Mittwoch, 31. Juli 2019

in der Moschee

Mitte Juli. An einem Wochenende ist Tag der offenen Tür in der neuen Mindelheimer Moschee. Am Samstag Abend gehe ich hin, um die Führung um 18.00 Uhr mit zu bekommen. Vom Bahnhof aus hatte ich das Gebäude mit seinen hohen Fenstern schon öfter wahrgenommen, aber nicht gewusst, um was für einen Bau es sich handelt.

Vier Fahnen flattern im Wind: die deutsche, die bayrische, die türkische und die von DITIB. Sie bringen mich zum Nachdenken. Schmunzeln muss ich über die bayrische Fahne vor der Moschee. Und dann wird mit bewusst, dass vor vielen öffentlichen Gebäuden bei uns inzwischen die Europa-Fahne hängt. Die fehlt vor der Mindelheimer Moschee. Was ja im Blick auf das gespannte Verhältnis Türkei – Europa auch verständlich ist.

Ich gehe auf das Gebäude zu und sehe viele Zelte und Verkaufsstände. Irgendwie erinnert es mich an einen „Kirtag“ (Kirchtag), wie ich ihn in Österreich an verschiedenen Stellen erlebt habe. Alles Mögliche gibt es zu kaufen. Viel Literatur, Bücher, allerdings entdecke ich keines auf Deutsch, wohl alles in Türkisch. Dann Kosmetikartikel und Schmuck, aus Leder und Metall, Ringe, Armbänder etc. Ein Händler (dem Aussehen nach eher kein Türke, ist er aus Indien oder Pakistan?) vertreibt Töpfe, Pfannen, Haushaltsgeräte und auch (lange) Kleider.

Und zu essen gibt es natürlich, viele türkische Spezialitäten.
Was mir allerdings als erstes auffiel, das waren viele kleine Buben, die mit Plastik-Gewehren unterwegs waren, welche knatterten und leuchteten. Besorgte Gemüter hätten es vielleicht mit der Angst zu tun bekommen. Ich denke mir: schau, die kleinen Buben sind überall gleich, so eine (Spielzeug-)Waffe ist einfach interessant. Und es gibt immer noch genug Kinder, die sich auch auf der Hüpfburg austoben.

Aber es wird 18.00 Uhr und die Führung beginnt pünktlich. Wir sind zwischen 15 und 20 Interessierte, auch Fr. Michael von den Maristen ist dabei, die sich von einem jungen Mann in die Moschee mit hinein nehmen lassen. Er stellt sich als Jugendleiter der örtlichen Moscheegemeinde vor und sagt, er habe Mechatronik studiert. Bei seinen Erklärungen wird mir bewusst, dass er sehr wohl um alle Vorurteile den Muslimen gegenüber weiß und diese nach Möglichkeit entkräften möchte.

Die meiste Zeit halten wir uns im eigentlichen Kern der Moschee, dem Gebetsraum, auf, natürlich haben wir uns vorher die Schuhe ausgezogen. Ca. 200 Menschen können sich dort zum Gebet treffen, so erklärt uns der junge Mann. Interessant ist die Architektur. Der Gebetsraum hat eine Kuppel, die allerdings von außen nicht zu sehen ist. Denn die Bauvorschriften erlaubten das nicht. So hat die Moschee ein „normales“ Satteldach, also ohne Minarett und von außen sichtbare Kuppel. Die gibt es aber wie gesagt im Inneren.

Das Gebäude wurde in der Planung auf 2 ½ Millionen Euro veranschlagt, es scheint allerdings durch sehr viel Eigenleistung eine Million davon eingespart worden zu sein. Und es gibt in der Moschee jetzt auch eine Wohnung für den Imam, der früher in einer Mietwohnung war, für welche eben auch die entsprechende Miete gezahlt werden musste. Der neue Imam, zwischendurch zeigt er sich auch und führt die Akustik im Gebetsraum vor, muss erst einen Deutschkurs machen.

Die Sprache, ja, das ist so eine Sache: gebetet wird natürlich auf Arabisch. Das wird unser „Moschee-Guide“ nicht müde zu erklären, das Arabisch lässt sich eben nicht adäquat übersetzen. Und mir fallen katholische Latein-Liebhaber dabei ein. Also gebetet wird auf Arabisch, gepredigt auf Türkisch. Wobei es scheinbar auch ein paar syrische Asylanten gibt, die in die Moschee kommen – für die passt Arabisch natürlich wieder...

