Mittwoch, 31. August 2022

Wasser und Tau

Der Rasen in unserem Garten ist in diesem Sommer grüner als vor einem Jahr. Was mit einem Bewässerungssystem zusammenhängt, dass es damals noch nicht gab. Bei der Planung dieser Bewässserungsanlage verließen wir uns auf einen (vorhandenen) Brunnen im Garten – leider. Denn dieser Brunnen, 27 Meter tief, hat kein Wasser mehr. Also stehen jetzt zwei große Tanks im Garten, aus denen die Bewässerung gespeist wird (und die werden mit Leitungswasser gefüllt). Während zweier nächtlicher Zeitspannen werden bestimmte Teile des Gartens besprengt, insgesamt gibt es zwölf Sektoren im Garten, in welchen Sprühelemente enthalten sind, welche sich beim Einschalten des Systems nach oben heben und aus denen dann Wasser spritzt. Einige dieser Sprühelemente (aus Plastik) sind dem eifrigen Rasenmähen zum Opfer gefallen und mussten ersetzt werden. Aber im Großen und Ganzen freuen wir uns an mehr Grün. Wobei ich gleichzeitig ein schlechtes Gewissen wegen des Wasserverbrauchs habe. Immer noch. Obwohl ein Besucher aus Österreich meinte: „deswegen musst Du kein schlechtes Gewissen haben. Ihr habt ja keinen Pool im Garten. Das finde ich so eine Unsitte, diese Pools bei so vielen Häusern!“. Beim Generalat der Steyler Missionare – nicht so weit entfernt von uns – gibt es einen Pool. Juan hat inzwischen eine Zugangsberechtigung dafür erworben. Wobei die Steyler wiederum keine Klimaanlage im Haus haben, im Gegensatz zu uns. Ich versuche sie möglichst wenig zu nutzen, aber hin und wieder habe ich sie doch eingeschaltet in diesem Augst. Wenn ich den Eindruck hatte, es sei sonst einfach zu heiß, um überhaupt einen vernünftigen Gedanken fassen zu können. Wer weiß, wie das bei steigenden Energiepreisen in der Zukunft handzuhaben sein wird…

Franco, der Installateur, welcher das Bewässerungssystem installiert hat, war jetzt mit einem Freund hier, der Experte für Brunnen ist. Es ging um die Frage, ob der bestehende Brunnen vertieft werden kann oder ob an einer anderen Stelle im Garten ein Bohrversuch unternommen werden könnte, um eventuell Wasser zu finden. Besagter Experte meinte, es könnte auch sein, dass irgendein Nachbar auch einen Brunnen gebohrt und uns damit gleichsam „das Wasser abgegraben hat“. Na ja…

Als ich Franco und seinen Bekannten begrüßte, fiel mir ein Holz-Tau auf, welches dieser um den Hals trug – das franziskanische Zeichen. Und ich freute mich, wie das einem christlich sozialisierten Menschen eben passieren kann.

Als ich dann ins Haus zurück ging, fiel mir ein, dass Matteo Salvini, ein italienischer Politiker der Rechten (Lega), sich auch immer wieder mit einem „Holz-Tau“ um den Hals präsentiert. Wobei mir das schlicht im Gegensatz zu seiner Politik zu stehen scheint. Momentan ist ja wieder einmal Wahlkampf in Italien und Salvini wirbt – für mein Empfinden – ziemlich plump mit „Italia first“. Er war bereits einmal italienischer Innenminister und ließ damals ein Schiff, welches Flüchtlinge in Seenot gerettet hatte, nicht in einem italienischen Hafen anlegen.

Auch in Bayern gab (und gbt) es ja durchaus gemischte Reaktionen aus dem kirchlichen Bereich auf den „Kreuzerlass“ (verordnetes Anbringen von Kreuzen in öffentlichen Räumen) des Ministerpräsidenten.

Eigentlich hätte ich ja unseren Brunnenexperten fragen müssen, ob er das Tau um den Hals aus Sympathie für Franz von Assisi oder für Matteo Salvini trägt, so schmunzelte ich dann über mich selbst. Hatte aber wieder einmal neu gelernt, genau hinzusehen und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Bzw. durchaus vorsichtig mit „auf den ersten Blick Frommem“ zu sein. Der Rosenkranz wird ja teilweise auch als Mode-Accessoire verwendet…

Und auch der Umkehrschluss gilt, diese Erfahrung durfte ich des Öfteren machen: auch der auf den ersten Blick nicht „so fromme Mensch“ kann letztlich ein solcher sein. Eben auf seine Art…

 

 

Montag, 15. August 2022

Hochgern

Die letzte Wanderung in meinem zurückliegenden Urlaub war wohl gleichzeitig auch die schönste, der Hochgern stand noch auf dem Programm. Mit dem ersten Bus am Morgen fuhr ich von Traunstein bis Staudach – zusammen mit vielen Kindern und Jugendlichen, die zu ihrer jeweiligen Schule unterwegs waren. Ziemlich viele standen im Mittelgang des Busses. Diejenigen mit Sitzplatz waren großteils mit ihren Handys beschäftigt. Was wird diesen jungen Menschen die Zukunft bringen, oder anders: wie werden sie die Zukunft gestalten, in die Hand nehmen?

