Samstag, 29. Februar 2020

zur Zeit

Den nur alle vier Jahre vorkommenden 29. Februar möchte ich als Aufhänger zu einigen „Zeit-Geschichten“ nehmen.
Gerade komme ich von zu Hause und habe in der Heimatzeitung voller Freude einen Artikel über die Reparatur der Kirchturmuhr in der Nachbargemeinde gelesen. Wochenlang stand sie auf halb zwei. So dass schließlich ein Kostenvoranschlag für eine Reparatur eingeholt wurde: € 10.000.- sollte sie kosten. Was die Verantwortlichen schlucken ließ. Im Artikel wird nun die Initiative des Pfarrgemeinderatsvorsitzenden beschrieben, offensichtlich ein Tüftler. Mit dem Sachverständigen der Turmuhrenfirma schaute er sich den Schaden an und gemeinsam machten sie den Defekt ausfindig. Der Pfarrgemeinderatsvorsitzende entschied: „das machen wir selbst!“. Sein Bruder hat einen Metall verarbeitenden Betrieb. So wurden die zwei defekten Teile ausgetauscht und „nebenbei noch ein paar andere Kleinigkeiten behoben“, wie der Zeitungsbericht vermerkt. Die Uhr läuft wieder. Kosten jetzt: € 2000.- Toll, nicht wahr?
Dabei fällt mir auf, dass ich noch nie im Mindelheimer Turmuhrenmuseum gewesen bin. Wobei inzwischen eine solche (Turm-)Uhr mitten in der Stadt zu sehen ist. Die Kosten dafür waren (und sind?) bei der einheimischen Bevölkerung durchaus umstritten...

Apropos Kosten: viele tragen ja inzwischen keine Armbanduhr mehr, weil sie auf ihr Handy schauen, wenn sie wissen möchten, wie spät es ist. Auf der anderen Seite gibt es aber offensichtlich auch Menschen, die ein ganze Kollektion von Armbanduhren zu Hause liegen haben müssen. Je nach Bekleidung wählen sie das entsprechende Stück als Accessoire. Was mir fremd ist. Ich habe eine Armbanduhr und bin froh, wenn diese funktioniert. Bei Bergtouren nehme ich sie schon einmal vom Handgelenk weg und befestige sie am Gürtel, um sie nicht zu sehr dem „Schweiß-Angriff“ auszusetzen.

Für meine älteren Mitbrüder ist die Armbanduhr auch ganz wichtig. Wenn die Batterie zur Neige geht, dann möchten sie am liebsten sofort eine neue eingesetzt haben. Nachdem wir aber zum nächsten Uhrengeschäft 14 Kilometer fahren müssen, muss ich manchmal etwas bremsen und habe neulich einmal einen kleinen Reisewecker als Ersatz zur Verfügung gestellt, bis jemand in die Stadt kam, um die Batterie der Armbanduhr wechseln zu lassen.

Auf dem Rückweg aus Rom am vergangenen Samstag hatte mein Zug ab Bologna bald einmal ziemlich Verspätung, knapp eine Viertelstunde war es schließlich. Und ich begann mir Sorgen bezüglich meines Anschlusses in München zu machen. Wie sich zeigte umsonst. Denn ab Innsbruck raste der Zug dahin, so dass bis München die Verspätung aufgeholt war, wir pünktlich an kamen und ich ganz ohne Schwierigkeiten den Anschlusszug Richtung Allgäu erwischte. Wunderbar!

Zeit ist wichtig! „Die Tugend lässt sich nicht an einem Tag erwerben. Wer vorwärts geht, rutscht bisweilen aus, richtet sich jedoch sofort wieder auf und geht weiter. Gott sieht, dass wir ihn lieben und ihm in Treue dienen wollen“, so schrieb der hl. Gaspare del Bufalo, der Gründer unserer Ordensgemeinschaft in einem Brief. Mir gefällt das! Wir sind als Menschen unterwegs, auf dem Weg... Manchmal begegne ich Menschen, die meinen, sie hätten sich doch vor so und so viel Jahren bekehrt und jetzt begehen sie immer noch Sünden und machen Fehler. Und dann sind sie maßlos enttäuscht über sich selbst. Die Sicht Gaspares ist realistischer und deswegen dem Menschen angemessener: „die Tugend lässt sich nicht an einem Tag erwerben“. Wir sind unterwegs und das Entscheidende dabei ist, von Gott gesehen zu werden.

Eines der Prinzipien, das Papst Franziskus nicht müde wird, zu wiederholen, heißt: „die Zeit ist wichtiger als der Raum“. Es ist wichtiger/besser, Prozesse in Gang zu setzen als Räume zu besetzen.

Samstag, 15. Februar 2020

"Probe-Wohnen" in Rom...

