Montag, 31. Dezember 2018

Krippe

In der Weihnachtszeit stellen wir im Eingangsbereich unseres Missionshauses, in der sogenannten Tschenstochaukapelle, eine große Weihnachtskrippe auf. Dies fordert uns jedes Jahr neu und – so mein Eindruck – immer mehr heraus.

Nachdem Br. Anton einen blauen Vorhang als Hintergrund der Krippenlandschaft aufgehängt hat, hinter welchem während der Weihnachtszeit das Tschenstochau-Bild „verschwindet“, geht es an den Aufbau in mehreren Schritten.

Zuerst der Unterbau: vier Holzböcke, zwei große und fünf kleine Balken müssen zusammengestellt und zum Teil mit langen Schrauben, welche in vorgebohrte Löcher gesteckt werden, verbunden werden. Trotz eines gezeichneten Plans tun wir uns schon damit nicht so leicht. In diesem Jahr lag es daran, dass einer der beiden langen Balken verkehrt herum lag, dass es zunächst nicht ganz passen wollte.
Auf den Unterbau stellen wir die Teile der Krippenlandschaft. Ihr Gewicht fordert Br. Anton und mich mehr und mehr heraus. Die Teile lagern das Jahr über im Keller und wir sind heilfroh, dass wir einen Aufzug im Haus haben, in welchen wir die Teile bugsieren können. Aber ganz ohne Tragen geht es nicht. Dabei hörte ich, dass früher die Teile noch größer waren und später noch einmal zu kleineren zerlegt wurden. Unvorstellbar! Diese schweren Teile müssen nun auf den Unterbau gehievt werden, was außer der Kraft auch eine gewisse Trittsicherheit erfordert. Auch in diesem Jahr ist Gott sei Dank keiner dabei abgestürzt. Das Teil rechts hinten hing rätselhafterweise etwas nach unten – ein neues Phänomen. Dem wir nicht anders beikommen konnten, als zwei Holzlatten zu unterlegen.

Nächster Schritt: jetzt kommt der Krippenbauer. Er hat vor Jahren die Teile gestaltet, geschreinert und wir freuen uns, dass er schon seit Jahren die Feinarbeit übernimmt: also Moos auslegen, Steine... Und dann die Figuren aufstellen. Als Tobias die Krippe gebaut hat, war er noch Student, inzwischen ist er Familienvater und hat drei Kinder. Zwei davon haben ihren Papa diesmal beim Krippenbauen unterstützt. Dieses Jahr gibt es eine Neuheit: auf der rechten Seite bildet ein gemaltes Bild den Abschluss. Tobias hat es geschenkt bekommen und gedacht, das könnte gut zu unserer Krippe passen. Mir hat es zwar nicht gefallen, aber schließlich ist ja Tobias der Krippenbau-Künstler. Ich kann damit leben, weil der größte Teil des Bildes durch die Aufbauten verdeckt ist.

Letzter Teil: die Elektrik! Mein Vorgänger und Auftraggeber der Krippe ist ein begabter Elektriker und technisch in allen Bereichen versiert. Es leuchten also nicht nur an verschiedenen Stellen Lämpchen und Lampen, sondern es lässt sich auch ein Taster betätigen, der zum Abspielen eines Hörstücks (Text und Musik) führt. Vor mehr als 20 Jahren war ich der Sprecher bei der Aufnahme dieses Hörstücks. Und werde heute bisweilen angesprochen: „Ist das Ihre Stimme? Die klingt so jung!“ Okay, ich weiß, es sind wie gesagt mehr als 20 Jahre vergangen. Das Wasser beim Brunnen in der Krippe fließt nicht mehr. Da gab´s irgendwo eine undichte Stelle – deswegen haben wir das aus dem Programm genommen.

Als die Elektriker, ein Vater mit seinem Sohn, kamen, ließ sich zunächst die Flügeltür nicht öffnen, was nötig ist, um unter der Krippenlandschaft die Kabel zu verbinden und einzustecken, damit die Technik auch funktioniert. Irgendwann gelang es doch.

Und so steht, trotz einiger Pannen, irgendwo auch wie ein Symbol für manche andere Tätigkeit im Lauf des Jahres, auch in diesem Jahr unsere Krippe und kann bewundert werden.

Samstag, 15. Dezember 2018

Weihnachten

Es war die verstörend-bestürzende Erfahrung von Chiara Lubich, der Gründerin der Fokolar-Bewegung, als sie in der vorweihnachtlichen Zeit durch die Einkaufsstraße einer europäischen Großstadt ging: wunderschöner Schmuck überall, prächtige Dekorationen in den Schaufenstern... Aber Jesus? Der, um den es an Weihnachten geht, bei dem „Weihnachten“ seinen Ursprung hat: er war nicht zu sehen, nirgends zu finden.

Kinder aus der Fokolarbewegung engagieren sich seit Jahren, um dem gegenzusteuern. Sehr beliebt bei den Kindern ist etwa, kleine Jesus-Figuren aus verschiedenem Material zu gießen und diese dann an verschiedenen Stellen zu verteilen: in den Vorräumen von Kirchen, aber auch in Fußgängerzonen. Eine kleine Jesus-Kind-Figur von einem Kind überreicht ist eine unaufdringliche Einladung, sich an die Wurzel von Weihnachten zu erinnern.

Am vergangenen Donnerstag war ich abends in Mindelheim. Da ich einen Termin um 19.00 Uhr hatte, machte ich mich vorher auf den Weg, um das Weihnachtsmusical der Maria-Ward-Schule anzusehen. Um 17.00 Uhr und noch einmal um 19.00 Uhr führten die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer dieses Musical auf, vor allem für die Familien, Eltern, Geschwister und Großeltern der Schüler.

