Sonntag, 15. November 2015

bereit

Predigt am 15.11.2015 - Mk 13,24-32 – 33.So B

Liebe Brüder und Schwestern,

in zwei Wochen beginnt der Advent. Und schon heute geht es im Evangelium um das Ende der Welt. Der Advent hat eben auch damit zu tun, weil wir uns nicht nur auf Weihnachten vorbereiten, sondern auf die Wiederkunft Jesu. Etwas, das wir im Normalfall nicht so bedenken. Obwohl wir es doch jeden Sonntag bekennen: „Deinen Tod o Herr verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit“. Es tut gut, sich zwischendurch daran zu erinnern, nicht nur, um das eigene Leben mit größerer Ernsthaftigkeit und mehr Tiefgang zu leben. Sondern auch um sich selbst vor einer Kultur des Selber-Machens zu bewahren. Klar habe ich Verantwortung für mein Leben. Aber ich lebe auf einen hin, der auf mich zukommt. Unsere alltäglichen Begegnungen mit Jesus bereiten uns auf die endgültige Begegnung mit ihm vor.

Ich möchte Ihnen und Euch heute von zwei Menschen erzählen, die das verstanden haben, ein Mann und eine Frau.
Zuerst der Mann, weil der vor langer Zeit gelebt hat, nämlich im 16. Jahrhundert. Vorgestern, am Freitag, stand sein Name im Kalender, Stanislaus Kostka.
Er stammte aus polnischem Adel und wurde zur Erziehung nach Wien zu den Jesuiten geschickt. Und es gefiel ihm dort, so sehr, dass er überlegte, selbst ein Jesuit zu werden. Sein Chef in Wien, der Obere der Jesuiten, hatte jedoch Angst vor dem adeligen Vater in Polen, der wohl andere Pläne für seinen Sohn Stanislaus hatte. Mit dem wollte P. Maggi sich nicht anlegen.
Also floh Stanislaus Richtung Augsburg zu Petrus Canisius und weil er den dort nicht fand, weiter nach Dillingen, wo Canisius, ebenfalls ein Jesuit, sich aufhielt. Weil der Stanislaus auch in unserer Gegend war, hat er einen besonderen Platz im Augsburger Heiligenkalender.

Stanislaus blieb also eine Zeit in Dillingen und wurde dann nach Rom geschickt, um wirklich in die Gemeinschaft der Jesuiten aufgenommen zu werden, nach dem Urteil des Canisius schien er sich zu eignen. „Wir erwarten große Dinge von ihm“ schrieb er. Stanislaus hatte sich schon in Wien dadurch ausgezeichnet, dass er nicht jeden Blödsinn seiner Mitschüler mit machte, weswegen er auch allerhand Spott einstecken musste.
Also jetzt auf nach Rom. Und da ergab es sich, dass Petrus Canisius ebenfalls dienstlich dorthin kam und gebeten wurde, für die Jesuiten-Novizen, zu denen Stanislaus ebenfalls gehörte, einen Vortrag zu halten. In diesem Vortrag am 1. August 1568 sagte Canisius den jungen Männern, unter denen auch Stanislaus war: „Das Mittel, um einen Monat vorteilhaft und glücklich zu zu verbringen ist, dass man sich einrede und gleichsam glauben mache, es sei der letzte Monat auf Erden“. Dieser Satz schlug bei Stanislaus ein. Vierzehn Tage später starb der knapp 18jährige, der eigentlich gesund schien. Er hatte den Eindruck, die Worte des Canisius seien für ihn gesprochen worden.

Was wir im Evangeliumsabschnitt des heutigen Sonntags gehört haben ist die Antwort Jesu auf die an ihn gerichtete Frage: „Sag uns, wann wird das geschehen, und an welchen Zeichen wird man erkennen, dass das Ende von all dem bevorsteht?“(V.4). Mit den Zeichen ist es nicht so einfach und eindeutig, trotz Feigenbaum. Also bereit sein! Stell Dir vor, Du hättest nur noch diesen Monat.

So, jetzt noch zur Frau. Die lebt noch. Vor vielen Jahren habe ich sie kennen gelernt und im Heiligen Jahr 2000 waren wir gemeinsam mit einer größeren Pilgergruppe in Rom, sie mit damals 75 Jahren schon etwas wacklig. Und ab und zu mussten wir etwas langsamer gehen, damit sie mit kam.
Seit etwa sechs Jahren lebt nun die alte Dame im Altenheim in Geretsried und bekam vor kurzem eine Krebsdiagnose. Also rief sie an und sagte: „P. Alois, am 18. November muss ich ins Krankenhaus einrücken. Und ich möchte vorher einfach noch eine Lebensbeichte ablegen, reinen Tisch machen“. Natürlich schlug ich ihr vor, dafür den Wohnortpfarrer zu bitten, aber das wollte sie nicht. Die alte Dame hat durchaus ihren eigenen Kopf.
So erklärte ich ihr, dass das für mich jetzt doch auch nicht der nächste Weg wäre, nach Geretsried bei Starnberg. „Nein, nein, mir steht ein bestimmter Betrag für eine Taxifahrt im Monat zu, da kann ich zu Ihnen ins Baumgärtle kommen.“ Und so kam sie, am vergangenen Donnerstag, den Rollator im Kofferraum des Taxis. Meiner Ansicht nach völlig klar im Kopf, obwohl sie von irgendeinem Arzt, der sie wohl gar nicht persönlich gesehen hat, als dement eingestuft wurde.

Nebenbei hat sie sich dann auch gleich nach den Beerdigungskosten erkundigt.
Menschen wie sie und Stanislaus Kostka machen mich nachdenklich, nötigen mir Respekt ab und lassen in mir auch den Wunsch nach einem bewussten und entschiedenen Leben wachsen. AMEN