Samstag, 15. Dezember 2018

Weihnachten

Es war die verstörend-bestürzende Erfahrung von Chiara Lubich, der Gründerin der Fokolar-Bewegung, als sie in der vorweihnachtlichen Zeit durch die Einkaufsstraße einer europäischen Großstadt ging: wunderschöner Schmuck überall, prächtige Dekorationen in den Schaufenstern... Aber Jesus? Der, um den es an Weihnachten geht, bei dem „Weihnachten“ seinen Ursprung hat: er war nicht zu sehen, nirgends zu finden.

Kinder aus der Fokolarbewegung engagieren sich seit Jahren, um dem gegenzusteuern. Sehr beliebt bei den Kindern ist etwa, kleine Jesus-Figuren aus verschiedenem Material zu gießen und diese dann an verschiedenen Stellen zu verteilen: in den Vorräumen von Kirchen, aber auch in Fußgängerzonen. Eine kleine Jesus-Kind-Figur von einem Kind überreicht ist eine unaufdringliche Einladung, sich an die Wurzel von Weihnachten zu erinnern.

Am vergangenen Donnerstag war ich abends in Mindelheim. Da ich einen Termin um 19.00 Uhr hatte, machte ich mich vorher auf den Weg, um das Weihnachtsmusical der Maria-Ward-Schule anzusehen. Um 17.00 Uhr und noch einmal um 19.00 Uhr führten die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer dieses Musical auf, vor allem für die Familien, Eltern, Geschwister und Großeltern der Schüler.

Abgesehen von der beeindruckenden Leistung – es gab eine Bläser-, eine Streicher-, eine Gitarren- und eine Flötengruppe, einen riesigen Chor und hervorragende Schauspielerinnen, war ich von der Tatsache berührt, dass die Weihnachtsbotschaft auf diese Art und Weise vermittelt wurde. Fast ein klein wenig Genugtuung kam in mir auf: die Weihnachtsgeschichte ist so brillant, dass sie nicht so schnell unter zu kriegen oder auszulöschen ist.

Und ich erlebte ja jetzt nur die Aufführung. Was mag da für eine gewaltige Probenarbeit dahinter stecken? Und ob nicht die Kinder und Jugendlichen die ein oder andere eingängige Melodie auch auf dem Schulweg weiter vor sich hin geträllert haben? Irgendetwas bleibt, sickert sanft ein ins Leben derer, die vielleicht nicht häufig eine Kirche von innen sehen mögen.

Tags darauf feierte ich mit einer Familie auf dem Friedhof die Urnenbeisetzung des Onkels bzw. Großonkels und anschließend das Requiem für ihn in unserer Wallfahrtskirche. Im Vorfeld hatte ich angeregt, ob nicht jemand aus dem Familienkreis Fürbitten formulieren und während der Eucharistiefeier sprechen möchte. Die Nichte des Verstorbenen, eines allein stehenden Mannes, stimmte zu. Und zwei jüngere Frauen traten dann nach meiner Homilie ans Ambo und – dankten zunächst einmal Gott für den Onkel und sein Leben, bevor sie dann auch noch zwei Bitten aussprachen.

Und ich fand das höchst passend und außerdem sehr gut formuliert. So dass ich die eine der beiden Frauen, die sich hinterher fast entschuldigen wollte, weil das keine „klassischen Fürbitten“, auf die mit „wir bitten dich, erhöre uns“ zu antworten gewesen wäre, schnell beruhigte und mich bei ihr bedankte für die Art, wie sie gebetet hatten.

Abgesehen davon, dass ich mir weiter Gedanken mache, wie dieses Erlebnis Liturgiegestaltung beeinflussen könnte, bzw. die Einbeziehung von Mitfeiernden, war da auch wieder so ein Gefühl von: „Gott, du bist da! Vielleicht manchmal ein wenig verborgen und nicht so `klassisch´, wie wir es lange gewohnt waren, aber du bist da, gegenwärtig“. Weihnachten!

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