Abgesehen von der beeindruckenden Leistung – es gab eine Bläser-, eine Streicher-, eine Gitarren- und eine Flötengruppe, einen riesigen Chor und hervorragende Schauspielerinnen, war ich von der Tatsache berührt, dass die Weihnachtsbotschaft auf diese Art und Weise vermittelt wurde. Fast ein klein wenig Genugtuung kam in mir auf: die Weihnachtsgeschichte ist so brillant, dass sie nicht so schnell unter zu kriegen oder auszulöschen ist.

Und ich erlebte ja jetzt nur die Aufführung. Was mag da für eine gewaltige Probenarbeit dahinter stecken? Und ob nicht die Kinder und Jugendlichen die ein oder andere eingängige Melodie auch auf dem Schulweg weiter vor sich hin geträllert haben? Irgendetwas bleibt, sickert sanft ein ins Leben derer, die vielleicht nicht häufig eine Kirche von innen sehen mögen.

Tags darauf feierte ich mit einer Familie auf dem Friedhof die Urnenbeisetzung des Onkels bzw. Großonkels und anschließend das Requiem für ihn in unserer Wallfahrtskirche. Im Vorfeld hatte ich angeregt, ob nicht jemand aus dem Familienkreis Fürbitten formulieren und während der Eucharistiefeier sprechen möchte. Die Nichte des Verstorbenen, eines allein stehenden Mannes, stimmte zu. Und zwei jüngere Frauen traten dann nach meiner Homilie ans Ambo und – dankten zunächst einmal Gott für den Onkel und sein Leben, bevor sie dann auch noch zwei Bitten aussprachen.

Und ich fand das höchst passend und außerdem sehr gut formuliert. So dass ich die eine der beiden Frauen, die sich hinterher fast entschuldigen wollte, weil das keine „klassischen Fürbitten“, auf die mit „wir bitten dich, erhöre uns“ zu antworten gewesen wäre, schnell beruhigte und mich bei ihr bedankte für die Art, wie sie gebetet hatten.

Abgesehen davon, dass ich mir weiter Gedanken mache, wie dieses Erlebnis Liturgiegestaltung beeinflussen könnte, bzw. die Einbeziehung von Mitfeiernden, war da auch wieder so ein Gefühl von: „Gott, du bist da! Vielleicht manchmal ein wenig verborgen und nicht so `klassisch´, wie wir es lange gewohnt waren, aber du bist da, gegenwärtig“. Weihnachten!

Freitag, 30. November 2018

Reisen mit der Bahn

Vorneweg: ich fahre – immer noch – gerne mit der Bahn. Obwohl...

Im Oktober stieg ich in Kassel-Wilhelmshöhe in den Zug und hörte dann die Durchsage: „wir bitten die zugestiegenen Fahrgäste wieder auszusteigen“. Der Zug war zu voll! Und der Zugbegleiter wollte bzw. konnte ihn so nicht abfahren lassen. In diesem Fall war ich nicht folgsam. Denn meine geplante Ankunft in Mindelheim war 18.37 Uhr, um 19.30 Uhr hatte ich einen Termin zu Hause. Es hat geklappt!

Anfang November bin ich nach Breslau gereist. Die Schwierigkeiten begannen mit dem ersten Zug. Der Regionalexpress von Mindelheim nach München hatte gut zehn Minuten Verspätung. Mit zwei anderen Leuten zusammen rannte ich am Münchner Hauptbahnhof vom Flügelbahnhof in die Bahnhofsmitte. Der ICE stand noch da. Aber die Tür ging nicht mehr auf. Mitleidig lächelte uns der Zugbegleiter durch die Scheibe in der Waggontür an. Und der Zug fuhr ab! Kurz entschlossen nahm ich den nächsten Zug nach Berlin. Dank einer Flex-Preis-Karte ging das. In Berlin HBF dann Besuch im Reisezentrum. Das heißt, eine Nummer ziehen und warten („ca. 10 Minuten Wartezeit“). Ich bekam eine neue Verbindung und hatte damit noch eine halbe Stunde Zeit, um einen Kaffee am Bahnhof zu trinken. Auch nicht schlecht. Weiter ging es mit einem polnischen IC von Berlin nach Poznan. Dummerweise wurde es nicht warm in dem Abteil, in dem ich saß. Obwohl der Zugbegleiter auf dem Display die Temperatur nach oben setzte. In der Wirklichkeit hatte das keine Konsequenzen – es blieb kalt. In Poznan klappte es mit dem Anschluss nach Breslau. Allerdings blieb der Zug dann immer wieder einmal ungeplant stehen, einmal recht lange. Schlussendlich hatte er 45 Minuten Verspätung. Und ich war ja ohnehin schon später dran durch den verpassten Zug in München. Also kam ich anstatt um 20.08 Uhr um 22.55 Uhr in Breslau an. Wieder zu Hause füllte ich das Fahrgastrechteformular aus und bekam inzwischen die Kosten (Hälfte des Fahrkartenpreises) erstattet.

Auf dem Rückweg fuhr ich mit Sparpreis. Diesmal zunächst mit dem IC-Bus von Breslau bis Berlin. Der Bus fuhr mit geringfügiger Verspätung ab und ich war beeindruckt von der Reisegeschwindigkeit. Ich hatte den Eindruck, dass wir meist auf der Überholspur der Autobahn waren, der Busfahrer zog an den langsameren LKWs vorbei. Beim Zufahren auf Berlin wurde mir jedoch klar, dass ich den Anschlusszug in Berlin-Südkreuz nicht mehr bekommen würde. Dem war dann auch so. Also dort ins Reisezentrum. Diesmal ohne Nummer-Ziehen und angezeigte Wartezeit. Aber oh Schreck: eine lange Warteschlange und nur zwei Schalter geöffnet. Und ich sah auf dem Fahrplan die Abfahrtszeiten der nächsten Züge Richtung München. Diesmal war die geplante Ankunft 23.27 Uhr. Und ich wollte ja noch irgendwie an diesem Tag heim kommen.

