Der Papst war beim Optiker! Eine
Sensation! Anfang September war das Bild in den Medien zu sehen. Der
Papst geht einfach eben mal so selbst zum Optiker, ins Geschäft.
Allerhand! Wahrscheinlich hat dieser inzwischen ein Foto vom
päpstlichen Besuch im Schaufenster. Werbung ist alles. Oder
vielleicht benennt er gar sein Optik-Geschäft um: „Päpstlicher
Optiker“. Dann würde wenigstens dieses Geschäft dem Papst ein
wenig Umsatz verdanken können. Wenn schon die Bekleidungsgeschäfte
für edle Priesterkleidung in Rom stöhnen, weil der Papst eher für
Einfachheit und Schlichtheit wirbt. Macht sich nicht gut fürs
Geschäft! Apropos: wie die Medien melden, wollte der Papst auch beim
Optiker nicht viel Geld ausgeben. Hat er ausdrücklich gesagt: neue
Gläser ja, aber kein neues Gestell!
Der Papst beim Optiker! Sensation!
Ja hallo, geht’s noch? Klar kann man
sich fragen, was weniger Aufwand bedeutete: ein Besuch des Optikers
im Vatikan, oder der Papst mit Entourage außerhalb. Wobei das nur
ein Polizeiauto gewesen sein soll. Aber ansonsten ist doch solch ein
Besuch beim Optiker für einen normalen Menschen auch wieder nichts
Ungewöhnliches. Der Papst – ein normaler Mensch? Darf man das
sagen?
Ich möchte mich keineswegs mit dem
Papst vergleichen, aber die Sensation des päpstlichen
Optikerbesuches rief eine Erinnerung aus meiner Zeit als Pfarrer
wach. Wir hatten keine Haushälterin und auch keine Zugehfrau. (Wobei
wir von Montag bis Freitag zum Mittagessen in eine Art Kantine gehen
konnten.)
Also gehörte zu meinem Alltag auch das
Einkaufen. Und mehr als einmal bin ich dann gefragt worden: „Was?
Herr Pfarrer, Sie gehen einkaufen?“ bzw. „Sie müssen selbst
einkaufen?“ Je nach Gegenüber konnte ich es mir nicht verkneifen,
zu erwidern: „Aber Sie gehen ja auch selbst einkaufen“. (Der
Pfarrer, ein normaler Mensch?) Einmal kam dann eine weitere Reaktion
des Gegenübers: „aber dass Sie dafür Zeit haben!“ Die ich
natürlich wiederum konterte: „Ja, aber Sie haben doch auch Zeit
zum Einkaufen!“
Klar kann man jetzt trefflich darüber
streiten, ob ein Pfarrer sich bei all den „gewaltigen und ach so
aufreibenden Anforderungen der Pastoral und Seelsorge“ die Zeit zum
Einkaufen und Haushalt nehmen soll. Andere entscheiden anders als
ich, auch gut.
Vielleicht kann auch nicht jeder meine
Freude an schmutzigem Putzwasser nachvollziehen. Das
Samstag-Vormittag-Programm sah nämlich in der Regel so aus: erst
putzen, dann die Endfassung der Sonntagspredigt erstellen. Beim
Ausgießen des schmutzigen Putzwassers kommentierte ich mir selbst
und anderen gegenüber manchmal: „bei dieser Arbeit sieht man –
im Ergebnis zu manch anderen Diensten und Arbeiten – wenigstens ein
Ergebnis“. Und nach wie vor empfinde ich das Putzen als eine gute
Predigtvorbereitung.
Zurück zum Papst beim Optiker. Und was
ich jetzt sage, ist natürlich an den Haaren herbei gezogen. Und
trotzdem sage ich auch das noch. Was mir bei Papst Franziskus auf-
und gefällt, das ist seine immer wieder kehrende Aufforderung, die
Wirklichkeit ernst zu nehmen. Und nicht von irgendwelchen Wunsch-
oder Idealvorstellungen auszugehen. Das hat im übertragenen Sinn
auch mit der Sicht und Optik zu tun. Schau hin! Schau genau hin!
Und wenn der Papst selbst zum Optiker
geht und nicht seine Brille dorthin bringen lässt, zumal einen Monat
vor der Familiensynode, dann könnte das den staunenden Betrachter
vielleicht auch darauf hinweisen, sich eine eigene Meinung zu bilden,
durch die eigene Brille zu sehen und sich nicht die Sichtweise eines
anderen aufschwätzen zu lassen.
Au weia, wohin hat mich denn der
päpstliche Optikerbesuch jetzt geführt? Gute und klare Sicht
wünsche ich!
In einer Welt abgehobener VIPs und
Managergehältern, die das Vielfache dessen ausmachen, was die
„normalen“ Leute ihrer Firmen verdienen, in solch einer Welt tut
das Beispiel der VIP Papst Franziskus gut. Und könnte vielleicht
korrigierend wirken...