Unter den Freiwilligen, die in dem Haus für Männer in schwierigen Lebenssituationen der Missionarinnen der Nächstenliebe Dienst tun, sind jetzt im Sommer auch Seminaristen aus einem Priesterseminar im Süden Italiens. Eine „Sozialwoche“ gehört für sie zum vierten Ausbildungsjahr. Mit einem von ihnen kam ich ein wenig ins Gespräch, ein fröhlicher junger Mann, der mich an manch andere Begegnungen mit Seminaristen an verschiedenen Orten erinnerte.
Natürlich unterscheiden sich angehende Priester voneinander:
sie haben unterschiedliche familiäre, soziale und spirituelle Hintergründe,
verschiedene theologische, politische und sonstige Ansichten. Auch ihre
Priesterbilder bzw. ihre Vorstellungen vom priesterlichen Dienst sind
unterschiedlich.
Aldo, der junge Mann aus Apulien, mit dem ich ein wenig plauderte, während ich Melanzane bearbeitete, scheint mir aus einer noch „heilen katholischen Welt“ zu stammen. Voller Freude erzählte er mir von seiner Heimatgemeinde, den Kontakten mit dem Pfarrer und mit anderen Priestern. Und in seiner Herkunftsfamilie ist kirchliches Engagement etwas zum Leben Gehörendes. Wie ernst seine Überlegungen waren, Kapuziner zu werden, weiß ich nicht. „Aber die Diözese ist halt doch die Diözese“, grinste er mich an.
Während ich mich auf der einen Seite über einen jungen Mann freue, der „unverkrampft katholisch“ scheint und offensichtlich mit Freude seinen Weg in Richtung Priesterweihe geht, hoffe ich auf der anderen Seite, dass sein Blick nicht zu eng wird. Die italienischen Nachrichten berichteten Ende Juli viel über die Konzerte von Taylor Swift in Mailand, die deutschen dann von denen in Hamburg und München. Vielleicht ist die Parallele unpassend, aber mir kam sie doch: wie manche jungen Fans ihrem Idol Taylor Swift nahe sein wollen, so gibt es (immer noch!) junge Leute, welche sich von der „Kirchen-Welt“ angezogen fühlen: der Erhabenheit der Liturgie und der Schönheit liturgischer Gewänder, dem Weihrauchduft, dem besonderen Platz im Altarraum, einem Leben im Pfarrhaus etc.
Schön und gut, warum auch nicht? Für viele Priester und
Ordensleute gab es konkrete Bezugspersonen, welche entscheidend für den eigenen
Weg waren, Vorbilder.
Im Rückblick auf meinen eigenen Weg bilde ich mir ein, dass es da noch eine andere Schiene gab. Als ich als Jugendlicher, fast noch Kind, lernte, mit dem Evangelium zu leben, da war genau dies das Faszinierende. Die Frage einer konkreten Berufung trat zunächst dahinter zurück. Das kristallisierte sich dann schon mit der Zeit auch heraus.
Von daher ist mir eine gewisse Skepsis gegen manche
Maßnahmen der Berufungspastoral geblieben, wenn sie nicht tatsächlich bei der
Berufung aller Getauften ansetzen. Und von daher bin ich so dankbar für die
aktuelle Synode auf Weltebene, welche eben Kirche als Volk Gottes neu
aufleuchten lässt, Gemeinschaft der Getauften auf dem Weg. Da mag es dann unter
den Wandernden schon Wasserträger und Straßenkünstler geben, aber zunächst
einmal alle auf dem Weg.
Ende Juni wurden zwei junge italienische Mitbrüder zu Diakonen geweiht. Sie hatten mich zur Feier eingeladen und ich überlegte, was ich ihnen schenken könnte. Ein Buch? Gefällt mir, aber jungen Männern heute? Ich fragte einen Mitbruder um Rat: „eine kleine Ikone“? Oh je, ob das besser ist? Ich erinnerte mich an den italienischen Bischof Tonino Bello, der von der Schürze als dem eigentlichen Diakonengewand sprach, nicht der Stola. Also kaufte ich zwei Schürzen (für Männer!) und fand dann in Nähe noch eine Schneiderei, wo sie mir „Lc (deutsch: Lk) 22,27“ auf die Schürze stickten…
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