Nach einigen Tagen in Castel Gandolfo bin ich seit vergangenen Sonntag in Rom in unserem Generalatshaus, jemand nannte es „Probe-Wohnen“. Denn nach Ostern werde ich ja hierher ziehen. Das „Probe-Liegen“ ist schon einmal hilfreich, insofern ich den Eindruck habe, ein anderes Bett zu brauchen.
Aus dem Fenster sehe ich ins Grüne: ein (etwas verwilderter) Garten mit hohen Pinien. Deren große Zapfen, die überall auf dem Boden liegen, gefielen mir schon bei früheren Italien-Aufenthalten.
An einem Tag sah ich zwei wunderschöne grüne Papageien auf einem Strauch sitzen. Und es stellte sich heraus, dass diese nicht irgendwo „entflogen“ waren, sondern hierzulande „in freier Wildbahn“ heimisch werden. Kommentar eines italienischen Mitbruders: „wir werden ein tropisches Land“. Wobei ich glaube, einmal gelesen zu haben, dass es auch in Bonn Papageien „in freier Wildbahn“ gibt.

Wir fünf beginnen in diesen Tagen unsere sechsjährige Amtszeit: vier von uns werden gemeinsam hier im Haus wohnen, Angelo kommt zweimal im Jahr aus den USA. Emanuele ist der einzige, der schon bisher im Leitungsteam gearbeitet hat und jetzt ist er – unser Jüngster! - der Generalmoderator. Und wir haben zum ersten Mal in der Geschichte der Missionare vom Kostbaren Blut einen Bruder in der Generalleitung: Juan, ein gebürtiger Chilene, der in den vergangenen Jahren in den USA gelebt und gearbeitet hat. Zum Team gehören dann noch Augusto, gebürtiger Italiener, der in den vergangenen Jahren in Kanada war, und ich. Eine bunte Mischung und insgesamt ein junges Team. Ich bin nach Angelo der zweitälteste, also der Älteste hier im Haus.

Nachdem ich in meiner bisherigen Hausgemeinschaft der jüngste war, bedeutet das eine gewisse Umstellung. Theoretisch war mir das ja klar. Praktisch merkte ich es, als es darum ging, gemeinsam zu beten: „wir verwenden `devices´ (also elektronische Geräte)“ hieß es, also keine Bücher. Au weia! Mit einer gewissen Schadenfreude stellte ich dann fest, dass das gar nicht so einfach war. Denn es gibt verschiedene Anbieter für ein digitales Stundengebet. Die Texte unterscheiden sich dann, ganz zu schweigen von der Übersetzung des Bibeltextes. Schließlich einigten wir uns auf eine bestimmte englische App. Die zu meinem (schwäbisch-sparsamen) Entsetzen kostenpflichtig ist. Das gefiel mir nicht, zwölf Euro zu bezahlen, um (zunächst ja nur ein paar Tage) mit den anderen gemeinsam beten zu können. Als ich mein Missfallen kund tat, erklärte mir einer, ich könne eine Probeversion herunter laden, die bis Ende des Monats kostenfrei sei. So habe ich jetzt beim gemeinsamen Stundengebet also wie die anderen auch mein Handy vor mir. Und habe hin und wieder gewisse Schwierigkeiten mit der Schriftgröße.

Vorgestern gab es etwas Aufregung, weil plötzlich die Feuerwehr aufkreuzte. Was war geschehen? Ein Nachbar hatte die Feuerwehr informiert, in der Annahme, ein Ast eines Baumes in unserem Garten sei kurz davor, auf die Straße zu fallen. Wir selbst hatten von der Aktion erst erfahren, als die vier Feuerwehrmänner vor der Tür standen. Vor unserer! Und fragten, wer sie gerufen habe. Jetzt haben sie draußen im Garten einen Bereich abgesperrt, der große Ast hängt noch am Baum und wird wohl eher in unseren Garten als auf die Straße fallen.

Gestern waren wir im Generalat der ASC-Schwestern (Anbeterinnen des Blutes Christi, so etwas wie unser „weiblicher Zweig“): dort ging eine Versammlung von Schwestern dieser Gemeinschaft aus aller Welt zu Ende und wir feierten gemeinsam mit ihnen den Abschluss. Ein frohes Wiedersehen! Mit Sr. Loreta (aus Bosnien) war ich gemeinsam in Kufstein, mit Sr. Ania (aus Polen) früher in Maria Baumgärtle – die beiden gehören zur „Besatzung“ des Generalatshauses. Dann traf ich die beiden Vertreterinnen aus Schaan/Liechtenstein, andere aus Polen und anderen Teilen der Welt.

Am Montag erwarten wir die sieben Schwestern der Generalleitung der ASC hier bei uns im Haus zum Abendessen...