Wäre ich ihm irgendwo abends auf der
Straße begegnet, hätte ich vermutlich ein wenig Angst bekommen:
eine kräftige Gestalt, breitschultrig und mit ansehnlicher
Leibesfülle. Ob er als Türsteher bei einer Disco oder einem
Nachtclub arbeitet? Dabei stellte sich heraus, dass Daryl die
Sanftmut in Person ist. Er war einer der Teilnehmer unseres
Symposiums zum Thema „Gemeinschaftsleben“ in der vergangenen
Woche in Rom. Daryl war 15 Jahre in den USA Krankenhausseelsorger,
bevor er vor zwei Jahren Leiter unserer Mission in Vietnam wurde.
Dort lernt er jetzt Vietnamesisch und gibt Englisch-Unterricht für
Menschen aus dem kirchlichen Umfeld. Und kümmert sich eben um die
junge Gemeinschaft der Missionare vom Kostbaren Blut vor Ort.
Aus aller Welt waren Missionare vom
Kostbaren Blut zusammen gekommen, um miteinander darüber zu
sprechen, was Gemeinschaftsleben für uns bedeutet, ob es bestimmte,
besondere Qualitäten eines Missionshauses von Missionaren vom
Kostbaren Blut gibt. Voraus gegangen waren Überlegungen in den
jeweiligen Herkunftsländern. Und dort werden wir jetzt versuchen,
das in der vergangenen Woche gemeinsam Erarbeitete Wirklichkeit
werden zu lassen, in unserem jeweiligen Kontext anzuwenden.
Aus Portugal war Luis Filipe da, ein
alter Bekannter. Ich werde nie seine Freude und Leidenschaft
vergessen, mit der er uns vor Jahren „sein Fatima“ gezeigt hat.
Jetzt war er an einem Tag etwas bedrückt. Am Vorabend hatte er am
Telefon mit seinen Eltern gesprochen, die ihm erzählten, dass ein
Brand ihr Hab und Gut vernichtet hatte. Das heißt, das Wohnhaus
blieb verschont. Aber all die Bäume, welche sein Vater vor 20 Jahren
nach einem ähnlichen Brand gepflanzt hatte, wurden wieder
vernichtet. Dazu die Bienenstöcke – Luis Vater scheint ein
leidenschaftlicher Imker zu sein.
Die Mitbrüder aus der Iberischen
Provinz (Spanien und Portugal) haben vor einigen Jahren mit einer
Mission in Guinea-Bissau begonnen, einem sehr armen afrikanischen
Land. Von dort war Joaquim gekommen, der während der Woche seinen
66. Geburtstag feierte.
Unter den italienischen Teilnehmern war
Emo, der in unserem Gründungshaus im umbrischen S. Felice di Giano
lebt. Momentan können sie das wunderschöne Refektorium in dem alten
ehemaligen Kloster nicht benutzen, weil ein Erdbeben sich bis dorthin
ausgewirkt hat. In Giano lebt Emo mit Altin zusammen, einem aus
Albanien stammenden Mitbruder. Vielleicht kann auch in diesem Land
eine Mission beginnen. Von Italien aus ist es nicht so weit. Und auch
diesen Sommer werden einige Seminaristen der Missionare vom Kostbaren
Blut für ein, zwei Wochen dorthin gehen, um Erfahrungen zu sammeln.
Im Gespräch mit dem indischen
Vikariatsleiter Varakumar war ich davon betroffen, dass er mir sagte,
im vergangenen Jahr seien drei Mitbrüder des Vikariats gestorben.
Weil ja das Durchschnittsalter dort weit unter unserem liegt. Aber
zum einen ist die Zahl der Menschen, die durch Verkehrsunfälle ums
Leben kommen, in Indien hoch. Und dann erliegen die Menschen auch
Krankheiten.
Die italienischen Mitbrüder hatten den
Termin für eine Priesterweihe auf den Samstag vor Beginn des
Symposiums gelegt, so dass Mitbrüder aus aller Welt mit feiern
konnten. Geweiht wurde Alessandro Manzi, ein italienischer Ingenieur,
der als „Laien-Missionar“ nach Tansania gegangen war, um dort mit
zu arbeiten. Dabei hat er sich nicht nur in Afrika, bzw. Tansania
„verliebt“. Sondern auch seine Berufung als Missionar vom
Kostbaren Blut gefunden. Seine Priesterweihe am 22. Juli war ein
wunderschönes Fest und eine beeindruckende weltkirchliche Erfahrung.
Italienisch, Englisch und Suaheli wechselten sich ab. Und zum kleinen
Empfang nach der Weihe gab es auch die ein oder andere afrikanische
Spezialität zu probieren – bis hin zu getrockneten Heuschrecken.
Ich traf dabei auf eine Frau, die im
Hotel in Dar es Salaam arbeitet und ihre Ausbildung vor vielen Jahren
auch in der Hotelfachschule in Salzburg-Klessheim gemacht hat.
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