Endlich kam ich an die Reihe. Und bekam eine Super-Verbindung von Berlin-Südkreuz nach München - ohne umzusteigen. Ursprünglich hätte ich in Erfurt und Augsburg noch einmal den Zug wechseln müssen. Also nahm ich den schnellen ICE, der ziemlich pünktlich in München ankam, so dass ich bequem zum Anschlusszug Richtung Buchloe-Memmingen kam.

Geplant war, dass mich in Mindelheim P. Ferdinand abholt. Er war an diesem Tag in Frankfurt/M. und hatte das Auto am Bahnhof in Illertissen stehen lassen. Im Idealfall hätte er von dort nach Mindelheim fahren, kurz auf mich warten und dann zusammen mit mir nach Baumgärtle fahren können. Allerdings hatte er Verspätung. Und zwar so viel, dass ich mich in seinem und meinem Interesse entschloss, ein vor dem Mindelheimer Bahnhof stehendes Taxi in Anspruch zu nehmen und damit nach Hause zu fahren. Die an sich geringen Reisekosten für die Rückfahrt (wegen des Sparpreises) stiegen damit zwar wieder beträchtlich an. Aber ich war um Mitternacht daheim.

Donnerstag, 15. November 2018

Beichtdienst

Zu meinen Hauptaufgaben hier in Maria Baumgärtle gehört der Beichtdienst. Bis auf Dienstag ist jeden Tag Beichtgelegenheit. Die auch genutzt wird. Nicht jeden Tag in gleichem Umfang, aber doch so, dass immer einer von uns Patres im Dienst ist.

Die Menschen kommen – im Normalfall mit dem Auto, wir liegen ja doch etwas „abseits“ - und drücken eine Taste neben dem Beichtstuhl in der Hauskapelle. (Also nicht „drive in“: sie sind natürlich vorher aus dem Auto ausgestiegen und in die Kapelle gegangen.) Durch den Tastendruck beginnt ein eigens diesem Zweck gewidmetes Schnurlos-Telefon zu läuten, welches der „Dienst habende Pater“ im Idealfall neben sich liegen hat. Das Läuten muss quittiert werden und in der Hauskapelle hört der oder die Wartende: „der Beichtstuhl wird in Kürze besetzt“. Eine sehr elegante Form, obwohl die Technik nach einigen Jahren Gebrauch inzwischen manchmal etwas schwächelt.

Ja und wenn ich Dienst habe, dann mache ich mich bald nach dem Quittieren am Telefon auf den Weg zum Beichtstuhl. Manchmal bedeutet das, eine Arbeit liegen lassen zu müssen. Oder aus einem Gedankengang heraus gerissen zu werden. Auf der anderen Seite lese ich immer wieder von Ratschlägen für die Gesundheit von Menschen, die einen Schreibtisch-Arbeitsplatz haben. „Immer wieder zwischendurch aufstehen, ein paar Schritte gehen etc.“ wirkt sich positiv auf die Gesundheit des Menschen aus. Der Beichtdienst verhilft mir genau dazu.

Neulich führte ich ein Telefongespräch mit einer Frau, als neben mir das „Beichthandy“ (so nennen wir das besagte Schnurlos-Telefon hier im Jargon, es beichtet natürlich niemand via Handy!) läutete. Und ich war sehr dankbar dafür, das Gespräch am Telefon mit dem Hinweis auf den anstehenden Beicht-Einsatz beenden zu können. „Entschuldigen Sie bitte, da möchte jemand beichten, ich muss gehen, wir müssen unser Gespräch beenden“, so sagte ich meinem Gegenüber am Telefon. Worauf dieses mir antwortete: „dann nehmen Sie auf jeden Fall ein großes Herz mit!“, was ich sehr schön fand. Und was ich mir selbst jetzt manchmal sage: „nimm ein großes Herz mit!“
Das könnte auch ein Hinweis von Papst Franziskus gewesen sein.

Regelmäßig bete ich auf dem Weg von meinem Schreibtisch zum Beichtstuhl in der Hauskapelle, es geht ein paar Treppenstufen hinunter, um den Heiligen Geist. Um mein Gegenüber richtig zu verstehen, gut zuhören und reagieren zu können.

Manchmal staune ich dann über das, was ich einem/r Beichtenden gesagt habe. Voller Dankbarkeit, weil das offensichtlich gepasst hat und weil ich das ja im Vorhinein nicht planen konnte.

Und natürlich bin ich regelmäßig der Beschenkte, wenn ich am Leben und Ringen meiner Brüder und Schwestern Anteil bekomme. Gestern waren drei Frauen hier, Freundinnen, die sich miteinander auf den Weg gemacht hatten, eine Stunde Autofahrt hinter sich hatten für ihre „Beicht-Wallfahrt“. Vielleicht ist die Beichte einer der wenigen Vollzüge für viele Christen geblieben, das eigene Alltagsverhalten im Hinblick auf Gott zu reflektieren. Vieles geschieht natürlich auch in der persönlichen Reflexion. Aber das dann auszusprechen hat noch einmal eine eigene Dynamik und Wirkung.

Es ist ein wunderschöner Dienst. Und ich habe den Eindruck, dass die Leute aus einem größeren räumlichen Umfeld hierher kommen, um sich in der Beichte beschenken zu lassen...

Regelmäßig kommt es auch vor, dass einer der Mitbrüder, den ich um den Beichtdienst gebeten hatte, das dann vergisst. Und dass ich einspringe. Was ich – wenn zeitlich irgendwie möglich – gerne tue.

Mittwoch, 31. Oktober 2018

unterwegs

Ich bin unterwegs nach Pfaffenhausen zum Zahnarzt. Und zwar zu Fuß, weil ich auf dem Rückweg das Auto bei der Werkstatt abholen möchte, wo ich es am Vortag abgestellt hatte (TÜV und Reifenwechsel).

