Ostermontag: wir sind in Vila Vicosa angekommen, wo seit 1930 Missionare vom Kostbaren Blut vertreten sind, zu Beginn waren es deutschsprachige. Heute leben im Pfarrhaus – es gehört tatsächlich der Pfarrei und nicht den Missionaren - drei Mitbrüder. Luis Felipe, ein Portugiese, Ilidio von Kap Verde, der ehemaligen portugiesischen Kolonie, und Antonio, ein Spanier.
Es ist kalt hier, kälter als ich es von Rom herkommend erwartet habe. Auch das ist ein Grund, morgens in das kleine Oratorium im ersten Stock zu gehen. Hier ist es ein klein wenig wärmer als in meinem Zimmer im Erdgeschoss.
Das Oratorium, eine kleine Kapelle, bietet uns fünfen, den drei Hausbewohnern und uns beiden Gästen, gerade so eben Platz. Ich lese eine Inschrift, dass dieses Oratorium 1887 begonnen und 1890 vollendet wurde. Ein wenig Stuck ist an der Decke und an den Wänden zu sehen und drei Figuren im Altaraufbau hinter Glas. Auf dem mächtigen Altar, der sich gut in einer großen Pfarrkirche machen würde, steht die Osterkerze in einem kleinen Porzellanuntersetzer. Dasselbe Modell habe ich auch auf dem Tisch im Esszimmer gesehen, dort steht das Olivenöl-Fläschchen drinnen. Auf der Osterkerze nur die ersten drei Ziffern „2-0-2-“. So kann die Kerze auch die nächsten Jahre noch dienen. Neben drei Figuren hinter Glas, einer Muttergottes mit Jesus-Kind, einer Art „Prager Jesulein“ und einer Engelfigur finden sich an den Wänden die Bilder von Kaspar del Bufalo und Franz Xaver – Gründer und Paton der Missionare vom Kostbaren Blut.
Um 8.00 Uhr wollen wir miteinander die Laudes beten, ab 7.30 Uhr bin ich in der Kapelle. Die Tür ist offen und ich höre Antonio das Frühstück zubereiten, später gesellt sich Emanuele zu ihm, um schon vor dem Morgengebet eine Tasse Kaffee zu trinken. Von der anderen Seite höre ich das Geräusch der Dusche. Im Normalfall jeden zweiten Tag am Morgen geht Ilidio joggen. Zehn Kilometer am Morgen, er ist zweifelsohne der sportlichste der drei Hausbewohner. Im Garten halten die Mitbrüder ein paar Hühner, so dass Ilidio Spiegeleier zum Frühstück anbieten kann – mit etwas Knoblauch aromatisch gewürzt. Außerdem befinden sich im Garten ein paar Obstbäume: es gibt reichlich Orangen und Zitronen, vermutlich auch Kakis, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Ein paar Kräuter wachsen auch, z.B. Minze. Ilidio macht Tee damit, Antonio freut sich auf ein erfrischendes Sommergetränk: Weißwein gemischt mit Limonade, Eiswürfeln und eben ein paar Minz-Blättern.
Aber zuerst beten wir. Auf portugiesisch, für mich etwas herausfordernd. Weil es bekannte Texte sind, weiß ich zwar, was wir beten, die Aussprache allerdings ist ungewohnt. Ich habe den Eindruck, dass es von Tag zu Tag ein wenig besser geht, ich höre mich ein. Mir gefällt, dass die Mitbrüder sich Zeit lassen, zu Hause im Generalat sind wir „schneller unterwegs“. Auch nach der Kurzlesung gibt es eine längere Stille. Die Fürbitten beten wir abwechselnd, jetzt „erwischt“ es auch mich. Und ich bin froh, dass keiner zu lachen beginnt, aufgrund meines bestimmt merkwürdig klingenden Portugiesisch.
Die Mitbrüder schließen noch ein Gebet um Frieden an. Nicht nur angesichts des Ukraine-Krieges, sondern auch aufgrund gewisser Spannungen unter den Mitbrüdern in der Provinz, ist das wohl sehr angebracht.
Nach den Laudes, dem gemeinsamen Morgengebet, gehen wir miteinander ins Esszimmer und frühstücken. Und ich freue mich an dieser Gemeinschaft der drei Missionare, die Leben und Apostolat teilen und uns Gäste nicht nur freundlich aufnehmen, sondern uns mit hinein nehmen in ihr Leben.