Eine Telefonkonferenz mit etwa zehn deutschsprachigen Ordensmännern verschiedener Gemeinschaften, sie haben entweder die 80 Lebensjahre bereits erreicht oder es trennen sie nicht mehr viele Jahre davon. Obwohl alle mit dem Computer arbeiten, sind sie für ihren Austausch doch bei der Telefonkonferenz geblieben und nicht zu einem Videoformat gewechselt. Mit Dankbarkeit und Staunen höre ich ihnen zu, ich kenne die meisten seit Jahrzehnten und verdanke ihnen viel…
Da ist Bruder V., der früher in der ordenseigenen Landwirtschaft hart gearbeitet hat. Später wurde er versetzt und war am neuen Ort Hausmeister und für die Pflege der Außenanlagen des Exerzitienhauses zuständig. Und jetzt plagt ihn die ein oder andere Altersbeschwerde bzw. Krankheit, „sie können mich ja nicht mehr brauchen“, sagt er. „Aber ich habe ein Motto für mich gefunden: Gott loben“, fügt er mit froher Stimme an. Und singt es uns am Telefon gleich vor: „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn…“, „das ist mein Lieblingslied“.
Oder G. Er war lange Jahre Missionar in Brasilien und lebt jetzt in einer Gemeinschaft älterer Mitbrüder, die ähnlich wie er auf ein Leben als Missionare in aller Welt zurückblicken können. G. leidet an Depressionen, mal mehr, mal weniger. Er berichtet von einem Rosenkranzgebet mit seinen Mitbrüdern. Normalerweise gibt es da eine angestellte Frau, die es anleitet. Weil die aber zum festgesetzten Termin nicht konnte, bat sie G., das Rosenkranzgebet mit den Mitbrüdern zu übernehmen. G. ist zwar etwas ängstlich, aber er sagt zu. Und berichtet, wie einer seiner älteren Mitbrüder im Rollstuhl sich nach dem Gebet mit einem festen Händedruck und einem strahlenden Gesicht bei ihm bedankte für die Worte, die G. gefunden hatte. Wenn ich mir diese Szene vorstelle, die beiden alten Missionare, dann bekomme ich beinahe eine Gänsehaut...
R. sitzt seit einem Autounfall vor vielen Jahren im Rollstuhl. „Ich kann ja hier nicht wegspringen“, sagt er mit dem Ansatz eines Lachens, „viele Menschen kommen zu mir ins Zimmer, weil ich eben hier bin“. Und dann erzählt er: „seit einiger Zeit sind zwei Mitbrüder freundlich zu mir, die sich vorher immer über mein Verhalten beschwerten, immer etwas auszusetzen hatten. Wahrscheinlich hat sich ihr Verhalten geändert, weil ich nicht aufgehört hatte, den beiden gegenüber freundlich zu sein“.
Dass es im Kloster nicht immer spannungsfrei zugeht, wird auch bei T. deutlich. Eine Auseinandersetzung mit einem Mitbruder, mit dem er sich sonst gut versteht, machte ihm zu schaffen. Und er suchte auch Zuflucht in der Kapelle deswegen.
H. bekommt wegen seiner Makuladegeneration monatlich eine Spritze ins betroffene Auge. Zwischenzeitlich war auch das andere Auge trübe geworden und wie dankbar ist er, dass das wieder besser geworden ist.
Und dann ist Bruder B., der von seiner Covid-Erkrankung berichtet. „Aber es waren nur leichte Symptome. Und ich habe die Zeit zum Lesen genutzt, ich habe alle Sozialenzykliken gelesen, von Rerum Novarum bis Fratelli Tutti“. Hier unterbricht ihn W., der Moderator der Telefonkonferenz, damit B. uns anderen nicht in einem Vortrag alle gewonnenen Erkenntnisse seiner Enzykliken-Lektüre weiter gibt.
W. selbst, auch er hat die 80 schon hinter sich, geht mit uns seinen Kalender des vergangenen Monats durch, erstaunlich, was sich da alles findet. Und er ist sichtbar froh darüber, noch im Einsatz sein zu können, daheim und auswärts Gottesdienste zu feiern.
Der ein oder andere hat seinen Beitrag eingeleitet mit: „ich kann ja nicht viel erzählen“. Ganz im Gegensatz dazu habe ich den Eindruck eines großen Reichtums und einer Fülle an Leben…