Sonntag, 30. September 2012

Beten - aber wie?

„Wir sind erwacht. Der Schlaf ist noch in unseren Augen, aber auf unseren Lippen soll sofort dein Lob sein“. Immer wieder einmal habe ich das mit diesen Sätzen beginnende Morgengebet aus Afrika (vgl. Gotteslob 15/4) früher mit Kindern und Jugendlichen gebetet. Vielleicht ist es deswegen so bei mir hängen geblieben, dass mir auch heute beim Aufwachen oft diese Zeilen in den Sinn kommen.
Bevor ich mich auf einen theologischen Streit darüber einlasse, wo das Gebet seinen Ausgangspunkt nimmt, beim Blick auf Gott oder auf mich, fällt mir auf, dass in besagtem Gebet aus Afrika beide Blickrichtungen da sind. Und im konkreten Fall dieses Gebetes finde ich es sympathisch, dass ich als eventuell noch ein wenig Verschlafener mich vor Gott einfinden kann. Ich komme mit meiner Welt und bringe diese vor Gott. Das halte ich für eine wichtige Grundregel des Betens. Ich bewege mich nicht zuerst in irgendwelche (himmlischen) Sphären, die mit meiner Alltagswirklichkeit nichts zu tun haben, nein, ich komme des Morgens eventuell sogar noch mit Schlaf in den Augen. Das afrikanische Morgengebet führt diese Art zu beten auf eine wunderschöne
Weise fort. Beten: mein Leben vor Gott bringen! Und eventuell dabei die Entdeckung machen: ER ist schon da, in diesem meinem Leben. Komm mit Freude, Schmerz, Ärger, Traurigkeit, Hoffnung, Sehnsucht, Fragen, Leid und Ausweglosigkeit, sei Du Du selbst, wenn Du zu beten beginnst!
Das ist die Basis für das Lob Gottes. Mit all dem, was mein Leben ausmacht, lobe ich Gott. Darum geht es dann natürlich auch!

Noch eine „Gebets-Erfahrung“ habe ich vor nicht ganz zwei Wochen gemacht, als ich mit einer Gruppe italienischer Seminaristen der Missionare vom Kostbaren Blut zu einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau war. Nachdem wir am Vormittag im Stadtzentrum von München waren, galt der Nachmittag dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers. Und die jungen Männer, 18 Italiener und zwei Kameruner, zwischen 20 und Mitte 30 alt, bewegten sich wie die anderen Besucher der KZ-Gedenkstätte, das Ohr am Audio-Guide-Gerät und immer wieder auch mit den Handy-Kameras fotografierend. Schon im Vorfeld hatten wir vereinbart, zum Abschluss unseres Besuches in der Kapelle des Hl.Blut-Karmel am Rande des Gedenkstätten-Geländes die Eucharistie zu feiern. Bereits bei früheren Besuchen, die äußerlich ähnlich abliefen, hatte, hatte ich bei diesem Programmpunkt gemischte Gefühle. Nicht dass ich meine, dass gerade an diesem Ort eine Eucharistiefeier nicht ihren Platz hat. Aber wie der Gefahr begegnen, dass durch eine solche liturgische Feier das schreckliche Geschehen von damals, die Begegnung mit Menschen und ihren grausamen Schicksalen, jetzt irgendwie eingeordnet, ja „glatt gebügelt“ wird?
Bleibt uns der Schrecken, die Trauer und Fassungslosigkeit, ja die Sprachlosigkeit erhalten, wenn wir jetzt miteinander Eucharistie feiern?
Es geht schon wieder um die Eingangsfrage: wie komme ich mit meiner Welt vor Gott?

Als ich die jungen italienischen Studenten erlebte, als gute Seminaristen auf eine „schöne Eucharistie“ bedacht, dass die liturgischen Gewänder passen und die richtigen Lieder ausgewählt werden, da hatte ich fast den Eindruck, dass das jetzt zu schnell gegangen war, dass wir etwas „übersprungen“ hatten. Wäre es angemessener gewesen, eine halbe Stunde im Schweigen zu bleiben, eventuell dabei noch einen Zeugenbericht eines ehemaligen KZ-Gefangenen zu hören, zu lesen?
Ich maße mir kein Letzturteil bezüglich dieser Frage an. Zum einen haben Südländer wohl eine andere Mentalität, zum anderen gehören die Seminaristen auch einer anderen Generation an. Was ich mir mit nehme, abgesehen vom bedrückenden Eindruck des ehemaligen KZ-Geländes, das ist der Wunsch, „wirklichkeitsgerecht“ zu beten. Bei allem Entlastenden, das Formen und Rituale haben – wie dankbar bin ich oft genug für sie – möchte ich versuchen, ein waches Gespür zu bewahren oder noch viel mehr zu entwickeln für das, was dran ist, um mein, unser Leben vor Gott zur Sprache zu bringen...

