Samstag, 31. März 2012

Kreuz-Weg



„Nanu! Allerhand!“ denke ich mir, als ich auf meiner Erkundungswanderung für die Fußwallfahrt (Anfang Mai) bei diesem Kreuz vorbei komme. Das Kreuz kenne ich schon länger und ich mag den Platz, an dem, die Landschaft, in der es steht. Und jetzt haben die an den Kreuzbalken eine Wandermarkierung hin geschraubt! Wieso denn nicht an den Baum daneben? War das einfach gedankenlos? Oder praktisch, weil die Schrauben aufgrund der glatten Fläche des Kreuzbalkens besser halten, einfacher anzubringen sind? Also da ist jetzt dieses weiß-gelbe Zeichen mit den beiden Wanderern am Kreuz. Beim Weitergehen beschäftigt mich das...

Und ich komme ins Nachdenken. Vielleicht hat das ja was! Kreuz und Wegweiser, Kreuz als Wegweiser... „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Mk 8,34), so hatte es der gesagt, den sie später ans Kreuz gehängt haben. Mir vom Kreuz bzw. von dem am Kreuz die Richtung zeigen lassen. Das Ungehalten-sein über den oder die Menschen, der/die da ihre Wanderplakette ans Kreuz geschraubt haben, beginnt sich zu legen. Er oder sie hat/haben mir zu einem wichtigen Gedanken geholfen.

Zu Hause angekommen schlage ich noch bei den Liedern nach, in denen das Kreuz besungen wird – mehr oder weniger glücklich. Und entdecke die Strophe, in der es über das Kreuz heißt: „Du bist der Stab der Pilger, daran wir sicher wallen, nicht wanken und nicht fallen“ (Gotteslob Nr.182/7). Tatsächlich hat ja die eine Figur auf dem Piktogramm zwischen den beiden gelb-weißen Dreieckspfeilen einen Stock in der Hand. Stock, Stab, Kreuz...

Der Sebastian fällt mir noch ein. Öfter war ich gemeinsam mit ihm zu Gemeindemissionen unterwegs. Und er hat dabei gerne einen Lichtbildervortrag gezeigt mit wunderschönen Naturaufnahmen. Und auf einem Foto, eher am Schluss des Vortrages, war dann auch ein Kreuz. Und Sebastian hat bei diesem Foto mit inbrünstiger Stimme den Spruch zitiert, der an diesem Kreuz angebracht ist:
„willst du erkennen Gottes Spur, so blick von hier in die Natur,
willst du ihn noch mehr versteh´n, so bleib bei diesem Kreuze steh´n“.

Unser Vorläufer als Missionar, Paulus von Tarsus, hatte den Inhalt seiner Verkündigung so auf den Punkt gebracht: „Wir...verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ (1 Kor 1,23f.).
Mit Gottes Kraft und Weisheit unterwegs sein. Ja, das möchte ich. Nicht nur beim Wandern, bei dem ich Kilometer hinter mich bringe und mich an Weg-Kreuzungen entscheiden muss, welche Richtung ich wähle. Sondern überhaupt auf den Wegen meines Lebens.

Gut ist die Wegmarkierung am Kreuzbalken angebracht, nicht wahr?


Donnerstag, 15. März 2012

Leute gibt´s in Tirol...

