Montag, 29. Februar 2016

Ausbildung

Neu bewertet werden muss angesichts des technologischen Wandels auch die Frage der Bildung. Bisher lautet die verbreitete Formel zur Überwindung des Phänomens struktureller Arbeitslosigkeit, dass sich der Einzelne besser qualifizieren muss. Vor dem Hintergrund der Entwertung selbst hochqualifizierter Arbeit verliert der bisherige Ansatz, Arbeitslosigkeit durch Bildung und Qualifikation zu verhindern, möglicherweise an Geltung. Gefragt sind in Bezug auf die Digitalisierung weniger formale Bildungsabschlüsse. Stattdessen kommt es stärker auf soziale Kompetenzen und Qualifikationen wie das Lernen-lernen, Kreativ-sein, selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken an. Es geht verstärkt um Fähigkeiten, die eng mit der Persönlichkeit des Beschäftigten zusammenhängen und die zumindest in traditionellen Lernformen nur eingeschränkt erlernbar sind.

So sagte es Dr. rer. pol. Matthias Meyer, Dipl. Ökonom und Bereichsleiter im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz bei seiner Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (Abteilung Köln) am 5.Mai 2015. Der überarbeitete Text der Antrittsvorlesung ist als Heft Nr. 424 in der Reihe Kirche und Gesellschaft der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle in Mönchengladbach erschienen, Titel „Die Digitalisierung als sozialethische Herausforderung“, das Zitat oben auf S. 13f.

Mit den Arbeitsbedingungen ändert sich durch die Digitalisierung also auch die Bildung. Und interessant, welche Qualifikationen da gefragt sein werden.

Mich haben Meyers Ausführungen erinnert an ein Interview mit Pedro Morales (auf YouTube in spanisch zu sehen), ein Jesuit, der lange an der Madrider Jesuiten-Universität Comillas lehrte und auf seine alten Tagen nach Guatemala ging, um dort wieder zu lehren. Er ist Fachmann für Pädagogik, Didaktik und damit verwandte Wissenschaftszweige. Er möchte seine Schüler „das Lehren lehren“. Und wie geht das, wie ist sein Ansatz? Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann wirbt er dafür, beim Lehren ganz stark von den Schülern auszugehen. Was ist ihr Interesse? Und wie kann etwas Inhaltliches so aufbereitet werden, dass es die (Herzens-)Interessen der Hörenden, der Schüler trifft? Ich habe Pedro Morales, genannt „Peter“, geradezu leidenschaftlich diese Theorie erklären gehört. Und fand das gut: es geht also nicht darum, einen (Lehr-)Stoff zu vermitteln. Was ja manchem/r eine Binsenweisheit scheinen mag, in der Praxis aber durchaus nicht immer so klar zu sein scheint.

Das aktuelle Heft von „Bibel und Kirche“ (1. Quartal 2016) ist dem Bibliolog gewidmet, Untertitel: „weil jede und jeder etwas zu sagen hat“. Uta Pohl-Patalong, die auch Handbücher zum Bibliolog herausgegeben hat, schreibt im erwähnten Heft, dass beim Bibliolog die Einsicht entscheidend ist, „dass die menschlichen Grunderfahrungen, die sich in der Bibel zeigen, sich nicht grundlegend von heutigen Erfahrungen unterscheiden“ (S.6).
Eben: wie alles zusammenbringen? „Kreativ sein, selbständiges Handeln“ nennt Prof. Meyer zwei Qualifikationen, die in Zukunft entscheidend sein können.

Auch im Hinblick auf das Predigen beschäftigen mich natürlich diese Fragen: die „übernatürlichen Wahrheiten“ bleiben schlicht solche, „über-natürlich“, wenn sie nicht in Verbindung gebracht werden können mit dem konkreten Menschen, der da zuhört. Wobei er/sie ja schon längst mit solchen Wahrheiten in Kontakt ist und vermutlich vor allem das aufgedeckt werden muss....

Jetzt muss ich noch mit unserem Organisten sprechen, der hauptberuflich in der Berufsschule unterrichtet und gerade bei der „Didacta“ in Köln war, um sich schlau zu machen, wie Schüler auf eine gute Weise fit gemacht werden können für die „Industrie 4.0“...

