Sonntag, 31. Dezember 2017

A schöne Leich

Nein, ich will jetzt zum Jahresende nicht irgendwie makaber werden! Aber so wie mir eine Hospizbegleiterin deutlich machte, wie wichtig die Beerdigung ist, weil da praktisch zum letzten Mal im größeren Rahmen etwas über die verstorbene Person gesagt wird, so ähnlich könnten wir uns ja auch vom zu Ende gehenden Jahr verabschieden. Es würdigen und noch einmal die ein oder andere Erinnerung wach rufen. Und so wie die Wiener eine besondere Beziehung zu „aner schönen Leich“ pflegen, das im Hinblick auf 2017 versuchen...

Dabei geht es mir wohlgemerkt nicht darum, nostalgisch die Vergangenheit zu verklären. Im Gegenteil! Der Blick zurück soll das Leben im jetzt und hier fördern und darf mit dem Blick nach vorn kombiniert werden.

So ähnlich wie bei dem Ehepaar, das dieser Tage hier war, um sich zu verabschieden. Vor 21 Jahren waren sie aus Westfalen in unseren Nachbarort im Unterallgäu gezogen, hatten sich dort ein Haus gekauft. Beide waren immer schon große Liebhaber der Berge gewesen und so entschlossen sie sich, nachdem er in den Ruhestand gekommen war, zu diesem Schritt. Und jetzt – er ist inzwischen 84 und sie 82, die Arbeit in Haus und Garten wächst ihnen über den Kopf – ziehen sie zurück nach Westfalen, haben eine Wohnung in der Nähe eines ihrer Kinder erstanden. Abschied und Neubeginn!

In Maria Baumgärtle werden wir uns am Silvestertag um 23.30 Uhr in der Wallfahrtskirche treffen, um aus dem alten ins neue Jahr hinüber zu gehen, Gott zu danken, zu bitten und ihn zu loben. Dabei werde ich an einen Menschen erinnern, der wohl nicht Platz in jedem Jahresrückblick finden wird und der es doch verdient: Liu Xiaobo. 2010 bekam er den Friedensnobelpreis verliehen, den er damals nicht persönlich entgegen nehmen konnte, weil er nicht aus China ausreisen durfte. Zuletzt war er krebskrank und wieder wurde ihm die Ausreise verweigert, um sich im Ausland medizinisch behandeln zu lassen. Und nachdem er im Alter von 62 Jahren am 13. Juli 2017 gestorben war, wurde seine Leiche verbrannt und die Asche – wohl im Gegensatz zu chinesischen Bräuchen – im Meer verstreut. Was wohl so interpretiert werden muss, dass es darum ging, keinen Erinnerungsort zu institutionalisieren.

Deswegen möchte ich an dieser Stelle und in der Silvesternacht an Liu Xiaobo erinnern. Und mit ihm an alle, die sich für den Frieden einsetzen, auch wenn es sie das Leben kostet.

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