Montag, 30. April 2012

Glockengeläut


Ja, ich gebe es zu: ich mag das Geläut der Kirchenglocken! Egal ob das jetzt jemand mit Kleingeisterei oder Provinzialismus in Verbindung bringt – ich mag das Gebimmel und noch mehr das Geläute.
Vielleicht hängt das schon mit meiner Heimat zusammen. Die dortige Pfarrkirche hat „eines der schönsten Geläute in Süddeutschland“ - so die „Gummizug-Superlativ-Formulierung“ der Fremdenverkehrswerbung.
Als ich einmal ein Vierteljahr in Indien war, da hat es mir das Glockengeläut tatsächlich ein wenig gefehlt. Nicht, dass ich mich nicht an anderes gewöhnen oder auf eine andere Kultur einlassen könnte. Es hängt auch nicht mit mangelnder Toleranz dem Muezzin gegenüber zusammen. Bei mehreren katholischen Kirchen erlebte ich Lautsprecher im Turm. Anstelle des Glockengeläutes ertönte dann bisweilen Musik in ohrenbetäubender Lautstärke, dadurch teilweise etwas verzerrt, oder es war die Stimme eines Vorbeters über die Lautsprecher im Kirchenturm zu hören, eventuell gleichzeitig mit den lautsprecherverstärkten Rufen des Muezzins einer nahe gelegenen Moschee. Auch Hindus wollten nicht zurück bleiben und machten mit ziemlicher Dezibelstärke auf sich aufmerksam. Es schien, als wollten sich die Religionen in der Lautstärke gegenseitig übertrumpfen. Und heraus kam interreligiös-frommer Krach...

In Europa habe ich Verständnis für Menschen, die sich durch Glockengeläut um ihre Nachtruhe gebracht erleben, da kann man ja verhandeln, aber trotzdem: wie schön ist das Läuten!
Und hier in Schellenberg ist wiederum ein schönes und mächtiges Glockengeläut zu hören. Neulich läutete es einmal nachmittags an einem ganz normalen Werktag. Des Rätsels Lösung: da war jemand gestorben und die Glocken vermeldeten dieses Ereignis. Eingeweihte, eben die Bewohner des Ortes, können an der Art des Läutens sogar ausmachen, ob eine Frau oder ein Mann gestorben ist, da gibt es Unterschiede in der Läutordnung. Solch ein System habe ich übrigens woanders auch schon erlebt. Und meine spontane Reaktion war: „wie schön, in Schellenberg oder als Schellenberger zu sterben!“. Wobei ich ja zunächst einmal lieber noch hier lebe. Normalerweise ist das große Geläute an Sonn- und Feiertagen Ausdruck der Festtagsfreude. Weil es für manche Feiertage keine automatische Programmierung gibt, kam ich übrigens auch schon einmal in den Genuss, durch Knopfdruck die Glocken in Bewegung zu setzen und habe so den Ostermontag eingeläutet.
Aber zurück zum Läuten als „Todesnachricht“, Festtagsgeläute beim Sterben. Mich hat es daran erinnert, dass früher Christen den Todestag als „Geburtstag für den Himmel“ betrachteten. Das hat überhaupt nichts mit Lebensverachtung zu tun. Aber welch eine Freiheit, wenn ich im Bewusstsein leben darf, dass da noch etwas kommt, dass da noch etwas, besser einer auf mich wartet. Und bei aller irdischen Festtagsfreude: der Himmel wird sie noch überbieten!

Dann war da noch ein geistlicher Würdenträger in der Erzdiözese Salzburg, der seinerzeit einen bitterbösen Leserbrief schrieb, weil anlässlich des Besuches von Papst Johannes Paul II. in der Stadt die Kirchenglocken nicht mit aller Wucht geläutet hatten. Wenn das kein Anlass zum Geläut gelesen wäre! Ob das mit kirchenfeindlichen Kräften in der Kommunalpolitik zu tun hatte?
Weit gefehlt! Recherchen ergaben, dass der päpstliche Reisemarschall das Glockengeläut untersagt hatte, damit nicht das mächtige Dröhnen der Dom- und anderer Glocken eventuellen Lärm terroristischer Aktivitäten übertönt und damit gleichsam unhörbar und gefährlich macht. So war das also.

Wir aber läuten hier munter weiter...

Dienstag, 17. April 2012

Weltgebetstag um geistliche Berufe

Sonntag, 15.April, Salzburg. Während an den meisten Orten der Weltgebetstag um geistliche Berufe erst am 29.April, dem vierten Sonntag der Osterzeit, begangen wird, findet er im Salzburger Dom bereits heute statt – der Erzbischof ist nämlich zum eigentlichen Termin auf Diözesanwallfahrt in Polen unterwegs, also wird die Sache einfach vorgezogen.