Montag, 15. Februar 2016

Betriebsausflug

Ein aus dem Dornröschenschlaf erwecktes Zisterzienserinnenkloster – erstes Ziel unseres diesjährigen Betriebsausflugs. Wie in der Vorjahren hat uns unser „Teil-Mitbewohner“ Pfarrer Leinauer zu Weihnachten einen Gutschein für einen gemeinsamen Ausflug geschenkt. Nachdem er selbst in Heiligkreuztal Exerzitien gemacht hatte, wollte er uns diese Anlage zeigen.

Beeindruckend! In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat sich die Stefanusgemeinschaft an diesem Ort angesiedelt und sehr viel für Restaurierung und Erhalt getan. In der alten Klosterkirche ist außer alten Fresken und Glasfenstern vor allem die Johannesminne ein Anziehungspunkt. Laut Postkarte stammt diese Skulptur aus der Zeit zu Beginn des 14. Jahrhunderts und ist gut erhalten. Johannes lehnt an der Brust Jesu, hat sein Haupt an Jesu Herz geneigt. Jesus wiederum legt ihm seine linke Hand auf die Schulter. Und die beiden rechten Hände liegen ineinander, wobei das sehr locker ist: die Freiheit wird nicht aufgegeben. Gleichzeitig zeigen Details der Gewänder die Verbindung der beiden: ein Bild großer Innigkeit. Wie viele Menschen mögen vor diesem Bild Kraft geschöpft und Anregung für ihr Leben mit Jesus gefunden haben.

Wir bekamen eine Führung durch einen älteren Herrn. „Erschrecken Sie nicht, wenn Sie meinen Namen hören. Ich heiße Hölle“. Wir sind nicht erschrocken und der Mann hat uns für sich gewonnen. Mit großer Eloquenz, aber auch Sachwissen hat er uns durch das Münster, den Festsaal und im Kreuzgang geführt, er selbst ein Mitglied der Stefanusgemeinschaft. Irgendwann erzählte er, dass er von Beruf Friseur gewesen sei, was mich – angesichts seines Redeflusses – dann doch zum Schmunzeln brachte. Dass er 85 Jahre alt ist, wie er uns auch erzählte, dass hätten wir ihm nicht angesehen. Ein Detail seiner Führung, das mir noch nachgeht: auf eine gar nicht penetrante Weise hat er sich als Glaubender gezeigt. Und eben überhaupt nicht den Eindruck gemacht, dass sich da ein Rentner lediglich ein Zubrot verdienen wolle.

Ähnlich war das bei unserer zweiten Station: von Heiligkreuztal aus fuhren wir weiter nach Zwiefalten, wo es bis zur Säkularisation ein Benediktinerkloster gab. Und die herrliche Kirche ist gut erhalten. Dort führte uns eine ältere Dame, wie sich später heraus stellte, die Mutter des Mesners. Und offensichtlich ist sie nicht nur Kirchenführerin, sondern auch aktives Mitglied der Pfarrgemeinde. Fast mit ein wenig Stolz hat sie von den großen Wallfahrten der Italiener und Kroaten nach Zwiefalten erzählt. Und uns auch sachkundig die Kirche erklärt.

Unsere Aufmerksamkeit galt zunächst zwei alten Beichtstühlen weit hinten – hat wohl mit einer unserer Haupttätigkeiten zu tun. Die Beichtstühle sind mit Palmen verziert. Was aber wohl nicht damit zu tun hat, dass das Beichten so exotisch ist. Auf dem einen Beichstuhl kaputtes Gehölz, auf dem anderen intaktes: Wirkung der Beichte.

Weiter vorn eine beeindruckende Kanzel, die mit der Gestalt des Propheten Ezechiel auf der gegenüberliegenden Seite des Kirchenschiffes korrespondiert. Ezechiel zeigt von seiner Seite aus auf die Kanzel. Und auf deren Schalldeckel ist seine Vision vom Totengebein (Ez 37) zu sehen: Gottes Wort bringt wieder Leben in den Menschen.

Nicht zu vergessen der Martinsaltar mit Christus in der Gestalt des Bettlers, wie er dem Soldaten Martin nach dem Teilen des Mantels in der Nacht erschienen ist.

Wir waren am Faschingsdienstag unterwegs und da ich einige maskierte Närrinnen im gegenüberliegenden Kaffee gesehen hatte, erkundigte ich mich bei der Kirchenführerin nach dem örtlichen „Faschings-Schlachtruf“: „Relle (ein Wort für Kater) hui“. Damit konnte ich dann zu ihrer großen Verwunderung die Närrinnen im Kaffee grüßen...