Wenn uns Menschen etwas wichtig ist,
dann reicht es oft nicht, dass nur zu sagen, nur mit Worten
auszudrücken. Es verlangt – nachdem wir Menschen aus „Fleisch
und Blut“ sind, nach „Verleiblichung“. Rituale sind en vogue,
viele zeigen durch ihr outfit, was in ihrem Leben zählt etc.
In Sachen Glauben gilt das ebenso. Und
Glaubensverlust bzw. -schwund mag genau damit einhergehen, dass es
für ach so aufgeklärte Zeitgenossen im 21. Jahrhundert ja manche
Glaubensverleiblichung früherer Zeiten, manches Ritual scheinbar
nicht mehr braucht. Was nicht ganz von der Hand zu weisen ist:
inhaltsleere Zeichen sollten tatsächlich überprüft und eventuell
auch abgeschafft werden. Aber Vorsicht, gemach, gemach!
Ich selbst bin – ich steht dazu,
Weihwasserfan! In Maria Baumgärtle brauchen wir auch allerhand von
dieser Materie. Zwar kein Vergleich mit anderen Wallfahrtsorten, wo
gleich mehrere 1000 Liter auf einmal gesegnet werden, um dann von
Menschen in Flaschen abgefüllt und mit nach Hause genommen zu
werden. Aber unser großes Fass in der Hauskapelle leert sich auch
recht schnell. Und ich habe schon gehört, dass manche Menschen dem
„Baumgärtler Weihwasser“ eine besondere Kraft zuschreiben. Was
ich meinerseits nicht propagiere, um nicht magische Deutungen zu
fördern.
Ich habe ein wenig Weihwasser bei mir
im Zimmer und bekreuzige mich damit nach dem Aufstehen. Da habe ich
das Zeichen des Kreuzes und die Erinnerung an meine Taufe verbunden.
In katholischen (Gäste-, Exerzitien-)Häusern war das früher
Standard, manchmal gibt es das auch heute noch und ich freue mich
darüber: Weihwasser im Zimmer. Wobei manches Weihwasserkesselchen so
nah am Lichtschalter positioniert ist, dass immer wieder einmal eines
beim Versuch, das Licht einzuschalten, hinunter fällt. Und je
nachdem, wie gut es gefüllt ist, dann Wasserflecken hinterlässt.
In Maria Baumgärtle mache ich mich
dafür stark, dass wir miteinander beten, wenn Wasser zu segnen ist.
Dass also nicht der Mesner sich einen Pater „organisiert“, der
das still und heimlich (und sicher gültig) macht, sondern dass
wenigstens eine kleine Gruppe, welche Kirche repräsentiert,
versammelt ist. Volk Gottes, Versammlung der Getauften...
Besonders stark spricht mich dieses
Zeichen, das Weihwasser, dann im Umfeld von Sterben und Tod an. Weil
Taufe mit ewigem, unvergänglichen Leben zu tun hat.
So habe ich Steffi, meine kleine
Nichte, voll unterstützt, als wir nachmittags nach der Beerdigung
meines Vaters noch einmal miteinander zum Grab gingen und sie
bemängelte, dass da kein Weihwasser im Schälchen sei. Für das Kind
vielleicht nicht unbedingt mit tiefer Taufsymbolik verbunden. Aber
etwas stimmte nicht und fehlte.
Also machte ich mich mit Steffi und den
anderen beiden Nichten, Kathi und Linda und dem leeren Schälchen auf
den Weg in die Aussegnungshalle, wo ich am Vormittag ein großes
Weihwasserfass hatte stehen sehen. Und wir wurden fündig und konnten
ein gefülltes Schälchen beim Grab abstellen. Wie gut tat dieser
kleine Weg mit den dreien und dieser kleine gemeinsame Beitrag zur
„Grabpflege“.
Da passte es dann gut, dass die Kinder
sich bald noch intensiver mit Wasser an die Grabpflege machten, die
Schalen auf dem Grab und sogar die Kränze gossen, die Gießkannen
auch nutzten, um den am Grab Stehenden einen Guss auf die Hände
anzubieten – es war ja schrecklich heiß, und sich hinterher am
Brunnen die Haare nass machten.
Leben und Tod, Tod und Leben – ganz
nah beieinander...