Nein, alleine wäre ich nicht hin gegangen, zum Mittagsgebet mit dem Papst an diesem Sonntag auf den Petersplatz. Bei dieser Hitze! Aber seit ein paar Tagen ist Gaspar bei uns im Haus, ein junger Mitbruder aus Tansania, der ab September einen einsemestrigen Kurs am Kinderschutzzentrum der Gregoriana hier mitmachen wird. Mit Gaspar mache ich mich also auf den Weg...
Nachdem ich – hoffentlich nicht überheblich – davon ausgehe, dass seine Geschwindigkeit beim Gehen geringer ist als die des langbeinigen Deutschen, und nachdem ich nicht sicher bin, wie oft die Busse sonntags fahren, schlage ich vor, bereits um 10.00 Uhr los zu marschieren. Als wir an der Bushaltestelle beim Bahnhof Ostiense ankommen, fährt gerade der Bus der Linie 280 vor. Wir steigen ein und warten noch ca. eine Viertelstunde bis zur Abfahrt. Wenigstens gibt es eine funktionierende Klimaanlage im Bus!
Als wir nach dem Aussteigen und einigen weiteren Metern zu Fuß von der Bushaltestelle bis zum Petersplatz dort ankommen, ist es gerade 11.00 Uhr. Die überschaubare Menschen-Schlange derjenigen, die in die Basilika wollen, lässt mich Gaspar vorschlagen, uns einzureihen, wir haben ja noch Zeit. Vor uns eine Familie, Eltern und zwei Buben, der Sprache nach aus Wien bzw. dem Osten Österreichs. Die Mutter sprüht und cremt sich mit Sonnenschutz ein und gibt das Spray dann an ihren Mann und die Söhne weiter. Der ältere der beiden reagiert etwas unwillig, gibt aber letztlich doch dem Drängen der Mutter nach.
Bei der letzten Kontrolle vor den Stufen zur Basilika hinauf diskutiert eine junge Dame mit dem „Wächter“, wieso sie nicht hinein darf – ihr Rock bedeckt nicht die Knie – ein Junge, dessen kurze Hosen ebenso die Knie frei lassen, aber schon.
Schließlich betreten wir, nachdem uns am Handgelenk die Körpertemperatur gemessen wurde, den Petersdom und Gaspar ist sichtlich beeindruckt von den Dimensionen. Langsam gehen wir im Dom nach vorne und dann auch noch hinunter in die Krypta zu den Papstgräbern. Ich staune darüber, wie viele Menschen hier sind. Im ganzen vergangenen Jahr sah ich nie so viele Menschen im Petersdom und auf dem Petersplatz, wenn ich bei der ein oder anderen Gelegenheit hier war.
Als wir aus der Krypta herauf zurück auf den Petersplatz kommen ist es 11.45 Uhr und wir suchen uns einen Platz im Schatten in der Nähe des Malteser-Stützpunkts. Die sehen wir dann auch einmal ausrücken, bei ihrer Rückkehr liegt eine junge Dame auf dem offenen Gefährt, die vermutlich die Sonne nicht gut ausgehalten hat.
Irgendwann kommt Tim vorbei, ein australischer Herz-Jesu-Missionar, der in deren Generalat arbeitet, begleitet von einem indischen Mitbruder. Nach ein wenig small-talk ziehen die beiden weiter. Wir werden uns nächstens bei uns im Haus wiedersehen...
Um 12.00 Uhr zeigt sich Papst Franziskus am Fenster und Beifall brandet auf. Wobei der Papst darauf keine Rücksicht nimmt, sondern sofort mit seiner kurzen Katechese zum Sonntagsevangelium beginnt: „Ich bin das Brot des Lebens“. Mir gefällt, was er sagt. Und ich bin dankbar, da auf dem Petersplatz zu stehen. Obwohl ich kein Problem habe, mit wenigen Leuten Gottesdienst zu feiern, im Haus sind wir derzeit nur zu viert zur morgendlichen Eucharistie und auch im Urlaub habe ich Eucharistiefeiern mit sehr wenig Mitfeiernden erlebt, so tut es doch gut, einmal „Masse“ bzw. „Fülle“ zu erleben und sich selbst als Teil davon. Vermutlich geht das anderen auf dem Petersplatz ähnlich. Es muss uns nicht darüber hinweg täuschen, dass wir Minderheit geworden sind oder immer mehr werden. Und auch die Aufmerksamkeit auf dem Petersplatz ist ja durchaus nicht nur auf den Papst und das, was er sagt, gerichtet. Da ist ein reges Kommen und Gehen – und vor allem Fotografieren. Das tut auch Gaspar. Hin und wieder drückt er mir sein Handy in die Hand, damit ich ihn fotografiere. Ich bin ganz erstaunt, als wir uns später über das Erlebte austauschen, wie viel er von den Worten des Papstes mit bekommen hat. Zumal er noch am Italienisch lernen ist.
Und die vielen Menschen auf dem Petersplatz sind mir ein Bild der Kirche. Kommen und Gehen, mehr oder wenige große Aufmerksamkeit - „pilgerndes Volk Gottes“. Da ist Platz für viele. Gott sei Dank!
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