„Du hast zugenommen!“, so sagte mir
ein Onkel, der mich längere Zeit nicht gesehen hatte. Um gleich
darauf nachzusetzen: „wann wirst Du denn jetzt Prälat? Die Statur
hättest Du!“ Ganz schön offen, nicht wahr? „Du hast
zugenommen!“ hörte ich eine Woche später auch von einem
Mitbruder. Herausfordernd, aber irgendwie auch schön, diese
Offenheit...
Und ja, ich wusste es ja selbst. Nicht
nur deswegen hatte ich schon vor Wochen eine strenge Fastenwoche in
der Fastenzeit geplant, mit der „Mayr-Kur“, die ich in meiner
Zeit im Exerzitienhaus in Kufstein kennen gelernt und seitdem immer
wieder einmal gemacht hatte.
Im Normalfall füge ich ja keine Fotos
in einen Post ein. Auch diesmal halte ich mich daran. Zuerst hatte
ich überlegt: soll ich den Zettel mit den Strichen für die
getrunkenen Wassergläser fotografieren? Der hilft, sich an das
Trinken zu erinnern. Ist wichtig beim Fasten. Und ich habe es
eigentlich immer getan. Und trotzdem hin und wieder unter heftigen
Kopfschmerzen gelitten. Davor blieb ich diesmal verschont. Ich hätte
natürlich auch die Waage fotografieren können, womöglich noch mit
einem „Vorher-Nachher“-Bild. Oder das Bild einer typischen
Mahlzeit: eine Tasse Milch und eine trockene Semmel. Sr. Teresa hatte
eigens welche für mich gebacken. Ich hatte ihr mein
Grundlagen-Handbuch für die Fastenkur gegeben, damit sie weiß, was
ich da tue in dieser Woche. Und die Angaben zur „Kursemmel“ haben
sie durcheinander gebracht. Als sie in der Bäckerei nach einer
„körnerfreien Dinkelsemmel“ fragte, sagte man ihr, so etwas gebe
es nicht. Also buk sie selbst mit Dinkelmehl. Und hatte dann doch
gegen Ende meiner Woche Sorge um mich. Ob das wohl noch gesund sei?
Tatsächlich habe ich aber keinen
Hunger gelitten. Wie das beim richtigen Fasten ja auch sein soll.
Und ich hatte ja unter „erschwerten
Bedingungen“ gefastet. Öfter einmal saß ich früher allein am
Tisch oder habe mit anderen zusammen gefastet. Dieses Mal saß ich
mit den Mitbrüdern zusammen, die normal gegessen haben. Und da
standen die duftenden Speisen, welche von den anderen mit Genuss
verspeist wurden, während ich an meiner trockenen Semmel kaute. Ging
gut!
Ein wenig Sorge hatte ich auch, zu
Hause zu fasten. Woanders, in einer anderen Umgebung, geht es
leichter. Weil ich jedoch die Woche zuvor schon unterwegs gewesen
war, wollte ich nicht schon wieder weg sein. Weil ich Gott sei Dank
rechtzeitig geplant hatte, konnte ich es so einrichten, wenige
Termine zu Hause und schon gar keinen Auswärts-Termin zu haben. Das
war gut. Und ich leistete mir den Luxus, schon am Vormittag mal einen
Spaziergang zu machen. Und früh schlafen zu gehen.
Apropos „frühe Planung“:
tatsächlich hatte ich mich auf die Fastenwoche im Vorfeld
richtiggehend gefreut.
Genau so wie ich mich nach einer Woche
Milch und Semmeln auch auf den gedünsteten Apfel am Mittag des
letzten Fastentages gefreut habe. Welch ein Genuss, welch ein
Geschmacksempfinden. Beschämend bewusst geworden ist mir wieder
einmal, mit wie wenig sich doch auskommen lässt. Und welchen Luxus
das für jemanden wie mich bedeutet, auf diese Weise zu fasten.
Woanders können sich Menschen nicht mit so etwas Elitärem
beschäftigen, weil sie schlicht hungern.
Das war mir dann auch noch wichtig:
wenn wir gemeinsam gefastet haben, dann haben wir immer am Schluss
für irgendein Projekt gespendet. Man braucht ja weniger beim Fasten
und spart deswegen. Und es ist schön, das Ersparte zu teilen. Das
fiel jetzt bei mir nicht so ins Gewicht, weil ich ja zu Hause war.
Trotzdem habe ich die Gelegenheit genutzt, etwas für die Opfer des
Zyklons Idai in Ostafrika zu überweisen. Ich habe den Eindruck, dass
diese nur sehr wenig Raum in der Medienberichterstattung finden. Da
haben sich schnell andere Themen in den Vordergrund gedrängt.
Wer sich jetzt Sorgen machen sollte:
nein, ich bin nicht völlig vom Fleisch gefallen. Im Gegenteil, da
könnten schon noch ein paar Pfunde purzeln. Aber die Gewichtsabnahme
ist ja nicht das einzige Ziel der Fastenübung. Jemand meinte einmal,
die Krise der Buße in der Kirche hänge auch mit der Krise des
Fastens zusammen. Vielleicht ist da was dran...