Sonntag, 31. März 2024

auf Ostern zu...

Montag in der Karwoche. In der Lateranbasilika findet ein geistliches Konzert statt: Josef Haydn, Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz. Fabio Rosini, der zu jedem der Worte einen kleinen Impuls gibt, vermutet, dass dieses Werk zum ersten Mal in der Lateranbasilika aufgeführt wird. Die Kirche ist brechend voll, die im Mittelschiff aufgestellten Stühle reichen bei weitem nicht, ich schätze, dass mindestens 200 Menschen an den Seiten stehen. Mir gefällt Rosinis Stil: er ist Bibelexperte, weist schon einmal auf eine Verbform im griechischen Urtext hin, ist aber gleichzeitig in seiner Sprach- und Bildwelt ganz nahe bei heutigen Menschen. Und das in Verbindung mit wunderbarer Musik von Chor (mit guten Solist/inn/en) und Streichorchester.

Auch bei einem anderen Angebot während der Fastenzeit war Rosini beteiligt. Jeweils am Mittwoch in den Wochen der österlichen Bußzeit hielt Franco Nembrini einen Vortrag zu – Pinocchio. Eine geistliche Lektüre Pinocchios! Nembrini ist von Haus aus Pädagoge und ein qualifizierter Vermittler von Literatur. (Bereits in den vergangenen Jahren gab es solche Vortragsreihen mit ihm während der Fastenzeit, z.B. einmal zu Dante, ein anderes Mal zu Leopardi.) Die Abende liefen jeweils gleich ab. Fabio Rosini führte kurz ein, danach hielt Nembrini seinen Vortrag, spannend und rhetorisch brillant, und den Abschluss machte Kardinal Angelo De Donatis, für die Diözese Rom zuständiger Kardinalvikar. (Er hat Papst Franziskus auch beim diesjährigen Kreuzweg am Kolosseum vertreten). Der Kardinal sagte ein paar Worte und betete dann einen zum von Nembrini behandelten Thema passenden Psalm.

Diese Abende wurden auf dem YouTube-Kanal der Diözese Rom und auch von Telepace, einem katholischen Fernsehsender übertragen (dort habe ich sie angesehen) und sind noch in der Mediathek abrufbar.

Am Dienstag in der Karwoche luden die Diözese Rom und die Gemeinschaft Sant’Egidio in die Basilika San Bartolomeo auf der römischen Tiberinsel ein, um der Märtyrer unserer Tage, konkret der vergangenen Jahre zu gedenken. Stühle standen auch in der Vorhalle und auf dem Platz vor der Kirche. Viele Namen neuerer Märtyrer wurden genannt: von solchen, die in Europa ihr Leben für das Evangelium gaben, im Mittleren Osten und in Asien, in Amerika und in Afrika. Immer wieder sangen wir Kyrie eleison nach einem oder mehreren Namen. Und natürlich wurde die Erinnerung an die Märtyrer auch mit dem Gebet um den Frieden verbunden.

Am Gründonnerstag hatte ich mich entschieden, zur Chrisammesse in den Petersdom zu gehen, dort hatte ich diese bisher noch nicht mitgefeiert. In dieser Messe werden nicht nur die heiligen Öle, das Katechumenen- und das Krankenöl, sowie das Chrisam geweiht, sondern die anwesenden Priester erneuern auch ihr bei der Priesterweihe gegebenes Versprechen. Es war durchaus beeindruckend, dies in einer Gemeinschaft von geschätzten 1800 Priestern aus aller Welt zu tun. Und einmal mehr fesselte mich die Predigt von Papst Franziskus in ihrer Eindringlichkeit, aber auch in ihrer sprachlichen Schönheit.

Dafür ging es in den kommenden Tagen schlichter zu und mit weniger Menschen: in der kleinen Kapelle der Klarissen feierte ich die Gottesdienste mit und war am Karfreitag und Karsamstag zum Morgenlob bei den Franziskanerinnen, ein paar Meter davon entfernt.