Samstag, 15. September 2012

Ab-Spülen - Hintergründe, Methoden, Techniken von etwas ganz Alltäglichem...

Wie spült man(n)? So alltäglich-banal einerseits, so gruppendynamisch explosiv andererseits ist diese Frage und ihre Beantwortung.

Ausgangspunkt ist benutztes und als Folge dessen schmutziges Geschirr, hier Oberbegriff für Töpfe, Pfannen, Teller, Besteck etc.
Die Grundsatzentscheidung besteht darin, diese Dinge, wenigstens bestimmte davon, in die Spülmaschine zu räumen oder sie anderweitig zu säubern. Ausgeschlossen sei dabei einmal die Methode, wie sie uns beim Besuch eines Bauernhofmuseums erklärt wurde. Dort konnten die benutzten und beschmutzten (Holz-)Teller in nur aus dünnen Leisten bestehende Ablagen unter dem Esstisch geschoben werden, um ihre Reinigung sodann durch die Zunge des Hundes zu erfahren. Pfui! Nein, so nicht!

Zurück zu unserer Grundsatzentscheidung! Im Falle der Wahl der Spülmaschine stellt sich die Frage, wie diese möglichst klug eingeräumt wird. Darüber kann man(n) sich durchaus unterhalten und in Rage reden – kaum zu glauben. Je nach Temperament hört man dann auch denjenigen, der die Spülmaschine ausräumt und dabei noch schmutzige Teile entdeckt, entsprechend schimpfen. Apropos: sei vorsichtig, dass Du nicht den unteren Geschirrkorb vor dem oberen ausräumst, wenn Du dabei beobachtet wirst! Da abends der Strom billiger ist als während des Tages, wird die Spülmaschine besser erst dann eingeschaltet.

Es gibt aber auch Spülmaschinengegner. Und zwar aus verschiedenen Gründen. Die einen schätzen den kommunikativen Akt des Miteinander-Abspülens und -Abtrocknens. Klar, da geht durch die Maschine etwas verloren! Anderen ist das scharfe Mittel suspekt, welches in die Maschine gegeben wird: wenn schon Gläser und Tassen dadurch so angegriffen werden, dass auf deren Oberfläche deutliche Spuren zu sehen sind, wie mag das erst bei der Speiseröhre und im Magen wirken?

Also kann es geschehen, dass man(n) die Entscheidung gegen die Spülmaschine und für das händische Spülen trifft. Hierzu meinte einmal ein mir bekannter Schweizer mit mehrjähriger Brasilien- und weiteren Auslandserfahrungen: wenigstens 80% der Spülvorgänge weltweit geschehen unter fließendem kalten Wasser!
Das tröstet und inspiriert gleichermaßen, wenn das warme Wasser zu bestimmten Tageszeiten sehr lange auf sich warten lässt.
Die von mir persönlich favorisierte Methode (neben der Spülmaschine, die ich im Falle von hohem Geschirraufkommen durchaus benutze – ich bin ja nicht Technik-feindlich!) besteht darin, im rechten Spülbecken heißes Wasser mit Spülmittel zu haben und im linken klares heißes Wasser zum Nachspülen, sozusagen zwei Spülgänge. Ein anderer tropft Flüssigspülmittel auf den Spülschwamm und reibt damit direkt über die Teller und das Besteck, um die Teile ebenfalls hinterher unter klarem Wasser abzuspülen. So werde das Spülmittel noch besser genutzt, kann seine Wirkung voll entfalten.

Es gibt auch Klöster, wo nach dem Essen zwei Mönche, bzw. Nonnen den Tischen entlang gehen, zunächst mit einer Schüssel mit Wasser (und Spülmittel!) und dann mit einem Geschirrtuch, so dass jede/r am Tisch ihr/sein eigenes Besteck wäscht und abtrocknet und dann in die persönliche Serviettentasche gibt.
Jawohl – und alle diese Möglichkeiten wollen geklärt und auf ihre Vor- und Nachteile hin untersucht werden, ganz zu schweigen von der persönlichen Neigung zu der ein oder anderen Methode aufgrund jahrelang geübter Praxis. Wenn da nun in einer Hausgemeinschaft verschiedene „Spülmodelle“ aufeinander treffen und favorisiert werden, dann bedarf es gar nicht mehr theologischer Themen, um zu angeregten Diskussionen zu kommen...