Denn tausend Jahre sind
für dich
wie der Tag, der gestern
vergangen ist,
wie eine Wache in der
Nacht.
Von Jahr zu Jahr säst du
die Menschen aus;
sie gleichen dem
sprossenden Gras. (Ps 90,4f.)
Der Jahreswechsel bietet sich an, um
über die Zeit und unseren Umgang mit ihr nachzudenken.
Es ist 11.47 Uhr. Eigentlich beten wir
gemeinsam um 11.45 Uhr das Mittagsgebet. Einer fehlt noch. Auf ihn
warten? Und wenn er dann morgen noch zwei Minuten später kommt? Ob
er noch am telefonieren ist?
Am Umgang der Zeit lassen sich gut
Unterschiede zwischen uns erkennen. Wahrscheinlich habe ich noch das
„fünf Minuten vor der Zeit ist des Ministranten Pünktlichkeit“
von früher im Ohr. Bei Verspätungen ist mir unwohl zumute. Was mich
bis jetzt nicht daran hindert, die Bahn dem Auto vorzuziehen, wo
immer das möglich ist:-)
Apropos Verkehrsmittel. Im diesjährigen
Weihnachtsbrief von P.Augustinus, einem Franziskaner, der seit Jahren
in Afrika lebt und arbeitet, steht unter anderem folgender
Reisebericht:
Unser
Bus sollte um 12 Uhr abfahren. Wir warteten geduldig bis 3 Uhr und
dann ging es auch bald los, natürlich zuerst zur Tankstelle. Gegen
Mitternacht erreichten wir die Grenze, wo wir etwas schlaftrunken die
nötigen Formalitäten am Grenzübergang erfüllten. Dann ging es
weiter nach Kampala, der Hauptstadt Ugandas, die in tiefem Schlaf
versunken war. Nur in der Busstation war es lebendig. Dort bekamen
wir gegen 2 Uhr nachts ein spätes Abendessen. Danach ging es
weiter
nach Mbarara, wo wir gegen 7:30 Uhr morgens eintrafen.
Geht
doch auch, oder?
Mit
Firmlingen aus der Gemeinde konnte ich an einem Tag im Dezember
einige soziale Einrichtungen im Land Liechtenstein besuchen. Unsere
letzte Station war AUXILIA, ein Beschäftigungsprojekt des
Heilpädagogischen Zentrums für Menschen mit besonderen
Bedürfnissen. In verschiedenen Arbeitsbereichen (Schlosserei,
Schreinerei, Küche etc.) arbeiten dort Menschen mit körperlichen
oder geistigen Einschränkungen gemeinsam mit Sozialpädagogen und
Arbeitsagogen. Der Leiter der Einrichtung, der uns durch die
Werkstätten führt, machte einerseits deutlich, dass sich das
Arbeitstempo im Gegensatz zu anderen Betrieben unterscheidet. „Mir
redet zwischedurch miteinand, es goat weniger närrisch zua. Wer sind
denn die Närrischa?“
Man
werfe mir keine unrealistische Sozialromantik vor. Welches
Arbeitstempo und -umfeld entspricht jetzt dem Menschen mehr?
Dasjenige, das wir in der AUXILIA erlebten, oder eines, bei dem der
Mitarbeiter nie sein Handy oder Ähnliches ausschaltet, weil er immer
erreichbar sein und schnell reagieren muss? Erfreulicherweise gibt es
mittlerweile Untersuchungen, welche belegen, dass in Betrieben, die
ihren Mitarbeiter/inne/n flexible Arbeitszeiten ermöglichen, nicht
nur die Zufriedenheit steigt, sondern auch die Produktion. Übrigens:
was uns AUXILIA-Besuchern auffiel: bei einem Klingelzeichen ließen
die Menschen alles liegen und stehen und begannen eine Arbeitspause.
Bei einem weiteren Klingelzeichen erhoben sie sich genauso schnell
von ihren Plätzen und gingen wieder an ihre Arbeitsplätze.
Vor
AUILIA hatten wir im Flüchtlingsheim in Vaduz mit einem jungen Mann
aus Eritrea gesprochen, der aus seiner Heimat geflüchtet war. Zwei
Jahre war er unterwegs, zu Fuß, mit dem Auto, mit dem Schiff, bis er
in Liechtenstein ankam. Zwei Jahre!
Dir,
Ihnen gute Zeit im Neuen Jahr!