Vor kurzem bin ich wieder einmal
gewandert. An einem wunderschön sonnigen Tag und bei klirrender
Kälte, Schnee fiel erst am Tag darauf. Im Hinblick auf eine mögliche
mehrtägige Fußwallfahrt nach Maria Baumgärtle erkundete ich den
Neu-Ulmer Anschlussweg zum Allgäu-Schwäbischen Wanderweg
Augsburg-Sonthofen. Mir ging es um den Abschnitt
Baumgärtle-Babenhausen.
Gott sei Dank war ich mit meinem
Wanderführer-Büchlein „Fernwanderwege Voralpenland“ unterwegs,
in welchem auch der Allgäu-Schwäbische Wanderweg samt seinen
Anschlusswegen beschrieben ist. Denn dieser Wanderweg wurde Ende der
1970er Jahre angelegt. Eigentlich ist es ohnehin erstaunlich, wie
viel von den Markierungen noch erhalten ist. Aber eben längst nicht
jede! Die Holztafeln sind, falls sie noch stehen, teilweise sehr
verwittert und die auf Bäume und Häuser gemalten blauen
Andreaskreuze zum Teil auch nur noch äußerst mühsam und eher
zufällig erkennbar.
Alles in allem hatte ich einen schönen
Tag und hatte am Abend nach reichlich Gehen auf Asphalt auch ein
deutliches Gespür dafür, Füße zu haben.
Die Sache mit den Markierungen
beschäftigte mich aber noch weiter. Nach welchen Markierungen halte
ich Ausschau? Halten wir, z.B. in der Kirche, Ausschau? Kann es sein,
dass wir manchmal versuchen, uns an Markierungen zu orientieren, die
schlicht nicht mehr da, vorhanden sind? Anstelle darüber zu
schimpfen, könnte man jetzt natürlich einen Farbeimer nehmen und
die Markierungen erneuern. Bzw. weitere, zusätzliche anbringen, weil
womöglich auch mancher Baum mit Markierung nicht mehr steht.
Andererseits lassen sich aber bei
genauem Hinsehen vielleicht inzwischen andere Markierungen erkennen.
Und auch Wege. Zwischen dem Jahr 2000, als ich von Baumgärtle weg
gezogen bin und heute, hat sich die Zahl der Wanderweg-Schilder
vervielfacht. Überall stehen sie, die neueren eher aus Metall.
Wanderwege ohne Ende... Soll ich, sollen wir einmal einen davon
ausprobieren?
Ich möchte sie ja gar nicht
gegeneinander ausspielen, die schönen alten Holztafeln des
Allgäu-Schwäbischen Wanderweges und die neuen Metallschilder. Nur
anregen zur Frage, wonach ich Ausschau halte, ob ich durch die
Konzentration auf die alten Schilder auch noch offen bin für neue.
Für neue Wege!
Wer weiß, welche Entdeckungen da noch
möglich sind!
Manchmal leide ich zugegebenermaßen
darunter, wenn Kirchenleute unsere heutige Zeit und Welt als
„gottvergessen“ kennzeichnen, womöglich noch mit einem Unterton,
welcher an den nahen Weltuntergang denken lässt. Ob das nicht
Ausdruck einer subtilen Form des Unglaubens ist? Klar, es gilt auch
hier genau hin zu schauen, bzw. zu hören. Zweifellos ist Gott da.
Und genauso zweifellos suchen Menschen nach ihm. Ob sie es wissen
oder nicht.
Wenn wir doch verstünden, auf die
Markierungen hinzuweisen, um ihm auf die Spur zu kommen, um seine
Anwesenheit in der einen Erfahrung oder dem anderen Erlebnis zu
erkennen. Aber eben nicht nur auf Markierungen hinweisen, sondern
auch gemeinsam solche entdecken. „Die Welt ist Gottes so voll“,
schrieb Alfred Delp 1945. Und daran hat sich nichts geändert...
Nur nicht Menschen zu ausgetretenen
Pfaden zwingen wollen, die ihnen überhaupt nicht entsprechen.
Miteinander immer wieder neu die Schönheiten unterschiedlicher
Lebenslandschaften mit all ihren Reichtümern kennen lernen und uns
auf den Weg machen...