Nach einer Stunde erreiche ich den Ort Unterrieden. Wo mir ein Mann begegnet, der mit Rollator unterwegs ist und sich offensichtlich darüber freut, einem anderen Menschen zu begegnen. „Woher kommt denn dieser Mann?“, spricht er mich an. „Aus Maria Baumgärtle“ antworte ich. „Was, aus Baumgärtle!“ sagt er und kneift etwas die Augen zusammen, um mich genauer anzusehen. „Ach das ist ja der Pater, der Pater...“ fährt er fort. Und nachhelfend ergänze ich: „der Pater Alois, ja“.

Und dann plaudern wir ein wenig. Er erzählt mir, dass er einen Beckenbruch hatte, im Krankenhaus und anschließend auf Reha war und schließlich zu Hause gut von seiner Frau gepflegt wurde. Dafür ist er offensichtlich sehr dankbar, genauso wie für die Möglichkeit, jetzt wieder – wenn auch mit Rollator – ein wenig gehen zu können.

Wir verabschieden uns und mir geht unsere Begegnung beim Weitergehen und auch in den folgenden Tagen nach. Ich hatte den Eindruck, mein Gegenüber hat sich über unsere Begegnung gefreut. Und in mir selbst nehme ich ebenso Freude war. Es tut gut, sich zu begegnen.

Und schon öfter, wenn ich mir den Luxus leistete, zu Fuß oder mit dem Fahrrad etwa zur Feier der heiligen Messe in einen Nachbarort zu gelangen, genoss ich es, hier zu grüßen bzw. gegrüßt zu werden, dort kurz stehen zu bleiben, mit Menschen in Kontakt zu kommen.

Eine Form der Seelsorge, die dem Pfarrer einer Pfarreiengemeinschaft mit (wie bei uns) neun Pfarreien nicht mehr so ohne weiteres möglich ist. Zwangsläufig ist angesichts der vielen Termine das häufigste Fortbewegungsmittel das Auto.

So sehr ich mich darüber freue, wenn Menschen die Begegnung mit mir (als Pater/Priester) als etwas „Besonderes“ einzustufen scheinen, so sehr wünschte ich mir, dass viele Begegnungen unter Menschen als heilsam und hilfreich empfunden würden. Jesus hat seine Gegenwart verheißen, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind (vgl. Mt 18,20), er hat nicht davon gesprochen, dass einer davon ein besonderes Amt in der Kirche haben muss.

Auf der einen Seite bin ich davon überzeugt, dass vieles in diesem Bereich ohnehin, ganz unreflektiert geschieht. Gerade in unseren Dörfern ist – allen Unkenrufen zum Trotz – noch vieles an Begegnungs- und Beziehungsqualität vorhanden. Auf der anderen Seite muss eben das gepflegt werden.

Und da dürfen vielleicht gerade Christ/inn/en besonders sensibel sein. Nicht um „penetrant“ den lieben Gott mit vielen Worten ins Spiel zu bringen. Aber doch, indem sie ihre Begegnungen im Bewusstsein seiner Gegenwart gestalten.

Ein Referent in unserer Begegnungsstätte meinte vor kurzem, dass es im angelsächsischen Bereich weniger Hemmungen gäbe, über Krankheiten zu reden und um Heilung zu beten. Vielleicht haben wir in unseren Breiten da tatsächlich Nachholbedarf und ist manches ausbaufähig.

Es geht mir – wohlgemerkt – gar nicht so sehr um die Etablierung irgendwelcher organisierter Heilungsgottesdienste. Sondern z.B. um die schlichte Zusicherung, die Menschen einander aussprechen: „ich bete für dich!“.

Wenn das „normal“ ist, dann könnten sich tatsächlich auch Menschen miteinander in ihrer Kirche vor Ort treffen, die Anliegen ihrer Mitchristen vor Ort sammeln, benennen und im Gebet vor Gott hintragen. Wie gut täte das...

Montag, 15. Oktober 2018

Ordenstag

Auch der neue Ordensreferent der Diözese Augsburg bestätigte es: „das ist einzigartig“. Der Landrat des Landkreises, also ein „Politiker“, lädt die Ordensleute aus dem Landkreis einmal im Jahr ein. Dieses Jahr fand also der 27. Unterallgäuer Ordenstag statt. Wie gewohnt in Ottobeuren.

Es war am 7. Oktober, aber die Veranstaltung wurde nicht im Rahmen des bayrischen Wahlkampfes missbraucht. Bezug genommen wurde natürlich darauf, dass genau eine Woche vor den Ordensleuten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am selben Ort war (ihr einziger Auftritt in besagtem Wahlkampf).

Die äußere Struktur des Ordenstages ist über die Jahre hin gleich geblieben. Die Ordenschristen versammeln sich im Kaisersaal der Benediktinerabtei, werden von Landrat und Bürgermeister begrüßt und hören ein Referat. Das Ganze wird musikalisch umrahmt. Dazu später...
Der zweite Teil ist die gemeinsam gesungene Vesper in der Basilika.
Und schließlich geht es zum Abendessen wieder in die Abtei – Teil drei.

Für die musikalische Umrahmung von Teil zwei war diesmal eine Familie aus Ottobeuren eingeladen. Der Vater und die fünf Söhne musizierten mit großer Qualität und Freude (Klavier, Trompete, E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug), und die kleine Tochter bekam bei dem ein oder anderen Stück eine Triangel oder ein „Rassel-Ei“ in die Hand gedrückt und machte mit. (Die Mutter filmte mit dem Handy).

Zwischendurch kommentierte der Vater das ein oder andere Musikstück. Ging es bei „Angels“ von Robbie Williams noch darum, ob das eine Anspielung auf die Schutzengel der anwesenden Ordensleute sei oder auf diese selbst, so zog der Vater bei einem anderen Stück (war es die „Skyfall“- Melodie des James-Bond-Films?) den englischen Text aus der Tasche und interpretierte ihn auf Ordensexistenz hin.

