„Was soll ich denn sagen, wenn eine
alte Frau eine Messe um eine gute Sterbestunde bestellt?“ Wie sehr
Regina diese Frage bedrängt, war ihr anzusehen und aus ihrer Stimme
heraus zu hören. Zur Erklärung: viele Menschen wenden sich an uns
mit ihren Sorgen und Anliegen, schriftlich, am Telefon oder eben
direkt, wenn sie an unsere Pforte kommen. Sie bitten um unser Gebet
oder auch um die Feier der heiligen Messe in ihren Anliegen. Regina
hilft schon Jahre bei uns im Büro und an der Pforte aus: als
16jährige fing sie an, jetzt hat sie gerade ihr Lehramtsstudium
abgeschlossen und ist für drei Monate nach Australien gereist, um
dort Erfahrungen zu sammeln, bevor sie dann im Herbst in Deutschland
zu unterrichten beginnen wird. „Für mich ist das irgendwie noch so
weit weg“, sagte sie. „Klar, wenn da eine über 80jährige Frau
kommt, dann ist das mit der Sterbestunde anders. Aber was soll ich
denn sagen?“ Ich fragte Regina, wieso sie denn überhaupt etwas
sagen wolle und ob sie nicht einfach sagen könne, was sie sich eben
denkt... Im Gespräch wurde mir klar, dass die Bitte um eine gute
Sterbestunde für manche junge Menschen wohl weiter weg von ihrem
Leben ist als irgendeine „fantasy-Geschichte“.
Und dann war da noch die Zeitungsnotiz
in der vergangenen Woche unter der Überschrift „Gruselig“. Eine
13jährige hatte in einem Freizeitpark vor dem dortigen „Horrorhaus“
den Grabstein ihres 1996 verstorbenen Opas entdeckt. Der
Freizeitpark-Betreiber wollte den Horror „verstärken“ und hatte
bei einem Steinmetz Grabsteine gekauft. Der Steinmetz hatte also
nicht für eine fachgerechte Entsorgung des Grabsteins gesorgt und
der Freizeitpark-Betreiber wurde mit einer Geldstrafe wegen
Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener belegt.
Was mich an eine mehrtägige Wanderung
durch den englischen Peak-District vor vielen Jahren erinnerte.
Unterwegs hatten Michael und ich zwei Mädchen getroffen, eine
Amerikanerin und eine Deutsche, mit denen wir die letzte Etappe des
Tages zusammen wanderten. Am Ziel angekommen trennten wir uns. Denn
die jungen Damen wollten nicht wie wir in der Jugendherberge
übernachten, sondern – auf dem Friedhof! Was mir abgesehen von
allen praktischen Unannehmlichkeiten auch ein wenig unheimlich
gewesen wäre.
Da gibt es also den Nervenkitzel und
dann auch wieder die Scheu im Umgang mit Sterben und Tod.
Jetzt in der Zeit der Vorbereitung auf
Ostern ist das ja für Christen durchaus auch ein Thema. Wir schauen
auf den Leidens-, den Kreuzweg Jesu Christi und in Verbindung damit
vermutlich auch auf unseren eigenen Weg zum Tod hin. Irgendwo las
ich, dass es eine Fortsetzung von Mel Gibsons „Passion“ geben
soll. Der Film hatte damals sehr geteilte Reaktionen hervor gerufen –
nach meinem Geschmack war er nicht.
Auf der anderen Seite ist mir als
„Missionar vom Kostbaren Blut“ die Auseinandersetzung mit dem
blutigen Leiden und Sterben Jesu nicht fremd. Und ich weiß, dass
unser Gründer seinen Mitbrüdern den monatlichen Einkehrtag auch und
gerade zur Vorbereitung auf einen guten Tod empfohlen hat. Und das
Gebet um eine gute Sterbestunde hat eine lange Tradition.
Im Gespräch mit Regina dachte ich mir,
dass junge Leute, in deren Familien solch ein Gebet vor kam, seinen
Platz im gemeinsamen Familiengebet hatte, wahrscheinlich weniger
irritiert reagiert haben als junge Leute heute, die tatsächlich gar
keinen Bezug mehr zu solch einem Gedanken haben.
Wobei ja manche sogar als geistliche
Übung empfehlen, sich einmal zu überlegen, was auf dem eigenen
Grabstein stehen sollte. Nicht aus Nekrophilie, sondern aus Liebe zu
Leben...
Und dann gibt es noch ein interessantes
Projekt, das mit dieser Frage zu tun hat:
https://www.jesuiten.org/aktuelles/details/article/aktionsprojekt-before-i-die-in-muenchen.html
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