Auftakt des Tages ist eine Eucharistiefeier mit dem Erzbischof um 10.00 Uhr im Salzburger Dom und ich genieße den Fußweg von unserem Haus dorthin, eine gute halbe Stunde. Das heißt, der Genuss wird etwas getrübt durch die Schlagzeilen der Sonntagszeitungen, welche ich durch die Folie der Zeitungsständer hindurch unterwegs lese. Wieder einmal ein Kirchenskandal, oder zumindest ein Skandälchen: der Pfarrer in Niederösterreich, der keinen homosexuellen Pfarrgemeinderat tolerieren möchte, hat bzw. hatte eine Geliebte. Ja, wenn das sich nicht als Gesprächsstoff eignet!
Etwas traurig überlege ich mir, wie viele Österreicherinnen und Österreicher sich beim Frühstück, die Zeitung lesend, diesen Informationen hingeben werden.
Und bin andererseits umso dankbarer, zum Gottesdienst in den Dom zu gehen. Dort kommen zwischen 700 und 800 Kinder und Jugendliche aus 47 Pfarre(i)en der Erzdiözese Salzburg mit ihren Begleitpersonen, sowie eine ganze Schar von Ordensfrauen und – männern mit anderen Mitfeiernden zusammen.
Die katholische Jungschar hat den Tag organisiert: Ziel dieser diözesanen Veranstaltung zum Weltgebetstag um geistliche Berufe ist die Begegnung von Kindern und Jugendlichen mit eben solchen geistlichen Berufen. Nach der Messe im Dom ein tolles Bild auf dem Domplatz. Dort stehen Schwestern und Brüdern mit Transparenten, um auf sich aufmerksam zu machen und die Kinder und Jugendlichen, teilweise auch mit Transparenten, die zeigen, woher sie kommen, bewegen sich auf diese Ordenschristen zu. Zu uns Missionaren vom Kostbaren Blut kommen Kinder und Jugendliche aus den beiden Pfarre(i)en Kufstein-Zell und Landl, beide im Tiroler Teil der Erzdiözese Salzburg gelegen.
Mit diesen, etwas mehr als 30 sind es, fahren wir mit dem Bus zu unserem Haus, wo uns erst einmal ein Mittagessen erwartet: Schnitzel und Pommes, passt gut für die Kinder!
Nach einer kurzen Hausführung versammeln wir uns in der Kapelle des Hauses und die Kinder sind eingeladen, ihre Fragen an uns zu richten. Einige solcher Fragen hatten sie wohl schon zu Hause vorbereitet, aber die Blätter mit den vorbereiteten Fragen nehmen sie eher zum Schluss in die Hand. Ganz spontan bombardieren die Kinder P.Willi geradezu mit ihren Fragen und dieser beantwortet sie meisterhaft. Was bin ich froh, nach den Schlagzeilen der Zeitungen auf dem morgendlichen Kirchweg, dass auch andere Informationen aus dem kirchlichen und dem Ordensleben auf diese Weise weiter gegeben werden. Und die Kinder hören nicht auf, ihre Fragen zu stellen. Und hören bei den Antworten aufmerksam zu. „Geht ihr auch einkaufen? Habt ihr einen Fernseher? Was macht ihr, wenn ihr nicht betet? Dürfen sich Ordensschwestern schminken? Habt ihr Hobbys und wenn ja, welche? Habt ihr ein Haustier?“ Eigentlich gab es die Idee, auch noch einige Spiele miteinander zu machen und zu basteln, aber nachdem das Fragen kein Ende nimmt, läuft die Zeit uns davon. Zur Schlussveranstaltung des Tages um 16.00 Uhr im Dom müssen wir wieder dort sein, das heißt, am besten um 15.00 Uhr aufbrechen.

Ein besonders berührender Moment für mich während des Fragens: P.Willi ist in Talar und mit Missionskreuz aufgetreten, ein großes Kreuz an einer goldenen Kette. Und ein Mädchen meldet sich und sagt: „ich habe eigentlich keine Frage. Aber dürfen wir einmal das Kreuz in die Hand nehmen?“ Also nimmt P.Willi das Kreuz und legt es einem Kind in der ersten Reihe in die Hand und so wandert das Kreuz von Hand zu Hand. Und ich sehe, mit welcher Aufmerksamkeit, ja Ehrfurcht, das geschieht. Ich könnte es mir bei Kindern dieses Alters auch anders vorstellen. Aber nein. Ich habe den Eindruck, die wissen, dass sie da etwas Heiliges in der Hand haben. Und sie freuen sich, dass sie es in die Hand nehmen dürfen...