Donnerstag, 16. Dezember 2010

Weihnachten


Nicht „Äpfel, Nuss und Mandelkern“, auch nicht Bratwurst und Glühwein ließ ich mir in der Woche vom 5. bis 12. Dezember schmecken, sondern Milch und Semmel. Für eine Woche Fasten nach der Methode bzw. Kur von F.X. Mayr war ich in Kufstein – Kleinholz, im Exerzitienhaus Mariahilf der Missionare vom Kostbaren Blut. Natürlich bin ich mir bewusst, dass sich das nicht jede und jeder leisten kann, eine Woche von zu Hause und der Arbeit weg. Und ich bin sehr dankbar für dieses Geschenk. Abgesehen vom persönlichen Nutzen traf es sich, dass für den 9. Dezember auch ein Buß- und Solidaritätsfasten für die verfolgten Christen im Irak ausgerufen worden war und so bekam mein Fasten noch einmal einen anderen, zusätzlichen Akzent. Der 10. Dezember ist als „Tag der Menschenrechte“ auch kein schlechter Fasttag...

Ein besonderes Geschenk während der Fastenwoche war die Möglichkeit, am Bibelteilen einer Gruppe von Frauen in einer Wohnung mitten in Kufstein teilzunehmen. Fünf Frauen waren zusammen gekommen, drei weitere gehören noch zum Kreis der Bibelteilerinnen. Was mir auffiel und gefiel war die Art, wie wir Bibel geteilt haben. Als alle Frauen eingetroffen waren, ging es auch gleich los, ohne viel Vorgeplänkel und künstliche Höflichkeiten – mitten hinein. Geleitet hat das Ganze eine der Frauen (sie wechseln beim Vorbereiten und Leiten des 14tägig statt findenden Bibelteilens durch) und ich durfte einfach mit dabei sein. Und ich hatte den Eindruck, die Frauen fühlten sich frei, hatten keine Scheu, weil da jetzt ein Priester oder Theologe, „der sich ja besser auskennt“, mit dabei ist. Für mich eine Erfahrung von Kirche und ein Vorgeschmack auf Weihnachten. Da wird das Wort Fleisch im Leben von konkreten Menschen inmitten einer kleinen Stadt...

Am 12. Dezember fuhr ich nach Traunstein zurück und kam gerade zurecht zur Geistlichen Abendmusik in der Pfarrkirche Hl. Kreuz mit dem Kirchenchor Haslach – Hl. Kreuz und vier Bläsern. Ein wunderschönes Adventskonzert! Mir schien bei der Liedauswahl nicht nicht in erster Linie auf Gefälligkeit, sondern auf Qualität geachtet worden zu sein - und das war wohltuend. Genauso wie der sparsame Umgang mit Worten. Gelesen wurden lediglich zwei Texte aus der heiligen Schrift und ein sehr schönes Gebet.

Am 15. Dezember schließlich habe ich in München einen Vertrag vorbereitet. Nein, ich werde nicht Fußball spielen und auch nicht ins Management eines der dortigen Fußballvereine einsteigen. Im Vertrag geht es um meine Anstellung als Pfarrvikar im zu errichtenden Pfarrverband Traunreut. Außer der Pfarrei Traunreut gehören noch die beiden Pfarreien Traunwalchen und St. Georgen dazu. Von 1. Januar bis 31. August 2011 werde ich dort mithelfen, nachdem der bisherige Pfarrer von Traunreut zum 1. Januar ins Seelsorgeamt nach München wechselt und die Pfarrei bis zum September keinen neuen Pfarrer bekommt. Das Schöne und auch mit Ausschlaggebende für dieses „Geschäft“ ist, das ich die Arbeit von Traunstein aus tun, also mit P. Ferdinand zusammen eine kleine Hausgemeinschaft als Missionare vom Kostbaren Blut leben kann. Traunstein und Traunreut liegen 10 Kilometer auseinander. Vorbereitet habe ich den Vertrag deswegen, weil ihn in meinem Fall nicht ich unterzeichne, sondern der Provinzial.

Von München aus bin ich weiter nach Baumgärtle gereist, wo ich bis über Weihachten hin seelsorglich aushelfe und die Mitbrüder unterstütze.

