die Erstkommunionmädchen „Einheitskutten“ oder ihre individuellen Kleider angehabt hätten, musste ich passen. Dass sie weiß und hübsch angezogen waren, hatte ich wahr genommen, mehr dann schon auch wieder nicht...

Freitag, 15. April 2016

Dialog

Miteinander reden – ach ist das schwer! Miteinander reden - oh ist das schön! Beide Erfahrungen gibt es, beides kenne ich. Und habe mich auch immer wieder theoretisch und praktisch damit befasst. Ich erinnere mich noch an die Sprachphilosophie-Vorlesung während des Studiums und an die Theorie von Karl Bühler dabei.
Später waren es dann die weit verbreiteten Bücher von Friedemann Schulz von Thun. Als ich bei einer Abendveranstaltung mit jungen Fußballern zum Thema „Kommunikation“ vom „Hören mit vier Ohren“ erzählte, meinte der eine, das habe er in der Berufsschule auch schon mit bekommen.
Und immer noch bin ich am lernen. Und mache ich gute und weniger gute Erfahrungen mit dem Zuhören und mit dem Gespräch. Trotz des ein oder anderen „Gesprächsführungskurses“ mit praktischen Übungen „im Gepäck“.
Und wie ich mich ändere, die Gesellschaft sich ändert, so ändert sich auch das Gespräch. Wie geht das denn mit den Menschen, die auf ihrer Flucht hier gelandet oder gestrandet sind? Nicht nur mit einer anderen Muttersprache, sondern auch mit einem anderen weltanschaulichen oder kulturellen Hintergrund? Meinen wir dasselbe, selbst wenn wir in derselben Sprache kommunizieren?

In der März-Ausgabe des Magazins der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich ein Interview mit zwei politischen Bildnern, Anja Besand, Professorin für Didaktik der Politischen Bildung an der Technischen Universität Dresden und Frank Richter, Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Auf die Frage: „Wer arbeitet denn jetzt am Dialog, wer kann ihn gestalten?“ antwortet Frau Besand: „Dialog ist ein großes Wort, das oft und meiner Meinung nach auch falsch in der Debatte eingesetzt wird. Natürlich geht es um Dialog. Aber für den Dialog sind alle zuständig, und er muss geführt werden, wo immer er sich ergibt. Zwischen Nachbarn und Freunden, in der Familie, der Schule, beim Friseur und beim Bäcker... Diese Gespräche sind anstrengend, aber sie müssen geführt werden, und es müssen alle daran teilnehmen, die davon betroffen sind.“ Diese – natürlich aus dem Zusammenhang gerissene Interview-Passage – macht bereits ein wenig deutlich von den Bedingungen des Dialogs. Hintergrund für das Interview war unter anderem der Umgang mit PEGIDA.

Und inzwischen stellen wir ja tatsächlich fest, dass auch an der Frage des Umgangs mit Menschen auf der Flucht bisher gute Beziehungen ernsthaften Belastungsproben unterzogen werden. Der Pfarrer, der auf seiner Facebook-Seite etwas tendenziell Fremdenfeindliches postet, der bekommt unter Umständen aus seiner Gemeinde mehr Unterstützung als Ablehnung. Christen in östlichen EU-Mitgliedsländern der EU blicken fassungs- und verständnislos auf ihre Mitchristen in den westlichen EU-Mitgliedsländern. Wie miteinander reden, im Gespräch sein und bleiben? Sich selbst verständlich machen und den anderen verstehen, mit jeweils anderen Erfahrungen und Verstehensvoraussetzungen?

Mit großer Freude und Dankbarkeit habe ich Auszüge eines Vortrags von Jesus Moran, dem Ko-Präsidenten der Fokolarbewegung über „Anthropologische Aspekte des Dialogs“ entdeckt, den dieser am 5. Februar im indischen Mumbai gehalten hat. Die von ihm dort aufgelisteten Prinzipien des Dialogs halte ich für hilfreich und weiter führend, so dass ich seine Ausführungen unbedingt zu Lektüre empfehlen möchte.

Ja – und dann wende ich mich wieder dem konkreten Dialog zu...