Wir machen uns früh auf den Weg –
müssen wir doch zuerst zur Ordenskongregation vor den Toren des
Vatikan und danach in ein Büro des italienischen Staates am anderen
Ende der Stadt Rom (EUR).
Vor der Tür setzen wir die
Mund-Nasen-Bedeckung auf und dann geht es zuerst einmal zum
Thermoscanner. Das geschieht nicht, indem uns – wie an anderen
Stellen, etwa beim Betreten der Basiliken - jemand ein Thermometer an
die Stirn hält, sondern indem wir uns einem Smartphone nähern, das
unsere Temperatur misst, wenn wir im richtigen Abstand davon stehen.
Dummerweise ist dieses Gerät wohl für italienische
Größenverhältnisse ausgelegt. Ich muss ziemlich in die Knie gehen,
damit die Temperaturmessung bei mir funktioniert.
Danach warten wir kurz, bis Sig.
Stefano frei ist. Freundlich grüßt er und stellt uns das erste der
beiden beantragten Dokumente aus, gegen fünf Euro Gebühr. Das
zweite Dokument ist an der Kasse abzuholen. Dort steht jedoch noch
eine Ordensfrau am Schalter, also warten wir. Nach einer gefühlten
Ewigkeit ist die Schwester fertig, ich gehe zur Kasse und erfahre von
der Dame dort, dass das gewünschte Dokument noch nicht da sei und
sie sich telefonisch melden würde, wenn wir es abholen könnten.
Das gefällt uns nicht und bringt
unsere Planung durcheinander. Wir gehen von der Kasse weg und möchten
noch einmal bei Sig. Stefano vorsprechen, dessen Bürotür offen
steht. Allerdings sitzt bei ihm „die nächste Kundschaft“. Über
sie hinweg nimmt er mich allerdings wahr und fragt kurz nach. Und auf
meine Antwort hin, bittet er uns, kurz zu warten. Nachdem er die
Schwester bedient hat, verlässt er sein Büro und kommt nach Kurzem
mit einem Stapel Papiere aus einem anderen Büro zurück. Noch einmal
gehe ich jetzt an die Kasse und bekomme gegen eine Gebühr von 70
Euro das gewünschte Dokument. Diesmal nicht mit Stempelmarke,
sondern auf schönem Büttenpapier.
Geschafft!
Auf dem Weg zur U-Bahn kaufen wir in
einem Tabak-Geschäft eine italienische Stempelmarke um 16 Euro und
fahren dann Richtung EUR. Juan war schon einmal bei dem Büro, zu dem
wir jetzt müssen, allerdings noch vor der Corona-Zeit. Als wir
hinkommen, ist die Metalltür zum Gelände zu und es hängen
verschiedene Zettel daran. Wir merken jedoch, dass sich Menschen an
der Tür vorbei drücken, die herunter gelassene Schranke zur
Autozufahrt macht es möglich. Und so drücken auch wir uns vorbei
und sehen eine Schlange wartender Menschen auf der anderen Seite des
Gebäudes.
Mit etwas ungutem Gefühl gehe ich (im
schwarzen Hemd, o je!) an diesen vorbei, um an der Pforte
nachzufragen, ob sich das Warten überhaupt lohne. Und höre, wir
müssten sowieso einen Termin vereinbaren. „Appuntamento“ - das
Zauberwort auf allen Ämtern, wie ich inzwischen gelernt habe.
Juan hat inzwischen die Aushänge dort
studiert und einen gefunden, auf dem die Telefonnummer des Herrn
steht, zu dem wir wollen. Mutig ruft Juan an und erklärt ihm, dass
wir vor der Tür stehen.
Und – unglaublich – bei Sig.
Petrucci ist einer von den sieben Vormittagskunden nicht erschienen
und wir können diese Lücke füllen. Als wir ihm erklären, worum es
geht, erklärt er uns, dass für dieses Vorhaben zwei Stempelmarken à
16 Euro nötig seien. Also macht sich Juan auf den Weg, um eine
zweite zu besorgen und ich fülle ein Formular aus.
Sig. Petrucci fragt noch nach, was es
mit dem zweiten „a“ auf sich habe. Tatsächlich steht auf einem
vatikanischen Dokument „Allagäu“ statt „Allgäu“. Allerhand,
siebzig Euro haben wir dafür ausgegeben, aber ich werde nicht darum
bitten, dass sie mir ein neues ausstellen. Dagegen lobe ich Sig.
Petrucci für seine Aufmerksamkeit und er stellt uns seinerseits das
Dokument aus, das wir von ihm brauchen. Als wir das Amt verlassen,
können wir unser Glück kaum fassen: wir haben es geschafft. An
einem Vormittag!
Zu Hause angekommen, sehe ich mir die
Dokumente noch einmal an und stelle fest, dass Sig. Petrucci sich bei
der Hausnummer unserer Adresse vertan hat. Anstatt 66 hat er 99
geschrieben. Und dies auf dem Dokument, das mich als rechtmäßigen
Vertreter ausweist und nach dem alle fragen, mit denen wir
irgendeinen Vertrag abschließen wollen/müssen (Bank,
Telefongesellschaft, Handwerker etc.). Sicherheitshalber rufe ich bei
Sig. Petrucci an, den ich Gott sei Dank noch im Büro erreiche. Und
er erklärt mir, da solle ich mir keine Gedanken machen, ich solle
das ruhig selbst ausbessern. Wenn jemand Schwierigkeiten machen
würde, dann müssten wir einen Termin ausmachen, damit er ein neues
Dokument ausstellen könne, aber er glaube nicht. Hoffentlich hat er
Recht – er sprach ja davon, bald seinen Urlaub anzutreten.
Einige Tage später ist Juan unterwegs
zu einem Amt, das zwei mal in der Woche für je drei Stunden geöffnet
hat. Er ist extra früh los und stand dann vier Stunden in der
Warteschlange. Allerdings hat er es wie drei weitere vor ihm und
viele nach ihm nicht geschafft, während der Öffnungszeiten ins Amt
zu kommen. Zu Hause hat er dann vor allem sein Mitleid mit den
älteren Menschen geäußert, die diese Qual auf sich nehmen müssen.