„Pater Alois, könnten Sie nicht bei
uns die Kindermette halten?“ So fragt mich die Frau, die mit ihrem
Sohn, einem Erstkommunionkind, vorbei gekommen war. Spontan ermutige
ich sie, wie in den vergangenen Jahren auch, einen Wortgottesdienst
zu feiern, bei dem nicht unbedingt ein Priester gebraucht wird. Und
ich versuche ihr gleichzeitig Mut zu machen: „Sie können das!“
„Aber die Kinder hören bei Ihnen halt doch besser zu“. Natürlich
fühle ich mich ein wenig geschmeichelt, lasse mich aber nicht
überreden.
Ein paar Tage später eine andere Frau
aus einer anderen Gemeinde am Telefon: „Haben Sie im Advent viel
Stress, P. Alois?“ „Was heißt Stress?“ „Ich wollte Sie
fragen, ob Sie nicht eine Adventsandacht mit den Firmlingen bei uns
im Käppele halten könnten“. Auch hier habe ich ohne langes
Überlegen der Frau gesagt, dass es gar nicht schlecht ist, wenn die
Kinder die Erfahrung machen, dass es auch einen Gottesdienst ohne
Priester geben kann, dass sich Menschen auch einfach so zum Gebet
versammeln können.
Das Überlegen begann dann hinterher...
Warum habe ich so und nicht anders reagiert?
Es war nicht aus Sorge, dem Pfarrer ins
Gehege zu kommen. Wir verstehen uns gut und ich meine, er hätte
nichts dagegen, wenn ich zu den Anfragen ja gesagt hätte. Über die
erste habe ich auch im Nachhinein mit ihm gesprochen. Außerdem hat
er mit seinen sechs Pfarreien ja ohnehin genug Termine.
Abgesehen davon, dass ich mich über
solche Anfragen freue, sind sie fast eine Versuchung für mich. Da
ich einfach gerne mit Kindern und Jugendlichen zusammen bin und
versuche, mich in ihre Welt hinein zu versetzen und sie auf dieser
Basis anzusprechen. Wobei ich stets am lernen und für solche
Gelegenheiten dankbar bin.
Und was ist besser? Klar finde ich es
wichtig, wenn Kinder und Jugendliche mit einem Priester zusammen
kommen. Das ist ja inzwischen alles andere als selbstverständlich.
Wie oft habe ich die Klage über die fehlenden (jungen) Kapläne in
den Pfarreien gehört, die früher dort Jugendarbeit gemacht haben
und begeistern, mitreißen konnten. Jetzt bekäme ich die Chance zu
der ein oder anderen Begegnung und nehme sie nicht wahr...
Terminlich bin ich zwar insgesamt recht
gut eingedeckt, aber natürlich ließe sich etwas arrangieren.
Und doch habe ich abgelehnt... Richtig?
Hat es mit Erfahrungen aus meiner Zeit
in Madrid zu tun? Bei der Reflexion unserer Arbeit mit Immigranten
haben wir viel über „Paternalismus“ einerseits und „empowerment“
andererseits nachgedacht. Unser Einsatz, unsere Hilfe sollte keine
Abhängigkeiten erzeugen, sondern im Gegenteil den anderen zur
Selbständigkeit helfen. Nach wie vor bin ich von diesem Ansatz
überzeugt. Manchmal erfordert er ein „inneres Loslassen“: es
täte ja so gut, gelobt und gebraucht zu werden. Auf der anderen
Seite ist es aber nicht so, dass diese Art und Weise des Einsatzes
„unbelohnt“ bliebe. Wie schön ist es, wenn Menschen lernen,
eigene Wege zu gehen.
Und wie viel Potential ist in unseren
Gemeinden da. Immer neu gerate ich ins Staunen darüber und bin
dankbar. Und voller Hoffnung im Blick auf die Zukunft.
Und ich meine, dass damit nicht
Berufungen vermischt werden. Vielleicht sind gerade Anfragen wie die
oben erwähnten ein Indiz dafür. Und als Brüder und Schwestern im
Volk Gottes suchen wir gemeinsam, wie wir einander in unserer je
eigenen Berufung, mit den uns von Gott geschenkten Charismen dienen
können.