Freitag, 28. Februar 2014

Klischees, Konkretes, Krankendienst...

Klischees? Mag ich nicht wirklich! Und tatsächlich bin ich auch schon in Wohnungen von „Männer-WGs“ gewesen, denen ihre Junggesellen-Bewohner nicht sofort anzusehen waren. Auch da gibt es geschmackvolle Details und Accessoires. Ohne dass eine weibliche Hand ordnend oder schmückend eingegriffen hätte.
Und doch...

Unser Senior war neulich zehn Tage im Krankenhaus. Ein – wie sich herausstellte – Schlaganfall, verbunden mit einer Blutung im Hirn. Früher hat dieser Mitbruder unermüdlich in unserem Garten gearbeitet und vor allem viele Rosen gepflanzt. Diese blühen zwar noch nicht, aber doch andere Blumen, erste gelbe Frühlingsboten. Als wir den Patienten im Krankenhaus besuchen wollten, hatte ich mir fest vorgenommen, ihm von den blühenden Blumen in „seinem“ Garten zu erzählen, um ihn auch zu motivieren, Lust auf zu Hause zu machen. Fast beschämt war ich, als die Schwestern sich mit einem Gläschen, in welches sie einige eben dieser Blumen gestellt hatten, zum Krankenbesuch aufmachten. Ich hätte „nur erzählt“, die Schwestern handelten und nahmen Blumen mit, welche unser Kranker sofort an die nächste Krankenschwester weiter schenken wollte, die sein Zimmer betrat. Die Geschichte mit den Blumen geht mir noch aus einem anderen Grund nach. Wieso ich diese Verbindung herstelle, ist mir gar nicht ganz klar. Jedenfalls kam sie mir... Ist das nicht auch mit meiner „Verkündigung“ manchmal so? Dass ich Geschichten erzähle und hoffe, dass sie den zuhörenden Menschen gefallen? Und könnte es nicht das ein oder andere Mal möglich sein, die gute Nachricht handgreiflich erfahrbar zu machen, und dadurch eindrücklicher, als es die Worte einer Geschichte vermögen? Es ist etwas anderes, von „kleinen gelben Blumen“ zu hören, oder das Gelb leuchten zu sehen und vielleicht sogar einen „Geruchstest“ zu machen...

Inzwischen ist unser Senior wieder nach Hause zurück gekehrt. Am Mittwoch vor einer Woche habe ich ihn vom Krankenhaus abgeholt, nachdem er sich am Dienstag Abend bereits einmal unangemeldeterweise selbst auf den Weg gemacht und dadurch für etwas Hektik im Krankenhaus gesorgt hatte.
Und wieder: Schwester Ewa fragte, ob sie etwas Besonderes vorbereiten, kochen solle, um dem Heimkehrer einen gebührenden Empfang zu bereiten. Und sie ließ nicht locker, als mir auf die Schnelle keine großartigen Ideen kamen. Schlussendlich gab es ein Eis zum Nachtisch...

Ein weiteres Detail, hier würde das spanische „detalle“ fast besser passen, weil es eben nicht nur „Detail“ bedeutet, sondern auch „nette Geste“, eines meiner spanischen Lieblingswörter: während wir Mitbrüder darauf achten, dass unser Senior-Mitbruder zu den Mahlzeiten kommt, dabei etwas isst und auch nicht vergisst, seine Medikamente einzunehmen, bereitet ihm eine Schwester auch einen Teller mit Obst für sein Zimmer. Und der Apfel wird dabei auch geschält und geschnitten. Und er bekommt auch den ein oder anderen Joghurt-Becher, weil er das offensichtlich gerne isst.

Gott sei Dank gibt es neben uns praktisch denkenden und agierenden Männern auch noch die Schwestern, die Zusätzliches tun und unternehmen...