Besonders in Erinnerung sind mir die kommentierenden Worte zur Titelmelodie von „Titanic“ geblieben: „bei diesem Film geht es um Liebe und Leidenschaft – und das hat doch mit Ihrem Leben als Ordensleute zu tun“ - so sagte der sechsfache Familienvater zu den anwesenden Ordensleuten.

Für mich war der Nachmittag eine Erfahrung von Kirche! Bei dem die Ordensleute durch die anwesende Familie an ihre Berufung erinnert und in dieser gestärkt wurden.

Hatte doch der Referent vorher in seinem Vortrag vom Gespräch mit einem afrikanischen Priester erzählt. Der Priester aus Afrika war schon öfter im Sommer zur Aushilfe in unserem Bistum. So dass der deutsche Priester ihn fragte: „wie denkst Du über uns hier? Wie siehst du die deutsche Kirche?“ Antwort des Afrikaners: „Ihr seid ein lebendiges Museum“.

Das hörten wir Ordensleute, im ehrwürdigen Kaisersaal der Abtei Ottobeuren sitzend und wurden eben dann genau durch die Familie mit ihren Kindern und durch die Worte des Vaters an das tatsächliche Leben erinnert. So geht Kirche...

Sonntag, 30. September 2018

Schlafen und Beten

Sind Sie schon einmal beim Beten eingeschlafen? Ja? Nein? Schade...

Wenn es vorkommt, sind die Reaktionen der Menschen verschieden. Hängt wohl auch noch von Ort und Situation ab, klar. Öffentliches Schnarchen wird natürlich peinlich. Aber auch sonst leidet die ein oder andere unter dem Einschlafen beim Beten oder ärgert sich über sich selbst. Bzw. bekommt gar Gewissensbisse...

Und ich möchte jetzt nicht einfach jemandem seine Gewissensbisse nehmen. Wenn Du dem lieben Gott nur solche Zeiten zur Verfügung stellst, die eigentlich „Un-Zeiten“ sind, dann ist das zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Eventuell kann das Einschlafen auch mit einer Apnoe zusammen hängen, die im Schlaflabor untersucht gehört. Beim Urlaub in der Schweiz las ich mit leichtem Schmunzeln in der Zeitung die sorgenvollen bzw. auch belustigten Artikel über einen Bundesrat, der wohl beim Parlamentssitzungen hin und wieder einnickt. Wie mag es um sein Gesundheit bestellt sein?

Etwas anders ist es bei solchen, die nicht einschlafen können und deswegen Rosenkranz beten. Rosenkranz als Schlafmittel? Okay, kann man drüber reden. Es ist wohl auf jeden Fall gesünder als Alkohol und unter Umständen sinnvoller als Fernsehkonsum. Die Situation ist jedoch hier eine andere: da will ja jemand einschlafen.

Was jedoch, wenn ich beten möchte und dabei einschlafe?
Papst Franziskus gibt zu, dass ihm so etwas passiert, dass er vor dem Tabernakel einnickt.

Und ich meine, für manche Beterinnen und Beter, die sich über ihren Gebetsschlaf grämen, könnte ein wenig Nachdenken über ihr Gebet angebracht sein. Worum geht es beim Beten, worauf kommt es an?
Leider scheint sich der in unserer Gesellschaft übliche Leistungsdruck für manche auch mit dem Beten zu verbinden. Je mehr, je länger, desto besser. Was gibt es nicht alles für Anliegen, die ins Gebet genommen, vor Gott gebracht werden wollen! Man wird ja gar nicht mehr fertig damit. Ach, wie ärgerlich und peinlich, wenn ich dann darüber einschlafe. Was mag denn der liebe Gott über mich denken, von mir halten? In seinen Augen scheine ich es nicht so ernst zu nehmen...

Tja, und was denkst denn Du über den lieben Gott, wie stellst Du ihn Dir vor?
Der hl. Ignatius empfiehlt eine mehrteilige Gebetsvorbereitung. Zum einen wähle ich mir sorgfältig den Ort und die Zeit und die Körperhaltung für mein Gebet. Und dann – ganz zu Beginn – mache ich mir die Gegenwart Gottes bewusst. Ich erinnere mich daran, dass Gott mich anschaut, mich, sein geliebtes Geschöpf. Diese Vorbereitungsschritte sind hilfreich für das Gebet.

Und vielleicht gerade für den, der dabei einschläft. Denn dann kann ich mich ja beim Aufwachen, anstatt mich zu ärgern, darüber freuen, dass Gott mich auch während meines Nickerchens liebevoll angeschaut hat. Und vielleicht dringe ich sogar zu neuen Dimensionen des Betens vor. Dass ich gar nicht Gott davon überzeugen muss von dem, was er doch tun sollte, dass ich ihm nicht nur all meine Anliegen unterbreiten muss. Sondern dass ich mich beim Beten schlicht in seiner Gegenwart aufhalten darf, von ihm angeschaut. Und eventuell hellhörig für ihn werdend. Für seine Anliegen, sein Leben...

In diesem Sinn wünsche ich Dir und Ihnen einen gesunden, erholsamen und spirituell Frucht bringenden (Gebets-)Schlaf. Frei nach Psalm 127,2: „Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“.

Samstag, 15. September 2018

Urlaub am Walensee

Zwei wunderschöne Urlaubswochen gehen zu Ende! In einem Ferienhaus von Schwestern in Amden oberhalb des Walensees in der Schweiz hatte ich mein Quartier, gemeinsam mit verschiedenen Schwestern, die auch zum Urlaub hier waren, und durfte von hier aus wandern.

Amden ist die flächenmäßig größte Gemeinde des Kantons St. Gallen und liegt zwischen gut 400 Meter, unten am See, und 2100 Meter – das ist der Leistchamm-Gipfel, auf dem ich vergangenen Mittwoch war.
Und es gibt hier auch ein Asylantenheim. Im Gemeindeblättchen las ich von den über 2000 Arbeitsstunden, welche Asylsuchende im Gemeindedienst gearbeitet haben: bei der Befestigung von Bergwegen, bei der Renovierung des Hallenbades...