Von hier aus möchte ich allen, die diese Zeilen lesen ein frohes Weihnachtsfest wünschen. Ich füge dazu ein Foto eines der Glasfenster der Pfarrkirche in Traunstein – Hl. Kreuz ein.

Dienstag, 30. November 2010







                                                                     
Am 24. November traf sich in Kufstein zum zweiten Mal eine Gruppe von Missionaren vom Kostbaren Blut, um aufgrund unserer aktuellen Situation unsere Zukunft zu planen. Es geht darum, angesichts der sich abzeichnenden Veränderungen aufgrund unseres Altersdurchschnittes und der (damit verbundenen) geringer werdenden finanziellen Ressourcen verantwortliche Entscheidungen zu treffen. Wir möchten als Arbeitsgruppe der im kommenden Juni neu zu wählenden Provinzleitung damit einiges an Vorgaben in ihre Amtszeit mit auf den Weg geben: was eine an der Zukunft interessierte Gruppe von Mitbrüdern jetzt berät und vorbereitet, das wird die neue Provinzleitung in irgendeiner Form umzusetzen haben. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass das Geschehen in unserer Provinz in Bewegung ist und momentan – also vor den Neuwahlen im kommenden Sommer – Entscheidungen und Veränderungen schwer möglich sind.
Und dies betrifft meine konkrete Situation: meine Rückkehr von Spanien hierher in die Provinz kam zur „Unzeit“ und es wird darum gehen, die Monate bis zum kommenden Sommer möglichst gut zu nutzen.
Bisher lebe ich immer noch in unserer Niederlassung in Traunstein, in der Pfarrei Hl. Kreuz. Und genieße es, viel Zeit zum Lesen zu haben. Zum Beispiel „Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Gewalt und Schwert“ von Arnold Angenendt. Dies Buch (ein immerhin 800-Seiten-“Schinken“) stand schon länger auf meiner Lesewunschliste.

Einen Wunsch anderer Art erfüllte ich mir auch, indem ich am 27. November zum Adventsbeginn nach Salzburg fuhr, auf dem Domplatz die Salzburger Kirchenglocken (vor allem die des Domes) den Advent einläuten und danach auf dem Residenzplatz die Bläsergruppen (von drei verschiedenen Positionen „in der Höhe“ aus) den Advent einblasen hörte. Zu Studienzeiten, vor mehr als 20 Jahren, war ich zum letzten Mal bei diesem Anlass im Zentrum Salzburgs.
Es traf sich, dass mich Sr. Maria Anna, die in der Seniorenwohnanlage in Salzburg – Parsch seelsorglichen Dienst tut, gebeten hatte, an eben diesem Nachmittag mit den Menschen dort die Messe zu feiern – auf ihrer Suche nach einem Priester hatte sie erfahren, dass ich in Traunstein bin und einen Versuch unternommen. So war ich also vor dem Stadtzentrum noch in Salzburg – Parsch und es gab eine mehrfache Wiedersehensfreude, zumal die Damen des Sozialkreises der Pfarre Parsch in der Messe in der Seniorenwohnanlage sangen.

In Traunstein ist Papst Benedikt nicht nur durch aktuelle Medien präsent, sondern auch durch den ein oder anderen baulichen bzw. künstlerischen Hinweis. Dazu zwei Fotos weiter oben – verbunden mit den besten Wünschen für eine gute Adventszeit

P. Alois Schlachter C.PP.S.

Montag, 15. November 2010

(Abschiedsfeier)                                               

   


Wieder in Deutschland...
Am 27.10. war die offizielle Abschiedsfeier mit dem „harten Kern“ der Pfarrei „la preciosa sangre“ in Madrid – Orcasitas. Ein wunderschöner, zu Herzen gehender Abend! Nach der Eucharistie ein feines Buffet, bei dem ich ein Geschenk überreicht bekam: ein selbst gebasteltes Memory – Spiel mit Fotos aus meinem Jahr in Madrid, Fotos der Menschen in Orcasitas, vom Schubhaftzentrum... In die Spiel-Schachtel hinein unterschrieben die Anwesenden: „alle, die auf diesen Fotos zu sehen sind und viele, aber wirklich viele mehr, möchten, dass Du uns in Deinem Herzen mit Dir trägst, selbst wenn Du nach China gehen solltest. Vergiss uns nicht und komme bald wieder – wir mögen Dich sehr!“.
Danach wurde noch getrommelt, gesungen und getanzt – so ein Abend, bei dem man wünscht, er würde nicht zu Ende gehen...
Und weil ich erst am 3.11. von Madrid weg flog, gab es weiterhin Gelegenheit, Abschied zu nehmen.