Ostersonntag dagegen wieder auf dem Petersplatz. Der Schweizer Gardist, der mir die Eintrittskarten gab, empfahl, rechtzeitig da zu sein, da sehr viele Menschen erwartet werden…

Freitag, 15. März 2024

Frühmesse am Sonntag

Soll ich, muss ich etwas sagen, sie ansprechen? Die Frau kommt regelmäßig zu spät zur Messe. Meist während der Predigt. Ich höre die Kapellentür und muss mich gar nicht umdrehen, um zu wissen, dass sie jetzt da ist. Öfter habe ich mich schon gefragt, wie wohl ihr Leben aussehen mag. Am vergangenen Sonntag hatte ich dann den Eindruck, nachdem ich die Bewegung der Tür gehört hatte, auf einmal auch Alkoholgeruch wahrzunehmen. Kann es sein? Bilde ich mir das ein? Hatte ich nicht schon manchmal ein komisches Gefühl im Blick auf die Frisur der Frau, wenn sie nach vorn zum Kommunionempfang geht? Nicht dass sie verwahrlost wäre, nein, aber… Nach der Messe ist sie schnell verschwunden. Ich habe noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Müsste ich…?

Zum zweiten Mal fiel mir jetzt auch die junge Asiatin auf, weil sie die ganze Messe hindurch gut hörbar die Nase hinaufzog. Ich gebe zu, es war etwas anstrengend. Und ich hatte tatsächlich schon überlegt, ihr ein Papiertaschentuch anzubieten. Dann fiel mir Kai Strittmatters „Gebrauchsanweisung für China“ ein, in der ich vor kurzem geblättert hatte. Er schreibt darin sinngemäß, dass Chinesen es ganz furchtbar finden, wenn ein Europäer sein Taschentuch nach dem Schnäuzen wieder in die Hosentasche steckt. Was ich während der Messe getan habe. Oh je! Wie mag es der Asiatin mit mir gegangen sein? Also ich lasse das mit dem Taschentuch-Angebot bleiben und versuche mich auf das Geschehen vor mir zu konzentrieren.

Außer uns dreien sind noch ein paar wenige andere Menschen da. Zwei Männer, die wohl beide älter als ich sind und die mir wegen ihrer sportlichen Kleidung auffallen.

Und drei oder vier junge Frauen, die wie ich gehört habe, zu einem Säkularinstitut gehören.

Wir – die bisher Genannten – sind auf der einen Seite, sozusagen im „Hauptschiff“ der Kapelle und blicken auf den Altarraum vor uns. Von uns aus gesehen auf der linken Seite des Altars ist der mit einem nicht sehr engmaschigen Gitter abgetrennte Bereich der Klarissen-Schwestern, in deren Kloster wir zu Gast sind. Sie öffnen ihre Kapelle für uns „von außen“ und dieser Gottesdienst wird auch in der Gottesdienstordnung der benachbarten Pfarrei aufgelistet.

Die Klarissenschwestern sind ältere Damen, was einen besonderen akustischen Effekt mit sich bringt, da es in den beiden Bereichen des Gottesdienstraumes unterschiedliche Sprechgeschwindigkeiten gibt. Wir im Hauptschiff der Kapelle beten die gemeinsamen Gebete meist etwas flotter und hören dann aus dem Schwesternbereich ein Echo wie aus dem Off. So dass wir etwa beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses auch schon einmal „pausieren“, um die Schwestern nachkommen zu lassen.

Als Zelebranten dieser Sonntagsmesse kommen Priester aus dem nicht weit entfernten Generalat der Steyler Missionare. Was Weltkirche auf kleinem Raum erfahren lässt. Ziemlich regelmäßig zelebriert ein slowakischer Steyler Missionar, aber dann auch wieder einmal ein Afrikaner oder ein Asiate. Es macht Freude, die Eigenheiten der einzelnen wahrzunehmen. Wenn einer der Afrikaner z.B. den Einleitungsdialog des Eucharistischen Hochgebetes spricht, dann klatscht er an der Stelle „Lasset uns danken dem Herrn unserem Gott“ leise mit seinen Händen. Bei einem oder zwei Indern dagegen fiel mir auf, dass sie anstatt zu Beginn der Eucharistie den Altar zu küssen, diesen mit der Stirn berühren und anschließend ihre Hände zur Stirn führen.

Sehr aufmerksam sind die Schwestern im Hinblick auf die äußere Gestaltung, so gab es z.B. am vergangenen Sonntag „Laetare“ eine Blume vor dem Altar, während natürlich ansonsten in der Fastenzeit auf Blumenschmuck verzichtet wird. Kleine Details…