Donnerstag, 31. Juli 2014

Traumberuf

„Du hast doch einen tollen Beruf!“ sagte mir neulich meine Mutter, nachdem sie in der Zeitung ein Foto von der Kinderwallfahrt in Maria Baumgärtle gesehen hatte. Stimmt! Ich kann es bestätigen, wenn natürlich auch nicht alle Tage gleich sind.

Vorige Woche war jedoch wieder ein solcher Tag, der mich vor allem dankbar sein lässt.
Wir feierten die Eiserne Hochzeit eines Paares. Eine Tochter war vorher bei mir und hatte mir den von ihr vorbereiteten Gottesdienstentwurf gezeigt, den wir genau so nahmen. Nachdem die Eltern mit 85 und 92 Jahren nicht mehr so ganz beweglich sind, war der Plan, im Wohnzimmer einer anderen Tochter einen Wortgottesdienst zu feiern.

Als ich dorthin kam, war alles vorbereitet. 15 Stühle standen im Kreis: das Jubelpaar, drei Töchter und ein Sohn mit ihren Partnern, drei Enkelkinder, zwei Urenkel, einer davon im Buggy auf dem Boden, zwei Schwestern der Jubilarin. Und die Mitte im Raum wunderschön vorbereitet.
Eine der Enkelinnen, Mutter der beiden kleinen Urenkel, übernahm die Begrüßung, hielt die in der Mitte liegenden Gegenstände hoch: das Hochzeitsbild („war ich nicht eine hübsche Braut?“ kommentierte die Jubelbraut und erzählte, dass das Brautkleid von der Cousine war, „1949 hat man doch nichts gehabt!“), ein Ährenbündel als Zeichen für die Landwirtschaft, die das Leben des Paares bestimmt hatte („schon am Tag nach der Hochzeit haben wir Getreide geerntet“), ein Glas Wein, welches der Vater gerne trank oder trinkt, ein Kreuz als Zeichen für den Glauben („ohne den wäre ich unter gegangen“, sagte die Frau).

Dazu hatte ich die Hostienschale gestellt. Und mir kam der Ort so passend und würdig vor! Schon allein die Runde der im Kreis versammelten Menschen. Und dann noch die symbolischen Gegenstände in der Mitte. Ein Ort der Gegenwart Gottes! Schon bevor die Eucharistie in der Mitte lag!

Zwei Enkelinnen begleiteten die Lieder mit Gitarre und Querflöte. Und als ich zum Kreuzzeichen einlud, schaute der kleine Urenkel Jakob, ich schätze so zwischen zwei und drei Jahren alt, ganz aufmerksam, was die da alle machen. So lernten Kinder einmal glauben: durch den praktischen Mit-und Nachvollzug dessen, was „die Großen“ machen. Klar muss das Ganze dann inhaltlich gefüllt und persönlich adaptiert werden.

Der Sohn las die Lesung (Phil 4,4-9) – wie gut passte das. Nach den von den Enkelinnen gebeteten Fürbitten und dem Vater unser, bei dem wir uns im Kreis die Hände reichten, lud ich zum Friedensgruß ein, zu dem wir uns Zeit ließen. Und dann empfingen die Feiernden die Kommunion.

Mehrmals während der Feier hatte ich zu schlucken und spürte den berühmten „Kloß im Hals“. Ich darf da als „Nicht-Familienmitglied“ bei so einer dichten Feier dabei sein und bekomme ziemlich selbstverständlich eine Rolle in dieser Feier. Welch ein Geschenk, welch ein Grund zur Dankbarkeit.

Hinterher erzählte mir dann der „Jubelbräutigam“ noch Geschichten von ganz früher, die mit Maria Baumgärtle zu tun hatten und deswegen natürlich interessant waren. Und dann wollte ich doch auch noch den kleinen Urenkel, der vorher im Buggy gelegen und mich schon angestrahlt hatte, einmal halten. Seine Oma gab mir noch Anweisungen, den Kopf des Kleinen etwas mit der Hand zu unterstützen, weil er das selbst noch nicht könne.