Nicht missen möchte ich die beiden letzten Wochen in Spanien auch deswegen, weil ich gemeinsam mit lieben Besuchen (zum einen mein Bruder Stefan, zum anderen Ingrid Kudlich aus Kufstein) ein wenig touristisch unterwegs war, Avila, Segovia und Toledo sehen konnte – Avila hatte ich noch nicht gekannt.

Und jetzt bin ich bereits fast zwei Wochen wieder in deutschen Landen. Von 8.-11.11. war ich in Waldbreitbach. Dort traf sich eine Gruppe von Leuten, die vor gut 10 Jahren gemeinsam mit noch anderen eine berufsbegleitende Exerzitienbegleiterausbildung gemacht hatte. Wir waren diesmal nur vier, die sich diese Tage frei machen konnten, aber der Einsatz hat sich gelohnt. Außer mir und der Gastgeberin Sr. Gerlinde, die Postulats- und Noviziatsleiterin in Waldbreitbach ist, kamen noch Sr. Mirjam, eine Benediktinerin aus dem Kloster Engelthal bei Frankurt und Bernd de Baey, ein Diözesanpriester aus Münster. Das offene Miteinander – Reden, aber auch die Zeiten des gemeinsamen Meditierens taten uns allen gut. Und Sr. Gerlinde verstand es ausgezeichnet, uns die Gründerin ihrer Ordensgemeinschaft, die 2008 selig gesprochene Mutter Rosa Flesch nahe zu bringen – eine beeindruckende Persönlichkeit. Abgesehen von der Wiedersehensfreude halfen mir die Tage wohl auch dazu, sofort wieder in die deutsche „Kirchenrealität“ einzusteigen. Wenn uns manche „kirchliche Krise“ dazu hilft, solidarisch mit Menschen in Krisensituationen zu sein, dann ist es gut. Gefährlich wird es, wenn wir durch den Blick auf die eigenen Krisen die Menschen um uns herum, mit dem, was sie bewegt, aus dem Blick verlieren.

Aus dem Westerwald reiste ich dann weiter ins Allgäu, um den Geburtstag meines Vaters (nach zu) feiern. Im Sommer hätte ich nicht gedacht, schon so bald wieder zu Hause sein zu können. Aber natürlich freuten wir uns alle darüber.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Rueckblick

Rückblick

„Was werden die Leute sagen? Diejenigen, denen Du auch regelmäßig Informationen gesandt hast. Dabei hast gerade Du allerhand Anstrengungen auf Dich genommen für dieses Projekt. Ich schäme mich.“ So sagte es mir Queño neulich im Auto auf der Rückfahrt vom CIE nach Hause. Klar, die Frage stellt sich: „war es das jetzt? was hat das gebracht? wie gehen wir um mit dem plötzlichen und unerwarteten Ende unseres Projektes?“.
Ich möchte an dieser Stelle nichts beschönigen und auch mein eigenes „flaues Gefühl“ angesichts der Situation nicht verbergen.

Gleichzeitig ist Rückschau und Sammeln angesagt. Was sehe und sammle ich da?
Banal beginnend habe ich angefangen, eine für mich neue Sprache zu lernen, in der ich mittlerweile einigermaßen zurecht komme. Da bei internationalen Begegnungen der Missionare vom Kostbaren Blut mittlerweile Englisch und Spanisch die beiden verwendeten Sprachen sind, hoffe ich, dass mir das Erlernte weiterhin dienen wird.
Das Leben hier im Land hat mir erste Einblicke in spanische Geschichte und Kultur ermöglicht.