An einigen Nachmittagen ist im Asylantenheim „Bergruh“ ein Cafe geöffnet und einige der Urlaubsschwestern waren dort. Und berichteten danach ganz beeindruckt von ihren Begegnungen.
Da war der Mann, der ihnen erzählte, dass er von Beruf Arzt sei. Oder die Kinder, welche mit Straßenkreiden gemalt hatten. Deswegen reichten sie den Schwestern zum Gruß nicht die Hand, sondern hielten den Unterarm hin. Und ein acht Monate altes Baby: ob das wohl auf der Flucht geboren wurde?

Heute wird in der Kirche der Gedenktag der Schmerzen Mariens begangen. Und zu den klassischen sieben Schmerzen Mariens gehört auch der, mit dem Kind Jesus nach Ägypten fliehen zu müssen, um sich vor Herodes in Sicherheit zu bringen. Die Kapelle im Centro Astalli, dem Flüchtlingszentrum der Jesuiten unweit der römischen Kirche Il Gesu hat als Titel: „fuga in egitto“, „Flucht nach Ägypten“. Wie gut, dass die Ordensfrauen bei den Geflüchteten waren. Und dass sie davon erzählen. Und damit wohl etwas gegen die vorherrschende Perspektive einbringen, ein Korrektiv. Weithin scheint an erster Stelle die Aufnahmekapazität von Zielländern zu stehen. Und selbst Papst Franziskus betont, dass es eine Verantwortung gibt, sich um Integrationsfragen zu kümmern. Natürlich reicht es nicht, die Grenzen zu öffnen. Allzu leicht gerät aber die Not aus dem Blick, welche Menschen in die Flucht treibt und welche sie dann unterwegs erfahren, wenn einseitig nur auf die Möglichkeiten der Aufnahmeländer geschaut wird.

Wahrscheinlich würden in Deutschland 20-30000 gut qualifizierte Alten- und Krankenpfleger sofort aufgenommen, zumal, wenn sie bereit wären, für einen geringen Lohn zu arbeiten. Aber darf der Umgang mit Menschen auf der Flucht so vordergründig nur von unserem Bedarf her betrachtet werden? Es geht um Menschen, nicht nur um wirtschaftliche Überlegungen.

Und hier konkret am Ort verbindet uns unser „Gast-Status“: wobei da Unterschiede bestehen zwischen dem Urlauber, der mit seinem Urlaubsgepäck (und mehr oder weniger viel Geld) hier ist und den Geflüchteten, die halt das Notwendigste von zu Hause mit nehmen konnten oder auch das noch unterwegs verloren haben.

„Gäste sind Einheimische auf Zeit“ - diesen Slogan las ich in einem Jubiläumsband über 100 Jahre Tourismus in Amden. Der Band erschien 2002, zum 100jährigen Jubiläum der Errichtung des örtlichen Fremdenverkehrsvereins. Ob wir den Mut haben, diesen auf Touristen gemünzten Slogan auch auf Geflüchtete anzuwenden?

Freitag, 31. August 2018

Moritz

Am vergangenen Sonntag bekam ich Besuch von Moritz. Er ist jetzt neun Monate alt und vor einem guten Monat, Anfang Juli, durfte ich ihn taufen. Dabei haben wir uns angefreundet. Er ist tatsächlich ein „Sonnenschein“, an seinem Tauftag sah ich ihn eigentlich nur lächeln. Sowohl bei der Feier in der Kirche, bei der er auch schon einmal meine Stola zu erhaschen versuchte, als hinterher beim Kaffeetrinken im Garten der Familie. Dort entstanden ein paar wunderschöne Fotos, welche mir Moritz Eltern vorbei bringen wollten. So kamen sie, die Eltern mit ihren beiden Kindern Louisa, jetzt fünf Jahre jung, und eben Moritz.

Und wieder, auch jetzt am Sonntag: Moritz am strahlen. Für Louisa war das etwas schwieriger. In unserem Haus mit „lauter Opas“, keine Kinder zum Spielen. Natürlich hatten die Eltern ein Buch zum Ausmalen und Farbstifte mit gebracht. Aber trotzdem...
Von einem früheren Pfarrfest hatte ich, aus der Sammlung der „Kinder-Preise“, noch einen Schmuck-Anhänger in Herzform, schön in einem edlen Schächtelchen verpackt, den ich Louisa schenkte, das traf wohl ihren Geschmack.

Moritz war am Sonntag irgendwann wieder bei mir auf dem Arm bzw. auf dem Schoß gelandet und strampelte sich von dort auf den Tisch, auf den ich ihn dann setzte. Wo es allerhand Interessantes für ihn gab. Das Ziehen an der kleinen Tischdecke verhinderte ich rechtzeitig, aber irgendwann erwischte Moritz meinen Serviettenring. Ein Zebra aus Holz, das mir einmal eine österreichische Ordensfrau aus Burkina Faso mit gebracht hat. Das Zebra ist schon etwas ramponiert, kaum mehr als solches zu erkennen. Zum einen hat es durch den langen Gebrauch seine Streifen verloren und sieht inzwischen eher einem Pferd ähnlich. Zum anderen habe ich einmal beim Versuch, mit einer großen Standbohrmaschine das Loch im Zebra-Bauch für die Serviette zu vergrößern, zu allerhand Verletzungen beigetragen.

Moritz erkundete das Holztier nicht nur mit seinen Händen, sondern auch bald mit seinem Mund. Nachdem da gerade Zähne hervor kommen – auch anderes hatte er schon in den Mund genommen. Und mit großer Kraft hielt er das Zebra fest, so dass ich ihn gewähren ließ. Jetzt erinnert also das Serviettenring-Zebra nicht nur an Sr. Christiane, sondern auch an Moritz. Andere Leute haben ja gar keinen Serviettenring. Aber für mich ist er jetzt ein doppeltes Erinnerungsstück...

