Freitag, 31. Juli 2015

Weihwasser

Wenn uns Menschen etwas wichtig ist, dann reicht es oft nicht, dass nur zu sagen, nur mit Worten auszudrücken. Es verlangt – nachdem wir Menschen aus „Fleisch und Blut“ sind, nach „Verleiblichung“. Rituale sind en vogue, viele zeigen durch ihr outfit, was in ihrem Leben zählt etc.

In Sachen Glauben gilt das ebenso. Und Glaubensverlust bzw. -schwund mag genau damit einhergehen, dass es für ach so aufgeklärte Zeitgenossen im 21. Jahrhundert ja manche Glaubensverleiblichung früherer Zeiten, manches Ritual scheinbar nicht mehr braucht. Was nicht ganz von der Hand zu weisen ist: inhaltsleere Zeichen sollten tatsächlich überprüft und eventuell auch abgeschafft werden. Aber Vorsicht, gemach, gemach!

Ich selbst bin – ich steht dazu, Weihwasserfan! In Maria Baumgärtle brauchen wir auch allerhand von dieser Materie. Zwar kein Vergleich mit anderen Wallfahrtsorten, wo gleich mehrere 1000 Liter auf einmal gesegnet werden, um dann von Menschen in Flaschen abgefüllt und mit nach Hause genommen zu werden. Aber unser großes Fass in der Hauskapelle leert sich auch recht schnell. Und ich habe schon gehört, dass manche Menschen dem „Baumgärtler Weihwasser“ eine besondere Kraft zuschreiben. Was ich meinerseits nicht propagiere, um nicht magische Deutungen zu fördern.

Ich habe ein wenig Weihwasser bei mir im Zimmer und bekreuzige mich damit nach dem Aufstehen. Da habe ich das Zeichen des Kreuzes und die Erinnerung an meine Taufe verbunden. In katholischen (Gäste-, Exerzitien-)Häusern war das früher Standard, manchmal gibt es das auch heute noch und ich freue mich darüber: Weihwasser im Zimmer. Wobei manches Weihwasserkesselchen so nah am Lichtschalter positioniert ist, dass immer wieder einmal eines beim Versuch, das Licht einzuschalten, hinunter fällt. Und je nachdem, wie gut es gefüllt ist, dann Wasserflecken hinterlässt.

In Maria Baumgärtle mache ich mich dafür stark, dass wir miteinander beten, wenn Wasser zu segnen ist. Dass also nicht der Mesner sich einen Pater „organisiert“, der das still und heimlich (und sicher gültig) macht, sondern dass wenigstens eine kleine Gruppe, welche Kirche repräsentiert, versammelt ist. Volk Gottes, Versammlung der Getauften...

Besonders stark spricht mich dieses Zeichen, das Weihwasser, dann im Umfeld von Sterben und Tod an. Weil Taufe mit ewigem, unvergänglichen Leben zu tun hat.

So habe ich Steffi, meine kleine Nichte, voll unterstützt, als wir nachmittags nach der Beerdigung meines Vaters noch einmal miteinander zum Grab gingen und sie bemängelte, dass da kein Weihwasser im Schälchen sei. Für das Kind vielleicht nicht unbedingt mit tiefer Taufsymbolik verbunden. Aber etwas stimmte nicht und fehlte.

Also machte ich mich mit Steffi und den anderen beiden Nichten, Kathi und Linda und dem leeren Schälchen auf den Weg in die Aussegnungshalle, wo ich am Vormittag ein großes Weihwasserfass hatte stehen sehen. Und wir wurden fündig und konnten ein gefülltes Schälchen beim Grab abstellen. Wie gut tat dieser kleine Weg mit den dreien und dieser kleine gemeinsame Beitrag zur „Grabpflege“.

Da passte es dann gut, dass die Kinder sich bald noch intensiver mit Wasser an die Grabpflege machten, die Schalen auf dem Grab und sogar die Kränze gossen, die Gießkannen auch nutzten, um den am Grab Stehenden einen Guss auf die Hände anzubieten – es war ja schrecklich heiß, und sich hinterher am Brunnen die Haare nass machten.

Leben und Tod, Tod und Leben – ganz nah beieinander...