Im vergangenen Monat schließlich habe ich eine tiefere akademische Auseinandersetzung mit Migrationsfragen begonnen, in einer Schule, die mit der Universität Rey Juan Carlos verkoppelt ist. Wobei mir gerade diese durchaus interessante Auseinandersetzung deutlich gemacht hat, wie anders mein Zugang bisher war. Es ist etwas ganz anderes, auf dem Bildschirm eine Kuchengrafik, erstellt aufgrund von Daten und Informationen aus dem Nationalen Institut für Statistik, anzusehen (und dabei festzustellen, wie gering der Anteil von „Subsahara – Afrikanern“ unter den in Spanien lebenden Ausländern ist!) oder einem Menschen aus Senegal gegenüber zu sitzen, der bereits mehr als einen Monat im Internierungszentrum für Schubhäftlinge festgehalten wird.
Gerade diese persönlichen Begegnungen – deren Schilderung in meinen Berichten auch den meisten Eindruck bei Euch hinterlassen hat – werde ich als Reichtum mit nach Hause nehmen.

Und da ist noch etwas, was mich mit Staunen und Freude erfüllt. Es hat wohl mit meiner eigenen „Migrationserfahrung“ zu tun. Obwohl ich natürlich im Vergleich zu anderen Migranten ideale Bedingungen hatte, war das Ganze doch nicht nur leicht, vor allem am Anfang. Nicht zu verstehen, sich nicht ausdrücken zu können, eine andere Kultur, einen anderen Lebensrhythmus zu erfahren.
Dazu kam die Liturgie in der Pfarrgemeinde hier, so völlig anders. Und andere Schwerpunkte im Leben der Mitbrüder, wo ich zunächst kein Land für mich sah! Es ist auch etwas anderes, sich am Schreibtisch mit befreiungstheologischen Ansätzen auseinander zu setzen, oder sie gelebt – natürlich in einer europäischen Variante - vor zu finden.

Es erfüllt mich mit großer Dankbarkeit Gott gegenüber, vor den bisweilen unüberwindlich scheinenden Hindernissen nicht kapituliert zu haben, sondern in der Auseinandersetzung mit ihnen wertvolle Entdeckungen gemacht zu haben. Dass wir hier traurig sind ist Ausdruck für dasjenige, was unter uns gewachsen ist.
Und ein wenig muss ich lächeln. Von meinem Heranwachsen mit deutschsprachigen Missionaren vom Kostbaren Blut her kenne ich das gemeinsame Rosenkranzgebet und ist es mir persönlich eine liebe Praxis geworden. Hier habe ich diese Praxis nie erlebt. Und gleichzeitig wohl nie in meinem Leben so viel Rosenkranz gebetet wie in diesem Jahr. Eben nicht bei gemeinsamen Autofahrten, aber alleine im Bus, in der Metro oder bei vielen Stunden des Wartens im CIE.

Damit endet die Serie der „Berichte aus Madrid“ und ich bedanke mich für alle Aufmerksamkeit und Unterstützung. Wer wissen will, „wie es weiter geht“, die/der wird auf meinem Blog (dabei bin ich Anfänger) fündig werden können: http://AloisSchlachter.blogspot.com

Madrid, den 30.10.10 P. Alois Schlachter C.PP.S.









Montag, 18. Oktober 2010

Abschied...

Am 20. September trafen wir uns, wie im letzten Bericht erwähnt, mit den zuständigen Provinzialen und unserem Generalmoderator in Fatima und legten eine Art Bilanz unseres Lebens und Tuns seit dem Beginn der internationalen Gemeinschaft im vergangenen November vor. Außerdem machten wir deutlich, dass es für den Fortbestand, bzw. die Weiterentwicklung des Projektes zwei Voraussetzungen gibt: de facto bin ich als Mitglied der deutschsprachigen Provinz das einzige frei gestellte Mitglied. Die italienische und die polnische Provinz stellen niemanden, Italien zumindest nach dem Rückzug von Valerio nicht mehr, die beiden Mitbrüder der iberischen Provinz sind nicht wirklich frei, sondern mit Pfarrei, Aus- und Fortbildung gut beschäftigt. Außerdem schiene uns notwendig, der internationalen Gemeinschaft auch durch eine räumliche Trennung von der Hausgemeinschaft in Orcasitas eine größere Eigenständigkeit und mehr Möglichkeiten (z.B. Aufnahme von Immigranten) zu schaffen.