Und dann – nanu, Überraschung – erlebte ich Moritz auch noch anders. In der Küche hörte ich Geräusche und wollte Moritz auch noch mit Sr. Teresa bekannt machen. Als er sie sah, senkte er jedoch „gschamig“ seinen Kopf, versuchte offensichtlich den Blickkontakt zu vermeiden. Und mein Versuch, nach zu helfen, scheiterte kläglich. Moritz schrie wie am Spieß. Und beruhigte sich erst wieder auf dem Arm seiner Mutter.

Die auch eine Erklärung parat hatte. Offensichtlich war der Schleier auf dem Kopf der Ordensfrau etwas, das der Kleine einfach nicht einordnen konnte. Dazu gab es die Parallel-Anekdote von der großen Schwester Louisa. Diese hatte einmal ihre Oma mit Kopftuch aus dem Stall kommen sehen und ebenfalls zu weinen begonnen. Obwohl sie ja ihre Oma kannte, war die „Frau mit Kopftuch“ offensichtlich für das kleine Mädchen eine andere.

Was mich im Hinblick auf „Nikolaus-Bräuche“ nachdenklich werden ließ. Bisher war ich nämlich ein Gegner davon, sich als Nikolaus-Darsteller vor den Kindern zu verkleiden. Ja, ich weigerte mich, wenn ich gebeten worden war. Nach dem Erlebnis mit Moritz und der dazu erzählten Anekdote kam ich jetzt ins Nachdenken. Und freue mich, immer wieder Neues von Kindern und ihren Eltern zu lernen...

Donnerstag, 16. August 2018

Ordensleutetreffen bei Verona

Die erste Augustwoche verbrachte ich in der Nähe von Verona bei einem Treffen von Ordensleuten, Frauen und Männern. Gott sei Dank „in der Nähe“ von Verona, denn das Bildungshaus der Diözese liegt etwas höher, was angesichts der Temperaturen ein großer Vorteil war.

Wir waren aus verschiedenen europäischen Ländern, vor allem aus Italien. Dazu ein englischer Benediktiner, zwei Brüder aus Frankreich, zwei Ordensmänner aus Spanien, zwei Franziskaner aus Slowenien, zwei Redemptoristen aus Polen, von denen jedoch einer seit drei Jahren in Rom lebt, je ein Eucharistiner aus Österreich und den Niederlanden, ich vertrat Deutschland, dann gab es noch einen Tansanier, der die letzten zehn Jahre in Kenia gelebt hatte und einen in Südafrika geborenen US-Amerikaner mit italienischen Wurzeln, der deswegen geradezu prädestiniert für die Übersetzungsaufgabe war.

Von den Italienern waren aber auch einige Missionare auf Heimaturlaub: zwei, die normalerweise in Brasilien leben, einer im Kamerun.
Bei der täglichen Eucharistiefeier standen jeweils drei Priester am Altar, an einem Tag waren solche dran, die einmal Missionare in Afrika waren. Und der Hauptzelebrant sagte am Anfang: „wir haben gerade noch in der Sakristei zusammen gezählt: zusammen haben wir drei 85 Jahre in Afrika verbracht“.
Eine wohltuend bunte Mischung gestandener Frauen und Männer, geistlicher Persönlichkeiten!

Lediglich am Samstag nachmittags nahmen wir uns frei. Die einen ruhten zu Hause aus, ein paar gingen wandern (das Bildungshaus liegt bereits im Naturpark Lessinia), wieder andere schwimmen und ich war mit ein paar anderen zusammen mit einem ortskundigen Ordensmann in Verona, wo ich bisher immer nur den Bahnhof gesehen hatte.

Unser erstes Ziel war die beeindruckende romanische Basilika S. Zeno. Der hl. Zeno, aus Mauretanien stammend, war der achte Bischof Veronas, und das im vierten Jahrhundert. Daraus erschließt sich die lange Geschichte christlichen Lebens in der Stadt. Und es war berührend, gemeinsam mit einem Afrikaner (dem Tansanier) des frühchristlichen Bischofs aus Afrika zu gedenken.
Anschließend machten wir einen Abstecher bei der „gelateria S. Zeno“. Und dann schlossen wir uns den Touristenströmen an. Und schlenderten um die Arena herum. Die Requisiten für Aida standen im Außenbereich. Und der italienische Pater spottete über die Deutschen, die frühzeitig in die Arena zur Aufführung gehen und dann in der prallen Sonne sitzen, bis es endlich beginnt. Wir gingen nicht hinein. Sondern weiter zum berühmten Balkon der Julia, Giulietta. Offensichtlich machte auf diesem gerade ein Mann einer Frau einen Heiratsantrag, den er war plötzlich nicht mehr zu sehen und als er wieder auftauchte, wurden die unten Stehenden zum Beifall aufgefordert. Beim Hinausgehen aus dem Innenhof hörte ich einen Fremdenführer auf deutsch zu seiner Gruppe sagen: „passen Sie auf ihre Geldbeutel auf!“ In dem Gedränge dort wohl ein durchaus sachdienlicher Hinweis.

Noch eine weiter berühmte Kirche stand auf dem Programm, S. Fermo. Das heißt, das sind eigentlich gleich zwei Kirchen, es gibt die Ober- und die Unterkirche. Oben mit einer gewaltigen Deckenkonstruktion.

Zum Abschluss fuhren wir auf die Höhe zu einem Lourdes-Heiligtum, von wo aus es eine phantastische Aussicht auf die 300.000 – Einwohner – Stadt, durch die sich der Etsch schlängelt, gibt. In der Nähe gab es eine Pizzeria, welche sich zum Abendessen anbot und in der sie uns einen Platz gaben, weil wir versicherten, bald wieder weg zu sein. Bevor die Menschen kommen, die auf das nächtliche Verona schauen wollen.
Ich verstehe, wieso Verona nach Venedig, Rom, Florenz und Mailand an fünfter Stelle auf der touristischen Beliebtheitsskala der italienischen Städte liegt...

