Es hat beides etwas für sich: allein
am Tisch zu sitzen oder gemeinsam mit anderen. Es gab Zeiten, in
denen ich es genoss, allein mit der Zeitung am Frühstückstisch. Und
wer das so gewohnt ist, der tut sich eher schwer, wenn er einmal in
einer großen Tischgesellschaft sitzt. Wenn bei Festen die ganze
Verwandtschaft zusammen kommt, der Geräuschpegel hoch ist etc.
Hier vor Ort freue ich mich, mit
anderen zusammen am Tisch zu sitzen. Zu sechst sind wir im
Normalfall. Manchmal ist einer unterwegs, manchmal haben wir noch
einen Gast, so variiert unsere Zahl.
Ähnlich wie in manch anderen
Ordenshäusern wird bei uns im Normalfall nach einer Mahlzeit gleich
für die nächste aufgedeckt. Der Luxus eines Esszimmers, das fast
ausschließlich für diesen Zweck genutzt wird! Woanders ist das ja
nicht so.
Also decken wir nach dem Abendessen ab,
und gleich für das Frühstück am nächsten Tag auf. Was eine
„kleine Wissenschaft“ ist und auch alle eines Besseren belehrt,
die meinen, „im Kloster“ würden alle über einen Kamm geschoren.
O nein! Es fängt damit an, dass drei
von uns Müsli-Esser sind. Wobei wir keineswegs irgendeine
Fertigmischung nehmen. Einer von uns ist der Profi-Müsli-Mischer. Da
kommen außer den Haferflocken und den Corn-Flakes noch allerhand
andere Körner (Dinkel, Hirse, Kürbis- und Sonnenblumenkerne) und
Rosinen hinein. Die große Tupper-Dose mit Willis Spezialmischung
muss regelmäßig neu befüllt werden.
Dafür werden jetzt gedeckt: zwei
Suppenteller und eine Müsli-Schale (Aufschrift: „schön, dass es
Dich gibt!“), die einer einmal geschenkt bekommen hat und nun
verwendet. Damit ist aber die Vielfalt nicht zu Ende. Denn von den
anderen dreien bevorzugt einer, der ein „begeisterter Frühstücker“
ist, einen großen flachen Teller, während die anderen beiden
normale Frühstücksteller verwenden. Bei den Tassen gibt es wiederum
Unterschiede. Zur speziellen Müsli-Schale gehört die große Tasse
mit der identischen Aufschrift. Ein anderer hat zum 70. Geburtstag
eine Tasse bekommen, die er gerne benützt, obwohl die Spülmaschine
inzwischen die Aufschrift („Zum 70. Geburtstag“) getilgt hat.
Noch ein dritter bevorzugt eine große Tasse – er ist der einzige
Teetrinker beim Frühstück, die anderen bevorzugen Kaffee. Also drei
kleine, normale Kaffeetassen.
Die Gehirnanstrengung beim Tisch-Decken
geht allerdings noch weiter. Denn an Sonn- und Feiertagen wird ein
anderes Geschirr als an normalen Werktagen verwendet. Und für die
allerhöchsten Feste gibt es dann noch einmal ein anderes. Okay, ist
schon beinahe dekadent, ja!
Auch beim Besteck gibt es Varianten...
Einer hat sogar von einer früheren Stelle eines mit seinen
Initialen.
Außerdem wechsle ich an Sonn- und
Feiertagen von der Müsli- zur Brotfraktion. Und selbst dieses Detail
wird bedacht, diese Herausforderung im Normalfall beim Tisch-Decken
gemeistert. Wobei ich selbst oft mit dabei bin und mich freue, die
individuellen Vorlieben der Mitbrüder zu berücksichtigen. Einer
bekommt z.B. am Sonntag einen Eierbecher an seinen Platz, weil er
dann gerne ein (rohes!) Ei isst.
An Weihnachten haben wir mehrere Gläser
Honig geschenkt bekommen, was uns sehr freut, denn der Bedarf ist
groß. Einer nimmt Honig in den Kaffee, der andere in den Tee, der
nächste aufs Brot und ich ins Müsli.
Und so sitzen dann die Brüder, mehr
oder weniger gesprächig, auf jeden Fall sehr individuell, beim
gemeinsamen Frühstück!
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