Weil ich weitere Termine hatte, verabschiedete ich mich bald, obwohl ich auch zum Festmahl, das gleich in der Küche neben dem Wohnzimmer, wo wir zuerst gefeiert hatten, eingeladen worden war. Wobei ich sehr dankbar war, zu Fuß unterwegs zu sein und den Heimweg zum „Nachklingen“ zu haben.

Dienstag, 15. Juli 2014

Räume

„Tag der offenen Architektur“: seit ich einem der Architekten begegnet bin, der als junger Mann die Kirche in Salzburg mit gestaltet hat, in der ich drei Jahre lang Gottesdienste feiern und beten durfte, ist das für mich ein Thema. Es gibt eben nicht nur „Designer-Möbel“, es gibt auch „Designer-Architektur“. Nicht eine, die sich abhebt um des Sich-Abhebens willen, der Extravaganz frönend. Nein: durch schlichte Eleganz überzeugend – wie etwa im Fall der besagten Salzburger Pfarrkirche.
Die vor nicht langer Zeit renovierte Kirche St. Moritz in Augsburg „hat auch etwas“...

Welche Räume sind förderlich und welche hinderlich? Das mag subjektiv verschieden empfunden werden. Als vor kurzem die Untersberger Riesending-Schachthöhle eine gute Woche im Mittelpunkt des Medieninteresses stand, da konnte ich immer wieder hören: „nicht für viel Geld würde ich da hinein gehen“. Und dann wurde als Gegenbeispiel einer zitiert, der sich in Höhlen geborgen fühlt wie im Mutterschoß.

Ich hatte es vor kurzem mit 50 12-13jährigen zu tun, die in einem engen Raum in sechs oder sieben Stuhlreihen hintereinander saßen, bei einem Programm, das sie nicht unbedingt brennend interessierte. Und auch ich schaffte es dann kaum mit allen nur möglichen Tricks, etwas Aufmerksamkeit zu finden. Da mögen mehrere Faktoren eine Rolle gespielt haben: einer war – da bin ich mir sicher – auch die Raumsituation.

Auf der anderen Seite feierte ich am Abend desselben Tages Gottesdienst mit einer bunt zusammen gewürfelten Gemeinde, auch Jugendliche darunter, in einem kleinen Kirchenraum und bekam nachher bestätigt, wie hilfreich schon eben dieser Raum gewesen sei. Im Gegensatz zur „Riesen-Kirche“, welche die Frau sonst bei gottesdienstlichen Feiern erlebt, ein Raum, in dem sich die Menschen verlieren.

Und dann war ich, an Architektur interessiert, in der „Ha11e“, einem „Oldtimer-Hotel“ hier in der Nähe: dort können Leute ihr Auto in einer klimatisierten und beheizten Halle mit Luftreinigung (Ionisierung) und (natürlich!) Sicherheitsüberwachung abstellen. Und da stehen einige Ferraris und Porsches.

Am Morgen desselben Tages hörte ich, dass die Stadt München sich entschieden habe, angesichts zunehmender Flüchtlingsströme zunächst einmal keine Zeltstadt zu errichten, sondern auf Fahrzeughallen zurück zu greifen. Wobei die Zeltstadt als Idee noch nicht grundsätzlich verabschiedet ist. Wohin mit den Menschen, wohin mit den Autos?

Wie sagte doch schon mein früherer Heimatpfarrer, als man ihn von der Notwendigkeit der Feuerbestattung überzeugen wollte, weil das ja schließlich eine Platzfrage sei: „für eine Garage findet sich immer noch Platz“.

Unvergessen bleibt mir die Schilderung eines Ehepaares über dessen ersten Urlaubstag. Er ist Architekt, auch von ihm kenne ich einen Kirchenbau, der mich sehr anspricht. Das Ehepaar fuhr also in Urlaub – ich weiß nicht mehr wohin. Und den ersten Urlaubstag verbrachten die beiden damit, die Möbel in ihrem Zimmer oder Appartement umzustellen. Es war ihnen nötig erschienen, um sich die restliche Urlaubszeit dann wohl zu fühlen. Ob es der Vermieter hinterher so gelassen hat?