Sonntag, 31. Juli 2011

am Rande der Abschiedsfeierlichkeiten...

Am 17. Juli wurde das gesamte derzeitige Pastoralteam der Hauptamtlichen in Traunreut verabschiedet: der Kaplan, der Diakon und ich als Pfarrvikar.
Auf dem Weg vom Festgottesdienst zum Pfarrsaal sprach mich ein Mann polnischer Herkunft auf eine Predigt an, die ich einmal gehalten hätte und bei der ich seiner Meinung nach die Mitfeiernden ungerechterweise angegriffen oder zu sehr in Frage gestellt hätte. Es ging laut dem, was er sagte,   darum, dass ich die Zuhörenden zum Eintreten für ihren Glaube aufgefordert hätte. Und der Mann versuchte mir klar zu machen, dass diejenigen, die den Gottesdienst mit feiern, das sehr wohl tun. Abgesehen davon, dass ich mich nicht mehr an die Predigt erinnern konnte und deswegen auch unsicher war, ob mein Gesprächspartner mich tatsächlich richtig verstanden hatte, habe ich mich gefreut über ein Echo. Offensichtlich war es meinem Predigthörer ein Anliegen, das er vor meinem Abschied noch los werden, mir mit auf den Weg geben wollte...

Im Pfarrsaal dann ein wunderschönes Abschiedsfest mit verschiedenen Beiträgen, vom Kindergarten über die Pfarrjugend bis hin zu den Bastelfrauen (s.www.zum-heiligsten-erloeser.de). Und ich als „kürzest Gedienter“ profitierte wohl mehrmals davon, dass wir im Dreierpack verabschiedet wurden: der Diakon nach 15 Jahren, der Kaplan nach drei Jahren und ich nach acht Monaten Tätigkeit in der Gemeinde. So bekam auch ich immer ein Geschenk, wenn die beiden anderen eines bekamen.
Fast beschämt etwa war ich, als der Vorsitzende der Kolpingsfamilie jedem von uns dreien zwei Flaschen Wein überreichte und uns für unseren Einsatz für die Kolpingsfamilie dankte. Dabei war ich mir diesbezüglich wirklich „keiner Schuld bewusst“...

Später am Nachmittag kam der Kolpingsvorsitzende noch einmal zu mir und sagte mir mit großer Dankbarkeit, ich sei der einzige Priester in seiner langen Zeit in Traunreut gewesen, welcher einmal den seligen Adolf Kolping im Hochgebet genannt hatte. Daran konnte ich mich wohl erinnern: vor der Generalversammlung der Kolpingsfamilie waren einige ihrer Mitglieder in der Abendmesse. Ich begrüßte diese und nahm ihre Anwesenheit zum Anlass, den seligen Adolf Kolping auch im Hochgebet zu nennen.

Zweierlei beschäftigt mich im Nachhinein: zum einen war ich erstaunt, dass dem Kolpingsvorsitzenden diese Nennung aufgefallen war. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass beim Hochgebet in der Eucharistiefeier die Aufmerksamkeit auch einmal nachlassen kann. Das ist ja im Normalfall vom Empfinden her ein eher länger monologisch vorgetragenes Textstück. (Wobei ich als Zelebrant mich durchaus bemühe, es nicht monoton zu lesen, sondern betont zu beten!) Aber nein: die Nennung des Seligen war aufgefallen.

Zum Zweiten: dieses Detail legt sich aus pastoralen Gründen ja wirklich nahe und scheint mir auch liturgisch durchaus vertretbar zu sein. Ansonsten bin ich eher zurückhaltend mit Einfügungen oder Veränderungen im Text des Hochgebetes. Und es ist Traunreuter Praxis, die Namen der Verstorbenen, für welche die Messe gefeiert wird, bei den Fürbitten zu nennen.

Also wach, aufmerksam sein! Auf natürliche und wenig aufwändige Weise das Leben und den Glauben derjenigen, welche die Eucharistie mit feiern, in die Liturgie einbeziehen, dieses Leben, diesen Glauben auch im Wort vorkommen lassen...

Und: dem Zelebranten oder Prediger eine Rückmeldung geben, um was es auch immer gehen mag.

Sonntag, 17. Juli 2011

im Urlaub...

