Freitag, 31. März 2017

Digitales Beten

Eindeutig und sonnenklar: ich gehöre nicht zu den „digital natives“. Und nehme – wenn ich zum Beten etwas in die Hand nehme – lieber ein Buch als ein Smartphone oder Tablet. Wobei das eben meine Vorliebe ist. Und ich freue mich über alle Möglichkeiten des Betens mit Hilfe moderner Technik. Ein Angebot aus unserer Diözese, Credo online, hat inzwischen auch über die Diözesangrenzen hinaus Beachtung (und – noch wichtiger – Mit-Betende!) gefunden.

Und die Impulse von „pray as you go“ sind einfach hervorragend! So kommt mir das vor, wenn ich denn einmal am PC einen dieser täglichen Impulse anhöre, weil das – wie gesagt – nicht mein bevorzugtes Medium ist.

Schon vor einigen Jahren war mir ja aufgefallen, dass die jungen italienischen Mitbrüder beim gemeinsamen Stundengebet in der Hauskapelle ihr Smartphone vor sich liegen hatten und damit beteten.

Lustig war dann die Rom-Pilgerfahrt, bei der wir in Ermangelung deutscher liturgischer Bücher ein Tablet verwendeten. Während der Lektor die Lesung vortrug, wurde allerdings der Bildschirm eben dieses Tablets schwarz. Und auch der zu Hilfe eilende Priester und Laptop-Besitzer brauchte eine Weile, bis der Lesungstext dann wieder erschien.

Das Tablet anstelle des Messbuchs verwenden? Ein wenig sperrt sich auch da etwas in mir. Weil ich solch ein Gerät ja für sonst alles mögliche verwende. Unter Umständen mag das aber auch einen Reiz haben. Mit dem „Alltagsgerät“ vor Gott treten, so wie wir mit den Gaben von Brot und Wein ja ebenso unsere alltägliche Welt vor Gott hin legen.

Gestern auf jeden Fall habe ich die Benutzer/innen moderner Technik fast beneidet. Wir saßen im Zug auf dem Rückweg von Augsburg. Der Zug kam in Schwabmünchen zum Stehen. Und fuhr nicht weiter. Wiederholte Ansage: „wegen einer Signalstörung verzögert sich die Weiterfahrt“ zunächst „um wenige Minuten“, dann „auf unbestimmte Zeit“. Während sich unter den Fahrgästen Ungeduld und Unmut ausbreitete, zückte Sr. Tatiana, mit der ich unterwegs war, ihr Smartphone und rief die „Nieszpory“ (Vesper) auf, um sie zu beten.

Nachdem wir in Buchloe umgestiegen waren, bekam dann Sr. Ewa, die andere mit reisende Schwester das Smartphone ausgeliehen und konnte ebenso auf dem Weg nach Mindelheim die Vesper beten.

Wogegen sich der Pater mit dem Rosenkranz begnügte. Und sich über die Technik-affinen Schwestern freute...

Mittwoch, 15. März 2017

Wähle also das Leben

„Wähle also das Leben“ - jedes Jahr freue ich mich auf den Donnerstag nach Aschermittwoch. Nicht deswegen, weil nach dem Fasten am Aschermittwoch das Essen tags drauf besonders schmeckt. Nein, vielmehr wegen der für die Liturgie vorgesehenen Lesungstexte.

„Wähle also das Leben“ heißt es da im Buch Deuteronomium (30,19) – und am zweiten Tag der österlichen Bußzeit wird noch einmal die Marschrichtung für den Weg nach Ostern klar. Es geht um das Leben! Die Übungen der Fastenzeit, von denen am Vortag, am Aschermittwoch, zu hören war, Fasten, Almosen geben und beten, die sind kein Selbstzweck. Es geht um das Leben!

Und das Evangelium des Donnerstags nach Aschermittwoch ist das Pendant zur Lesung. In der Lesung werden wir eingeladen, das Leben zu wählen, im Evangelium lädt Jesus ein, unser Kreuz auf uns zu nehmen, das Leben zu verlieren.
Das gehört zusammen!

In diesem Jahr habe ich diese Texte auch verwendet beim Requiem für eine Frau, die am Donnerstag nach Aschermittwoch beerdigt wurde. Sehr oft nehme ich die für den Wochentag vorgesehenen Texte auch bei einem Requiem. Und an diesem Donnerstag schien es mir besonders zu passen.

Die Angehörigen der Verstorbenen beschrieben sie nicht nur als eine lebens-bejahende, sondern als eine lebenslustige Frau. Sie hatte Freude am Karten- und am Theaterspiel, sie genoss es, Ausflüge zu machen. Auch die Geselligkeit schätzte sie, einen Plausch auf der Gartenbank. Nach der Beerdigung sprach ich mit einer jüngeren Frau aus der Nachbarschaft der Verstorbenen, die sagte, sie habe sich gerne mit der Frau unterhalten, weil sie „gar nicht so wie ein altes Mütterchen war, zurück gezogen im Stübchen“, sondern eben wach und fit. Auch schicke Kleidung hatte ihr gefallen; tatsächlich war auch mir das bei der Frau aufgefallen, wenn ich sie in der kleinen Kapelle des Ortes sah. Mit dem Rollator kam sie regelmäßig dorthin, wenn die heilige Messe gefeiert wurde.

Kurz vor ihrem 90. Geburtstag war sie nun, plötzlich und unerwartet, an einer Virusinfektion gestorben.

Mit Hilfe des Evangeliumstextes (Lk 9,22-25) konnte ich beim Requiem den Mitfeiernden auch das Geheimnis der Lebensbejahung, der Lebenslust und -freude der Verstorbenen erklären.

Sie hatte mit Jesus gelebt, der uns einlädt, unser Kreuz auf uns zu nehmen, was uns zunächst einmal ja sperrig vorkommt, wovor wir zurück weichen möchten.

Schon als Kind war die Verstorbene woanders hin geschickt worden, um die Kühe zu hüten. Nach ihrer Heirat war sie oft genug für Haus und Hof zuständig, weil ihr Mann noch auswärts am arbeiten war.

Später hatte sie die eigene Mutter zu sich genommen und gepflegt.
Eigene Krankheiten und Operationen ertrug sie, musste nicht nur ihren Mann, sondern vor drei Jahren auch den ältesten Sohn zu Grabe tragen. „Auch wenn sie diese Schicksalsschläge sehr trafen, waren ihr Lebensmut, ihr Glaube und ihr Vertrauen in Gott ungebrochen“. So hatten ihre Kinder im Lebenslauf geschrieben, den sie für das Requiem vorbereitet hatten. Und ich meine, das trifft es, so habe ich die Verstorbene erlebt. Sie hat im Kreuz das Leben gewählt.