Samstag, 15. Februar 2014

Albaner See

Da! Es raschelt geheimnisvoll. Und als ich hin sehe, zu der Stelle, wo ich das Rascheln gehört habe, da sehe ich noch ein paar Blätter des Rankenwerkes auf der Mauer zittern. Eine Eidechse hat sich wohl in Bewegung gesetzt, als mein Schatten auf die Stelle fiel, an der sie sich gesonnt hatte. Diese Szene gehört für mich zu Spaziergängen und Wanderungen im Süden dazu.
Diesmal war es Anfang Februar. Nach einem Ordensmännertreffen in Castel Gandolfo machte ich mich zu Fuß auf den Weg zum Bahnhof. Und bemerkte dort, dass der nächste Zug nach Rom erst in 1 ½ Stunden fährt. So lange wollte ich jetzt nicht am Bahnhof Castel Gandolfo stehen bleiben. Also marschierte ich hinunter zum Albaner See. Und scheuchte eben beim Vorbeigehen die Eidechse auf.

Schon in den Vortagen hatte ich immer wieder ein kleines gelbes Flugzeug über dem See bemerkt, auch an diesem Tag war es unterwegs. „Vigili del fuoco” war auf dem Flugzeug zu lesen - „Feuerwehr“. Und später am Bahnhof klärte mich ein Mitreisender auf, dass dieses Flugzeug am nahe gelegenen Flughafen Ciampino stationiert sei und hier wohl Übungsflüge mache: Wasser aus dem See entnehmen, um es zu eventuellen Brandorten hin zu transportieren. Das Wasser-Entnehmen sah ich leider nicht, wohl aber, wie sich der Wassertank des Flugzeugs über dem See wieder entleerte. Und dann drehte der Pilot eine weitere Runde über die bewaldeten Hänge, welche den See im Vulkankrater säumen.

Unten am See angekommen sah ich die Surfer, die ich ebenfalls schon in den Tagen zuvor von oben bewundert hatte. Wie sie sich vom Wind über den See treiben ließen. In schwarzen Neoprenanzügen gut gegen die Kälte des Windes und des Wassers geschützt. Eine ganze Reihe solcher Surfer war da am Freitag mittags unterwegs, beneidenswert...

Mir fiel eine Erzählung von Marie Luise Kaschnitz ein, deren Todestag sich in diesem Oktober zum 40. mal jährt. In „Der schwarze See“ beschreibt sie recht schaurig gruslige Ereignisse an diesem Albaner See, die in der Erzählung im seltsamen Kontrast zum fröhlichen Treiben der Ausflügler stehen. Letzteres erlebe ich auch heute, natürlich schon dem Februar entsprechend, nicht so, wie es einige Monate später sein wird.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees, von Castel Gandolfo aus gesehen, liegt der Monte Cavo, auf dessen Gipfel ein ganzer Wald von großen Antennen steht. Heute sieht man dies. In den vergangenen Tagen war der Gipfel oft in den Wolken. Ich erinnere mich daran, dass Gaspare del Bufalo, der Gründer meiner Ordensgemeinschaft, sich dorthin zurück gezogen haben soll, um die „Regel für die Studenten“ zu schreiben. Ja, ich gehe in einem Gebiet, das Gaspare sehr wohl vertraut war.

Zurück zum Bahnhof, ich möchte doch den Zug nach Rom erreichen. Weil es bergauf geht, ziehe ich mir Jacke und Pullover aus und gehe im Hemd, den Rucksack auf dem Rücken. Spätestens beim Bahnhof angekommen merke ich, dass meine Entscheidung richtig war, ich habe geschwitzt beim Heraufmarschieren und ziehe mir schnell die Jacke wieder an, um mich in den letzten Minuten des Wartens auf den Zug nicht zu erkälten. Denn allein der Blick auf die Orangen und Zitronen an den Bäumen, die ich aus dem Zugfenstern bei der Fahrt nach Rom sehe, reicht nicht als Vitaminzufuhr gegen eine heraufziehende Erkältung.