Montag, 15. Juli 2019

Ottmaringer Tage 2019

Was ist das, woher kommt es? Diese Freude? Ich rätsle und suche und staune...

Vom 1.-5. Juli fanden in Ottmaring, einem zu Friedberg bei Augsburg gehörenden kleinen Ort, die Ottmaringer Tage für Christen geweihten Lebens statt. Untertitel: Begegnung der Charismen – miteinander Kirche sein.

Versammelt waren ca. 100 Frauen und Männer aus 50 verschiedenen Gemeinschaften. Und anders als bei anderen Tagungen waren die Grenzen zwischen Vortragenden bzw. Mitwirkenden und Teilnehmenden durchlässig bis kaum erkennbar.

Unter den Redenden war etwas der Geigenbauer, Physiker und Schriftsteller Martin Schleske aus Landsberg/Lech. Sein Name „zog“ und motivierte die ein oder andere dazu, sich anzumelden. Die Bücher Schleskes („Der Klang“ und „Herztöne“) sind Bestseller spiritueller Literatur geworden und eben auch einem großen Teil der Teilnehmenden der Ottmaringer Tage bekannt.

Von ganz anderem Charakter waren dagegen die Ausführungen von Sr. Katharina Kluitmann, der Vorsitzenden der DOK (Deutsche Ordensoberenkonferenz).

Und wie passten dazu Bischof Serafim Joantã, der Metropolit der rumänisch-orthodoxen Kirche für Zentral- und Nordeuropa mit Sitz in Nürnberg und der emeritierte ehemalige stellvertretende Generalsekretär des ökumenischen Weltkirchenrates Georges Lemopoulos aus Genf?

Vielleicht war der Umgang mit der Verschiedenheit das Faszinierendste für mich in diesen Tagen.
Verbunden mit dem inneren (Herzens-)Wunsch: „ach, wenn das doch sonst auch gelingen könnte in der Kirche und kirchlichen Strukturen: einander offen und wohlwollend zu zu hören, mit einem echten Interesse, unvoreingenommen und mit der Bereitschaft, voneinander zu lernen!“

Tatsächlich konkretisierte ich in einem KNA (Katholische Nachrichten-Agentur) am Ende der Tage diesen inneren Wunsch in der Form, dass ich den anstehenden „synodalen Weg“ in der katholischen Kirche Deutschlands mit den gerade erlebten Ottmaringer Tagen in Verbindung brachte: wenn doch alle Teilnehmenden des Synodalen Weges die Erfahrung dieser Tage hätten machen können.

Nicht zuletzt beeindruckte mich persönlich neuerlich João Braz Kardinal de Aviz, der Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Institute gottgeweihten Lebens und die Gesellschaften apostolischen Lebens, der natürlich an mehreren Stellen des Programms referierte, aber vor allem als Bruder unter uns war. Dazu muss ich eine lustige und bezeichnende Anekdote erzählen: am 3. Juli fuhren wir Teilnehmenden der Ottmaringer Tage gemeinsam nach Augsburg, wo sich Ordenschristen aus der Diözese im Rahmen der Ulrichswoche versammelten. Auch hier war ein Vortrag des Kardinals zum Thema “Charismen, Orden und Ortskirche” vorgesehen. Dummerweise hatte der Kardinal seine Brille im Bus liegen gelassen. Also lieh ihm eine Frau ihre Brille, die in einem leuchtend rosa Etui steckte. Später erzählte Kardinal João, wie er versuchte, das Etui zu verstecken, um nicht durch ein solch feminin wirkendes Brillenetui bei irgend jemandem Anstoß zu erregen.

Als wir am letzten Tag in Ottmaring Eindrücke sammelten, meldete sich Sr. Esther aus Berlin zu Wort und sagte, dass die Geschichte mit der Brille ihr nachgehe. “Das ist doch etwas: wenn da jemand aus der Kirchenleitung die Brille einer Frau aufsetzt, sich sozusagen eine weibliche Sichtweise zu eigen macht. Und natürlich muss ich mich fragen, ob ich meine Sichtweise auch zur Verfügung stelle, einzubringen bereit bin...”

Wenige Tage nach unserer Veranstaltung wurde bekannt, dass der Papst sieben Ordensoberinnen zur Mitarbeit in der vatikanischen Ordenskongregation berufen habe....