Dienstag, 31. Juli 2018

Egelhofer Radwallfahrt

Am Donnerstag Abend ist in Egelhofen Messe. Und jeweils am letzten Donnerstag vor den Sommerferien machen die Egelhofer eine Radwallfahrt. Anstatt in der Kirche zu Hause die Messe zu feiern, machen sie sich gemeinsam per Fahrrad auf den Weg zu einer nahe gelegenen Kapelle oder Kirche, feiern dort die Messe und kehren hinterher miteinander ein.

In diesem Jahr war unser Ziel die Kapelle der Hl. Geist-Stiftung in Mindelheim, eine halbe Stunde per Fahrrad von Egelhofen entfernt. Damit auch die Kinder mit fahren können. Und sie fuhren mit, zwei Buben, Benedikt und Lukas, sogar jeweils im Fahrradanhänger ihrer Mama. Der eine mit cooler Sonnenbrille, der andere mit nicht weniger coolem Strohhut.

Wir trafen uns wie abgemacht in der Dorfmitte und ich war zunächst ein wenig enttäuscht, weil da nicht so viele zusammen gekommen waren. Kurz nach der vereinbarten Zeit machten wir uns auf den Weg und trafen beim Neubaugebiet am Ortsausgang eine weitere Gruppe. Darunter war dann sogar Besuch aus Kanada: eine Egelhofenerin hat einen Kandadier geheiratet und mit Familie ist sie zu Besuch in der Heimat. Der Mann und eine Tochter radelten ebenfalls mit.

Nachdem alle irgendeinen Stellplatz für ihr Fahrrad gefunden hatten, begaben wir uns in die Kapelle und bekamen dort zunächst eine Einführung von Olli Hirle, dem „lebenden Mindelheimer Lexikon“, nächstes Jahr wird sie 90 Jahre alt. 500 Jahre sei die Kapelle des ehemaligen Mindelheimer Altenheims alt, erzählte sie. Und täglich geöffnet. Immer wenn man tagsüber herein komme, sei irgendjemand am beten. Das ist so ein Ort, um zwischendurch einen Halt zu machen, meinte Frau Hirle und wies auch auf die Möglichkeiten hin, Geld in die ein oder andere Kasse zu werfen.

Auf die plastische Silhouette der Stadt Mindelheim zu Füßen der Josefsstatue wies das Mesnerehepaar später noch hin. Das Bild des Barmherzigen Jesus und ein Foto des heiligen Johannes Paul II. erinnern daran, dass auch der polnischsprachige Gottesdienst regelmäßig in dieser Kapelle stattfindet.

Nachdem wir miteinander gebetet und gesungen hatten, machte sich der größere Teil der Mitfeiernden auf den Weg zum Gastgarten eines nahe gelegenen Lokals und dort saßen wir dann noch eine Weile miteinander an diesem lauen Sommerabend.

In den letzten Jahren hat diese Radwallfahrt immer der Kirchenpfleger organisiert: Auswahl eines Ziels, Absprachen bezüglich Gottesdienstort und Gasthaus treffen etc. Der Kirchenpfleger verunglückte leider im vergangenen September tödlich. Und seine Nachfolgerin hat einerseits keine Erfahrung und ist andererseits beruflich mehr als eingespannt. So dass die Witwe des Kirchenpflegers die Organisation übernommen hatte. Und es hat alles bestens geklappt.

Es war gerade 22.00 Uhr, als die Leute aufbrachen. Ich hatte zwei Angebote, mich mit dem Auto nach Hause zu bringen, ausgeschlagen. So machte ich mich mit dem Fahrrad auf den Heimweg, nicht mit den anderen zuerst nach Egelhofen, sondern auf dem direkten Weg. Das heißt, auf eher unbefahrenen Nebenstraßen. Dankbar und zufrieden kam ich um 23.00 Uhr zu Hause an.

Sonntag, 15. Juli 2018

Ottmaringer Tage

Knapp 100 Ordenschristen waren vom 2. bis 6. Juli zu den Ottmaringer Tagen für Christen des gottgeweihten Lebens zusammen. Und es war eine ganz besondere Atmosphäre diesmal!

Woran lag das? Zum einen sicher an Kardinal Joao Braz de Aviz, dem Präfekten der vatikanischen Kongregation für die Institute gottgeweihten Lebens und die Gesellschaften apostolischen Lebens. Er war die ganze Zeit dabei und unter uns wie ein Bruder.

Im Ökumenischen Lebenszentrum in Ottmaring wurden wir sehr gastfreundlich aufgenommen. Ein sozusagen idealer Tagungsort für diese Veranstaltung.

Klar, wir hatten auch allerhand Mühe in die Vorbereitung gesteckt. Das Programm wuchs Stück um Stück, wurde verändert, verbessert etc.

Aber selbst wenn ich all diese menschlich wahrnehmbaren Voraussetzungen ins Auge fasse: sie erklären mir noch nicht die Erfahrung dieser Tage. Eine so stark spürbare Geschwisterlichkeit unter den Teilnehmenden, die Unterschiede nicht schlicht einebnete, aber doch in den Hintergrund treten ließ. Mit einer großen Offenheit und Freiheit begegneten sich die Teilnehmenden.

Wir hatten die reale Situation der Ordensleute, unserer Gemeinschaften, nicht verschwiegen oder fromm bemäntelt. Nichtsdestotrotz geschah Ermutigung in diesen Tagen.

Wie können wir in der Gesellschaft von heute, die unsere ist, ein prophetisches Zeichen sein? Diese manchmal durchaus bedrängende Frage schien mir eine Antwort, zumindest den Beginn einer Antwort zu erfahren in diesen Tagen.