Da war der indische Priester, der in
Kufstein zur Aushilfe war und im dortigen Krankenhaus die Messe
feierte. Nach der Kommunionspendung setzte er sich, um still und
persönlich zu beten. Als er die Augen wieder öffnete, war nur noch
eine Person in der Kapelle. Bei dieser erkundigte er sich, wo denn
die anderen seien, welche die Messe mit gefeiert hatten. „Die
meinten, es sei zu Ende und sind gegangen“. Offenbar hatte der
Priester (zu) lange und andächtig gebetet.
Hier in der Nähe gibt es eine kleine
Kapelle, in welcher in den Sommermonaten einmal monatlich
Gottesdienst gefeiert wird. Die Mesnerin hat eine Ferienwohnung und
lädt auch hin und wieder Gäste ein, die Messe mit zu feiern. Einmal
hatte sie einen Gast aus Brandenburg, der zunächst meinte, er habe
ja gar nichts Passendes anzuziehen, aber dann doch mit in die Messe
ging. Als sich die Leute beim Friedensgruß die Hand reichten, fasste
er das als Verabschiedung auf und verließ dann auch die Kapelle.
Vielleicht könnte die eine oder der
andere von Ihnen oder Euch weitere Missverständnisse dazu fügen.
Nicht alle sind so humorvoll wie die beiden oben beschriebenen. Ein
nicht selten begegnendes ist, wenn Leute in der Kirchenbank sich beim
Kommunionempfang gegenseitig fragen: „gehen wir auch nach vorn, uns
etwas abzuholen?“
Aber womöglich ist das noch nicht
einmal das schlimmste Missverständnis. Dieses dürfte eher darin
bestehen, die Messe als isoliertes Ritual zu verstehen. Und damit
eben nicht zu verstehen.
Wie viel Wert legen manche auf eine
korrekte Liturgie. Sehr hautnah bekomme ich das schon im eigenen Haus
mit, wo hin und wieder verschiedene Vorstellungen diesbezüglich
aufeinander prallen und Mitbrüder sich in die (mehr oder weniger
vorhandenen) Haare geraten können. „So ist es richtig“, „nein
so“.
Dabei feiern wir Tod und Auferstehung
Christi nicht als „Ritual“, sondern als Lebensausdruck, der nicht
nur unsere äußere Mitfeier verlangt, sondern unser Leben.
Wenn uns miteinander um den Tisch des
Herrn Versammelten das bewusst wäre, was wir da tun, wenn wir
Eucharistie feiern und die Kommunion empfangen, wie anders wären
unsere Beziehungen untereinander, wie anders auch unsere alltägliche
Lebensführung...
Wobei ich das keinesfalls als
„moralische Keule“ verstanden wissen möchte. Wir feiern Tod und
Auferstehung Jesu Christi und in dieser Feier ist auch Platz für
meine „Todeserfahrungen“. Für mein Scheitern und die Erfahrungen
meiner Unzulänglichkeit, meines Zurückbleibens hinter meinen
Idealen - mit all dem bin ich aufgehoben in dieser Feier.
Wie dankbar bin ich aber auch für die
Gewissheit, gerade in dieser Feier mit so vielen verbunden zu sein,
mit denen ich nicht Kontakt von Angesicht zu Angesicht habe: weil wir
geographisch weit voneinander entfernt leben, oder weil sie bereits
gestorben sind.
Mir ist der Gedanke, dass sich in der
Eucharistiefeier Himmel und Erde begegnen ein sehr kostbarer.
Manchmal sage ich es auch zu Beginn der
Feier, dass wir uns durch diese unsere Perspektive korrigieren lassen
können, die dazu neigt, nur Handgreifliches, unmittelbar
Wahrnehmbares für wahr zu halten. Und dadurch die Wirklichkeit
reduziert, die ja viel größer und weiter ist.
Der Anspruch der Feier jedoch ist nicht
nur, dass sie schön ist, das auch. Sondern dass sie mit unserem
alltäglichen Leben korrespondiert, dass dieses darin vorkommt und
gleichzeitig durch diese Feier geprägt wird. Deswegen feiere ich
gerne Messe – nicht nur am Sonntag...