Mittwoch, 31. Oktober 2018

unterwegs

Ich bin unterwegs nach Pfaffenhausen zum Zahnarzt. Und zwar zu Fuß, weil ich auf dem Rückweg das Auto bei der Werkstatt abholen möchte, wo ich es am Vortag abgestellt hatte (TÜV und Reifenwechsel).

Nach einer Stunde erreiche ich den Ort Unterrieden. Wo mir ein Mann begegnet, der mit Rollator unterwegs ist und sich offensichtlich darüber freut, einem anderen Menschen zu begegnen. „Woher kommt denn dieser Mann?“, spricht er mich an. „Aus Maria Baumgärtle“ antworte ich. „Was, aus Baumgärtle!“ sagt er und kneift etwas die Augen zusammen, um mich genauer anzusehen. „Ach das ist ja der Pater, der Pater...“ fährt er fort. Und nachhelfend ergänze ich: „der Pater Alois, ja“.

Und dann plaudern wir ein wenig. Er erzählt mir, dass er einen Beckenbruch hatte, im Krankenhaus und anschließend auf Reha war und schließlich zu Hause gut von seiner Frau gepflegt wurde. Dafür ist er offensichtlich sehr dankbar, genauso wie für die Möglichkeit, jetzt wieder – wenn auch mit Rollator – ein wenig gehen zu können.

Wir verabschieden uns und mir geht unsere Begegnung beim Weitergehen und auch in den folgenden Tagen nach. Ich hatte den Eindruck, mein Gegenüber hat sich über unsere Begegnung gefreut. Und in mir selbst nehme ich ebenso Freude war. Es tut gut, sich zu begegnen.

Und schon öfter, wenn ich mir den Luxus leistete, zu Fuß oder mit dem Fahrrad etwa zur Feier der heiligen Messe in einen Nachbarort zu gelangen, genoss ich es, hier zu grüßen bzw. gegrüßt zu werden, dort kurz stehen zu bleiben, mit Menschen in Kontakt zu kommen.

Eine Form der Seelsorge, die dem Pfarrer einer Pfarreiengemeinschaft mit (wie bei uns) neun Pfarreien nicht mehr so ohne weiteres möglich ist. Zwangsläufig ist angesichts der vielen Termine das häufigste Fortbewegungsmittel das Auto.

So sehr ich mich darüber freue, wenn Menschen die Begegnung mit mir (als Pater/Priester) als etwas „Besonderes“ einzustufen scheinen, so sehr wünschte ich mir, dass viele Begegnungen unter Menschen als heilsam und hilfreich empfunden würden. Jesus hat seine Gegenwart verheißen, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind (vgl. Mt 18,20), er hat nicht davon gesprochen, dass einer davon ein besonderes Amt in der Kirche haben muss.

Auf der einen Seite bin ich davon überzeugt, dass vieles in diesem Bereich ohnehin, ganz unreflektiert geschieht. Gerade in unseren Dörfern ist – allen Unkenrufen zum Trotz – noch vieles an Begegnungs- und Beziehungsqualität vorhanden. Auf der anderen Seite muss eben das gepflegt werden.

Und da dürfen vielleicht gerade Christ/inn/en besonders sensibel sein. Nicht um „penetrant“ den lieben Gott mit vielen Worten ins Spiel zu bringen. Aber doch, indem sie ihre Begegnungen im Bewusstsein seiner Gegenwart gestalten.

Ein Referent in unserer Begegnungsstätte meinte vor kurzem, dass es im angelsächsischen Bereich weniger Hemmungen gäbe, über Krankheiten zu reden und um Heilung zu beten. Vielleicht haben wir in unseren Breiten da tatsächlich Nachholbedarf und ist manches ausbaufähig.

Es geht mir – wohlgemerkt – gar nicht so sehr um die Etablierung irgendwelcher organisierter Heilungsgottesdienste. Sondern z.B. um die schlichte Zusicherung, die Menschen einander aussprechen: „ich bete für dich!“.

Wenn das „normal“ ist, dann könnten sich tatsächlich auch Menschen miteinander in ihrer Kirche vor Ort treffen, die Anliegen ihrer Mitchristen vor Ort sammeln, benennen und im Gebet vor Gott hintragen. Wie gut täte das...

Montag, 15. Oktober 2018

Ordenstag

Auch der neue Ordensreferent der Diözese Augsburg bestätigte es: „das ist einzigartig“. Der Landrat des Landkreises, also ein „Politiker“, lädt die Ordensleute aus dem Landkreis einmal im Jahr ein. Dieses Jahr fand also der 27. Unterallgäuer Ordenstag statt. Wie gewohnt in Ottobeuren.

Es war am 7. Oktober, aber die Veranstaltung wurde nicht im Rahmen des bayrischen Wahlkampfes missbraucht. Bezug genommen wurde natürlich darauf, dass genau eine Woche vor den Ordensleuten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am selben Ort war (ihr einziger Auftritt in besagtem Wahlkampf).

Die äußere Struktur des Ordenstages ist über die Jahre hin gleich geblieben. Die Ordenschristen versammeln sich im Kaisersaal der Benediktinerabtei, werden von Landrat und Bürgermeister begrüßt und hören ein Referat. Das Ganze wird musikalisch umrahmt. Dazu später...
Der zweite Teil ist die gemeinsam gesungene Vesper in der Basilika.
Und schließlich geht es zum Abendessen wieder in die Abtei – Teil drei.

Für die musikalische Umrahmung von Teil zwei war diesmal eine Familie aus Ottobeuren eingeladen. Der Vater und die fünf Söhne musizierten mit großer Qualität und Freude (Klavier, Trompete, E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug), und die kleine Tochter bekam bei dem ein oder anderen Stück eine Triangel oder ein „Rassel-Ei“ in die Hand gedrückt und machte mit. (Die Mutter filmte mit dem Handy).

Zwischendurch kommentierte der Vater das ein oder andere Musikstück. Ging es bei „Angels“ von Robbie Williams noch darum, ob das eine Anspielung auf die Schutzengel der anwesenden Ordensleute sei oder auf diese selbst, so zog der Vater bei einem anderen Stück (war es die „Skyfall“- Melodie des James-Bond-Films?) den englischen Text aus der Tasche und interpretierte ihn auf Ordensexistenz hin.

Besonders in Erinnerung sind mir die kommentierenden Worte zur Titelmelodie von „Titanic“ geblieben: „bei diesem Film geht es um Liebe und Leidenschaft – und das hat doch mit Ihrem Leben als Ordensleute zu tun“ - so sagte der sechsfache Familienvater zu den anwesenden Ordensleuten.

Für mich war der Nachmittag eine Erfahrung von Kirche! Bei dem die Ordensleute durch die anwesende Familie an ihre Berufung erinnert und in dieser gestärkt wurden.

Hatte doch der Referent vorher in seinem Vortrag vom Gespräch mit einem afrikanischen Priester erzählt. Der Priester aus Afrika war schon öfter im Sommer zur Aushilfe in unserem Bistum. So dass der deutsche Priester ihn fragte: „wie denkst Du über uns hier? Wie siehst du die deutsche Kirche?“ Antwort des Afrikaners: „Ihr seid ein lebendiges Museum“.

Das hörten wir Ordensleute, im ehrwürdigen Kaisersaal der Abtei Ottobeuren sitzend und wurden eben dann genau durch die Familie mit ihren Kindern und durch die Worte des Vaters an das tatsächliche Leben erinnert. So geht Kirche...