Bei der Bushaltestelle „Staudach-Zunfthof“ musste ich mich erst einmal orientieren. Bald hatte ich eine Stange mit einer ganzen Reihe gelber Wanderwegweiser entdeckt. Während ich diese las, kam ein Mann und drängte mich – höflich! – zur Seite, weil er seine Mülltonne dort abstellen wollte, wo ich gerade stand. Beim Weitergehen dachte ich mir, er hätte mich ja auch fragen können, wohin ich möchte, ob er mir vielleicht helfen könne. (Bei einer Wanderung in der Woche davor hatte ich das erlebt: ein Fahrradfahrer in Bischofswiesen hielt neben mir und fragte mich, wohin ich unterwegs sei. Er hatte gerade seine kleine Tochter zur Schule gebracht und mich dabei auf die Wanderkarte blicken sehen. Tatsächlich gab er mir dann einen hilfreichen Tipp!) Okay: die Menschen sind verschieden.

Beim Wanderparkplatz stiegen gerade zwei Leute aus ihren Autos aus, eine junge Frau im Jogging-Dress und ein Herr, der sein Mountainbike vom Fahrradständer herunternahm. Ich brachte meine Teleskopstöcke in die richtige Länge und machte mich auf den Weg, bergauf Richtung Schnappenkirche. Ein wunderschöner Weg. Und von der Schnappenkirche war ich dann richtiggehend verzaubert (hier könnte ich mir beinahe eine Einsiedelei für mich vorstellen!). Die letzte Renovierung offensichtlich noch nicht so lange her und wunderbar gelegen – von dort oben hat man den ganzen Chiemsee im Blick. (Nachdem ich bereits vom Hochfelln auf diesen heruntergeschaut hatte, nahm ich mir bei der Schnappenkirche dann vor, doch noch „über den See zu fahren“ und tat das zwei Tage später, von Übersee-Feldwies auf die Fraueninsel.) Als ich nach einem kurzen Moment wieder aus der Schnappenkirche herauskam, war ein E-Mountainbiker dort angelangt. „Ist es heute wirklich so schwül, oder bin ich nicht gut in Form heute?“, so fragte er, mich dabei anschauend. „Dass es schwül ist, kann ich bestätigen. Zum anderen kann ich nichts sagen“, erwiderte ich ihm schmunzelnd. Später hat er mich dann noch einmal überholt mit seinem Gefährt. Etwas verdächtig schien mir, dass es beim weiteren Weg von der Schnappenkirche nach einem kleinen Aufstieg wieder leicht bergab ging. Dafür kam dann nachher der schweißtreibende Aufstieg auf den Hochgern. Wunderbar, dort oben. Und obwohl es erst zwischen 11.00 und 11.30 Uhr war, entschloss ich mich zur Mittagspause und verspeiste die mitgenommenen Brote. Und gönnte mir einige Minuten Siesta…

Nachdem ich nicht zu einem irgendwo geparkten Auto zurückmusste, konnte ich für den Abstieg eine Variante wählen – und ging zunächst einmal eher „der Nase nach“. Tatsächlich kam ich zum Hochgernhaus und löschte dort meinen Durst, die im Rucksack eingepackten 1 ½ Liter Wasser waren doch schon eher zur Neige gegangen. Und es war eben wirklich ein schwülheißer Sommertag!

Nach einem Liter Apfelschorle fühlte ich mich zum weiteren Abstieg bereit und ging Richtung Marquartstein. Beim Gehen freute ich mich über die gewählte Tour, andersherum wäre sie nicht so schön gewesen, der Abstieg hatte ein wenig von „Hatsch“.

Marquartstein zog mich auch deswegen an, weil ein besonders liebenswürdiger Mitbruder,

P. Winfrid von Essen, in den 80er-Jahren dort Pfarrer gewesen war. Seinen Lebensabend hatte P.Winfrid im Altenheim in Kolbermoor verbracht, wo ich ihn während meiner Kufsteiner Zeit aus ein paar Mal besucht habe. Der Titel der Pfarrkirche von Marquartstein ist „Zum Kostbaren Blut“ und dank P. Winfried gibt es eine Reliquie des hl. Kaspar del Bufalo, unseres Ordensgründers, im Zelebrationsaltar. So hatte die Wanderung noch ein wenig „Wallfahrtscharakter“ bekommen. Und ich hatte eine Stunde Zeit, bevor der nächste Bus von Marquartstein aus Richtung Traunstein fuhr.

Dort angekommen ging dann nach einer Zeit des Beine-Hochlegens das Durst-Löschen weiter…

Erst im Nachhinein fand ich meine Tour dann auch im Internet beschrieben und gerühmt, sie ist wirklich empfehlenswert.