Donnerstag, 15. November 2018

Beichtdienst

Zu meinen Hauptaufgaben hier in Maria Baumgärtle gehört der Beichtdienst. Bis auf Dienstag ist jeden Tag Beichtgelegenheit. Die auch genutzt wird. Nicht jeden Tag in gleichem Umfang, aber doch so, dass immer einer von uns Patres im Dienst ist.

Die Menschen kommen – im Normalfall mit dem Auto, wir liegen ja doch etwas „abseits“ - und drücken eine Taste neben dem Beichtstuhl in der Hauskapelle. (Also nicht „drive in“: sie sind natürlich vorher aus dem Auto ausgestiegen und in die Kapelle gegangen.) Durch den Tastendruck beginnt ein eigens diesem Zweck gewidmetes Schnurlos-Telefon zu läuten, welches der „Dienst habende Pater“ im Idealfall neben sich liegen hat. Das Läuten muss quittiert werden und in der Hauskapelle hört der oder die Wartende: „der Beichtstuhl wird in Kürze besetzt“. Eine sehr elegante Form, obwohl die Technik nach einigen Jahren Gebrauch inzwischen manchmal etwas schwächelt.

Ja und wenn ich Dienst habe, dann mache ich mich bald nach dem Quittieren am Telefon auf den Weg zum Beichtstuhl. Manchmal bedeutet das, eine Arbeit liegen lassen zu müssen. Oder aus einem Gedankengang heraus gerissen zu werden. Auf der anderen Seite lese ich immer wieder von Ratschlägen für die Gesundheit von Menschen, die einen Schreibtisch-Arbeitsplatz haben. „Immer wieder zwischendurch aufstehen, ein paar Schritte gehen etc.“ wirkt sich positiv auf die Gesundheit des Menschen aus. Der Beichtdienst verhilft mir genau dazu.

Neulich führte ich ein Telefongespräch mit einer Frau, als neben mir das „Beichthandy“ (so nennen wir das besagte Schnurlos-Telefon hier im Jargon, es beichtet natürlich niemand via Handy!) läutete. Und ich war sehr dankbar dafür, das Gespräch am Telefon mit dem Hinweis auf den anstehenden Beicht-Einsatz beenden zu können. „Entschuldigen Sie bitte, da möchte jemand beichten, ich muss gehen, wir müssen unser Gespräch beenden“, so sagte ich meinem Gegenüber am Telefon. Worauf dieses mir antwortete: „dann nehmen Sie auf jeden Fall ein großes Herz mit!“, was ich sehr schön fand. Und was ich mir selbst jetzt manchmal sage: „nimm ein großes Herz mit!“
Das könnte auch ein Hinweis von Papst Franziskus gewesen sein.

Regelmäßig bete ich auf dem Weg von meinem Schreibtisch zum Beichtstuhl in der Hauskapelle, es geht ein paar Treppenstufen hinunter, um den Heiligen Geist. Um mein Gegenüber richtig zu verstehen, gut zuhören und reagieren zu können.

Manchmal staune ich dann über das, was ich einem/r Beichtenden gesagt habe. Voller Dankbarkeit, weil das offensichtlich gepasst hat und weil ich das ja im Vorhinein nicht planen konnte.

Und natürlich bin ich regelmäßig der Beschenkte, wenn ich am Leben und Ringen meiner Brüder und Schwestern Anteil bekomme. Gestern waren drei Frauen hier, Freundinnen, die sich miteinander auf den Weg gemacht hatten, eine Stunde Autofahrt hinter sich hatten für ihre „Beicht-Wallfahrt“. Vielleicht ist die Beichte einer der wenigen Vollzüge für viele Christen geblieben, das eigene Alltagsverhalten im Hinblick auf Gott zu reflektieren. Vieles geschieht natürlich auch in der persönlichen Reflexion. Aber das dann auszusprechen hat noch einmal eine eigene Dynamik und Wirkung.

Es ist ein wunderschöner Dienst. Und ich habe den Eindruck, dass die Leute aus einem größeren räumlichen Umfeld hierher kommen, um sich in der Beichte beschenken zu lassen...

Regelmäßig kommt es auch vor, dass einer der Mitbrüder, den ich um den Beichtdienst gebeten hatte, das dann vergisst. Und dass ich einspringe. Was ich – wenn zeitlich irgendwie möglich – gerne tue.

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