Am 2. Juli habe ich noch mit einem Brautpaar seine Trauung gefeiert, am 3. Juli dann – damit begann mein Urlaub -  mit Markus Primiz, seine erste heilige Messe als Neupriester in seiner Heimatgemeinde Marktoberdorf im Allgäu. Und das war wirklich ein Fest des Glaubens. Völlig fern von Personenkult war da eine Gemeinde, war Kirche am Feiern ihres Glaubens, der Neupriester schien irgendwie die „willkommene Ausrede“ bzw. der Anlass, um das zu tun – wohltuend. Woran lag das oder was hat dazu beigetragen? Die Liturgie war sehr gut vorbereitet,  Kirchenchor und – orchester haben wunderschön die „Spatzenmesse“ erklingen lassen und die Predigt von Herbert Kohler, Spiritual im Augsburger Priesterseminar war hervorragend. Es gelang ihm außerordentlich gut, in Verbindung mit Details aus dem Leben des Primizianten das Wort Gottes zur Sprache zu bringen. Und er hat dabei alle angesprochen: den Neupriester selbst, die Gemeinde als Ganze und in ihr einzelne Gruppen, die Jugendlichen, die Kinder, die Frauen und Männer.
Beim Verlassen der Kirche hörte ich mehrere Menschen ihre Begeisterung zum Ausdruck bringen, z.B. „und die vielen Ministranten – das tut richtig gut!“ Der Pfarrgemeinderatsvorsitzende hat nicht nur eine der beiden Lesungen vorgetragen, sondern auch auf sympathische Weise zum anschließenden Fest in den Schlosshof eingeladen, wo wiederum sichtbar viele Helferinnen und Helfer am Werk waren. Das sprühte vor Lebendigkeit und Freude. Und dieser Eindruck hält in mir an…
Tags darauf, am 4. Juli, konnte ich in Augsburg das Fest des Patrons der Diözese mit feiern, ein Hochamt mit Bischof Zdarsa, den Augsburger Domsingknaben und Wallfahrerinnen und Wallfahrern aus der Augsburger Gegend. Hier waren es weniger die Predigt des Bischofs und die wunderschöne Orchestermesse, als der Blick auf die Leute, zwischen denen ich da in den Bänken saß: allen Unkenrufen zum Trotz lebt Kirche und wird getragen von vielen Menschen. Wie gut, wenn es Anlässe gibt, um das erfahrbar zu machen. Ich freue mich darüber, dass mein Heimatbistum jedes Jahr die Ulrichswoche feiert, eine ganze Woche lang eben. An den einzelnen Tagen kommen Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus den unterschiedlichen Regionen des Bistums, es gibt eine Frauen- und eine Männerwallfahrt, einen Tag der Priester und Diakone. Und wenn ich es recht verstanden habe, gab es diesmal zum ersten Mal einen Tag der Kinderchöre. Mir kommt vor, da wird eine pastorale Chance gut genutzt – das geht nicht ohne Mühe, aber es ist den Aufwand allemal wert.
„Kirmes“ (wie in Paderborn um das Fest des hl. Liborius herum) oder „Kirchtag“ (wie in Salzburg um das Fest der Diözesanpatrone Rupert und Virgil) scheinen mir in Augsburg eher eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Noch von einem weiteren Urlaubserlebnis und gleichzeitig Erleben der Lebendigkeit von Kirche möchte ich erzählen. Am 6. Juli besuchte ich mit einer Gruppe von Ordensfrauen und –männern gemeinsam die Fazenda da esperanza in Bickenried bei Kaufbeuren – eine von 80 fazendas weltweit (http://www.fazenda.de/). Begonnen hat dieses Abenteuer Anfang der 80er Jahre in Brasilien. Seitdem helfen die Fazendas jungen Menschen, die mit verschiedenen Formen von Abhängigkeit zu kämpfen haben und oft Schlimmes in ihrem Leben hinter sich haben, zu einem neuen Leben. Die „Therapie“ oder „Heilungsmethode“ ist so simpel, dass die Fazenda immer wieder kritisch betrachtet wird und es mit ihrer Anerkennung nicht so leicht war: miteinander leben die jungen Menschen das Evangelium. Ein in Kasachstan geborener junger Mann Anfang 30 führte unsere Kleingruppe durch das Gelände der Fazenda und erzählte aus seinem Leben, seiner Sucht, Entgiftungsaufenthalten in der Klinik, Entzug, der Beschaffungskriminalität und dem, was das Zusammenleben auf der Fazenda für ihn bedeutet. Und mit großer Aufmerksamkeit hörten ihm die Ordensschwestern und Ordensmänner zu, vielleicht sogar selbst am Staunen über die Kraft des gelebten Evangeliums…