Dieser Tage war Matthias zu Besuch.
Wenn er im Urlaub zu Hause bei seiner Mutter ist, dann schaut er im
Normalfall auch bei uns vorbei. Bei schönem Wetter kommt er mit dem
Fahrrad, ansonsten nimmt er das Auto. Seit einiger Zeit fährt er ein
ehemaliges Postauto, ein Zweisitzer, auf dessen Ladefläche im
Kofferraum er im Bedarfsfall sein Fahrrad transportieren kann.
Matthias ist Priester und wir sind
ungefähr gleich alt. Wir tauschen uns aus und für mich ist das
jeweils bereichernd. Was wohl auch mit seinem Humor zusammen hängt.
Matthias arbeitet zusammen mit einem
anderen Priester in einer Pfarreiengemeinschaft, ich weiß gar nicht,
wie viele Pfarrei dazu gehören,. Am Wochenende haben sie 5 heilige
Messen, zwei am Vorabend, drei am Sonntag. Vor einiger Zeit – so
erzählte er diesmal – hatte er die beiden Vorabendmessen. In der
ersten wurde auch ein Jubiläum des Schützenvereins begangen, einige
Schützen saßen ziemlich weit vorne, teils mit verschränkten Armen,
anscheinend ohne sich irgendwie zu beteiligen. Es war köstlich, wie
Matthias die Mimik und Körperhaltung der Schützen imitierte. „Beim
Vater unser haben sie etwas mit gebrummelt“. Ansonsten gab es auch
noch ein paar vereinzelte Menschen in der Kirche. Und in der zweiten
Vorabendmesse waren auch sehr wenige Mitfeiernde. Matthias
kommentierte: „ich bin hinterher noch zum Kesselfleisch-Essen der
Feuerwehr, weil ich nach diesem Erlebnis ein Bier gebraucht habe“.
Im Hinblick auf die Pastoralvisitation
in diesem Herbst hatten sie vor kurzem eine Zählung der
Kirchenbesucher: weniger als 10 Prozent der vor Ort eingetragenen
Katholiken waren da. Da ändert sich etwas im Leben des Glaubens, der
Kirche. Die beiden Priesterkollegen haben im Gespräch entschieden,
nicht von sich aus die Zahl der Gottesdienste zu kürzen: „das
kommt sowieso“. Wie es schon mit Werktagsgottesdiensten geschah. Im
Winterhalbjahr fragten sie einmal vorsichtig, ob in der einen
Gemeinde nicht besser ein 14tägiger als ein wöchentlicher Rhythmus
wäre. Und die (eher älteren) Leute schienen sehr dankbar. „Wir
kommen ja ohnehin nur aus Mitleid mit dem Pfarrer, damit der nicht so
allein ist – 14tägig, das passt uns gut!“
Gerade war Matthias bei einer
Fortbildung mit einem aus Deutschland stammenden und in Holland
lehrenden Pastoraltheologen, der den Teilnehmenden Kennzeichen der
(Post-)Moderne nahe zu bringen versuchte. Ein solches ist seiner
Meinung nach die Projekt-Orientierung des heutigen Menschen. Können
wir bestätigen: Mitglieder für den Kirchenchor zu finden scheint
ein aussichtsloses Unternehmen. Geht es aber darum, im September für
die Festmesse an Weihnachten Leute zum Mitsingen und zu Proben
einzuladen, sieht es nicht so schlecht aus. Ein überschaubarer
Zeitraum, ein absehbares Ende.
Aber insgesamt scheint das nicht
unbedingt „Glaubens-kompatibel“. Glaube als zeitlich begrenztes
Projekt?
Auch Ordensgemeinschaften versuchen ja
das ein oder andere. Kann das gehen: zeitlich befristet Mitglied
einer Ordensgemeinschaft zu sein? „Kloster auf Zeit“ ist ja schon
älter, aber das scheint mir noch einmal etwas anderes. Papst
Franziskus schien auch verwundert über das Ansinnen eines jungen
Mannes, der fragte, ob er vielleicht einmal für zehn Jahre lang
Priester sein könnte, um dann weiter zu sehen.
Was Matthias dann auch noch zu bedenken
gab: „wir sind vier Geschwister, hatten dieselben Eltern, sind
miteinander aufgewachsen, haben dieselben Pfarrer erlebt, teilweise
die gleichen Religionslehrer. Aber heute sieht das sehr verschieden
aus, was unser Glaubensleben angeht. Es ist wohl doch nicht zuletzt
ein Geschenk, glauben zu können“.
Und woran machen wir es fest, dieses
„glauben“? Anders gefragt: scheitern die Glaubens-“Profis“
vielleicht auch daran, die Anzeichen des Glaubens bei anderen zu
entdecken, sie aufzugreifen und anderem in Verbindung zu bringen? Es
sind spannende Zeiten...
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