Beide Tiroler kenne ich schon länger – und letzte Woche habe ich sie wieder getroffen und kurz mit ihnen geplaudert.
Michael lebt mit seiner Frau in einem wunderschönen Haus am Fuß der Hohen Salve, wo wir auch schon gemeinsam Schi gefahren sind. Aus seinem Heimatort stammte ein Mann, der als Jesuit nach Indien gegangen ist, dort lange lebte und wirkte und jetzt auch begraben ist. Von diesem Jesuitenpater war Michael so beeindruckt, dass er selbst auch einmal nach Indien wollte. Also hat er das vor Jahren angepackt – und war inzwischen sieben mal dort. Allerdings nicht als Tourist. Er hat sich im Lauf der Jahre zu einem Lehrer für eine bestimmte Kompostiertechnik entwickelt, mit deren Hilfe Ernteerträge gesteigert werden können.
Wenn ich mich nicht täusche, hatte Michael seinerzeit den Beruf des Wagners gelernt, später hat er dann in der Orthopädietechnik gearbeitet, Prothesen gebaut. Er selbst ist schon eine Weile im Ruhestand und jetzt erzählte er mir, dass sein Chef gestorben sei und die Firma unstrukturiert vom bisherigen Geschäftsführer an einem anderen Standort weiter geführt wird. Michael selbst konnte jedoch einige der Maschinen „übernehmen“ - und möchte sie nach Indien bringen. Er plant das für den Herbst. „Mit der indischen Botschaft ist schon geregelt, dass der Transport zollfrei geschehen kann“. Und Michael lernt Englisch. „Wahrscheinlich wirst Du Leute an den Maschinen anlernen müssen?“ frage ich ihn. „Ja“ lacht er, „wahrscheinlich werde ich noch öfter die nächsten Jahre hin fliegen müssen“.
Michael hat jedoch auch den eigenen Kindern beim Hausbau geholfen und ist dazu zwischen Baustellen in Österreich und der Schweiz hin und her gefahren. Seine Frau Lisi, mit der er seit 35 Jahren verheiratet ist, geht im Sommer als Tagesmutter in Pension. Dann kann sie ihn bei einer Indienreise begleiten, einmal hat sie das Abenteuer früher schon mit ihm geteilt.

Und dann Sepp. Sepp unterrichtet angehende Tischler und versteht sich auch auf die Imkerei, bzw. bringt diese seinen Schülern an einer landwirtschaftlichen Fachschule bei. Das ist sein Broterwerb. Arbeiten tut er jedoch noch auf anderen, wenn auch verwandten Feldern. In unserer Wallfahrtskirche Maria Hilf in Kufstein- Kleinholz ist er immer zur Stelle, wenn Not am Mann - vor allem an einem handwerklich geschickten - ist. Eine Szene ist mir dabei besonders in Erinnerung. Am Hochaltar der Wallfahrtskirche ist links oben ein Engel angebracht, der in einer Hand ein Schwert, in der anderen eine Waage hält. In den beiden Waagschalen sitzen zwei Gestalten: in der einen ein kleiner Mensch, in der anderen ein „schwarzes Teufelchen mit Flügeln“. Die Waagschale mit dem (guten) Menschen ist etwas weiter unten – hat mehr Gewicht! Und ausgerechnet bei der mit drei Fäden an der Waage befestigten Schale des guten Menschen hatten sich einer oder zwei Fäden gelöst und die Schale, samt Mensch, hing schief. Was mir ästhetisch und theologisch missfiel! Mit Sepp zusammen schauten wir uns das an – und gingen ans Werk. Wir nahmen das Schleierbrett von einer Fensteröffnung in die Kirche hinein weg und in einer etwas waghalsigen Aktion lehnte er sich waagerecht weit in den Kirchenraum hinaus, ich hielt ihn an den Beinen – und es gelang ihm den Faden bzw. die Fäden wieder fest zu knoten. Ich selbst hätte viel zu viel Angst gehabt, um Sepps Teil bei dieser Aktion zu übernehmen...

Sepp repariert aber nicht nur im Kirchenraum, er stellt auch seine Erstausstattung her. Und eben nicht nur in Tirol. Die letzten Jahre war er mit dem Bau und Einbau von Kirchenbänken in einer Kirche in Brasilien beschäftigt.Einmal hat er sich dafür sogar ein Jahr von seiner Berufsarbeit freistellen lassen, ein Jahr unbezahlten Urlaub genommen. Auch zwei ehemalige Schüler haben ihn teilweise unterstützt. Im kommenden August wird die Kirche eingeweiht werden und Sepp hat mich zur Weihe eingeladen. (Was wohl leider terminlich nicht möglich sein wird...) Sepp fliegt schon im Juli, weil da noch ein paar Sachen fertig gemacht werden müssen.
Leute gibt’s in Tirol...