Dienstag, 15. August 2017

Glauben und so...

Dieser Tage war Matthias zu Besuch. Wenn er im Urlaub zu Hause bei seiner Mutter ist, dann schaut er im Normalfall auch bei uns vorbei. Bei schönem Wetter kommt er mit dem Fahrrad, ansonsten nimmt er das Auto. Seit einiger Zeit fährt er ein ehemaliges Postauto, ein Zweisitzer, auf dessen Ladefläche im Kofferraum er im Bedarfsfall sein Fahrrad transportieren kann.

Matthias ist Priester und wir sind ungefähr gleich alt. Wir tauschen uns aus und für mich ist das jeweils bereichernd. Was wohl auch mit seinem Humor zusammen hängt.
Matthias arbeitet zusammen mit einem anderen Priester in einer Pfarreiengemeinschaft, ich weiß gar nicht, wie viele Pfarrei dazu gehören,. Am Wochenende haben sie 5 heilige Messen, zwei am Vorabend, drei am Sonntag. Vor einiger Zeit – so erzählte er diesmal – hatte er die beiden Vorabendmessen. In der ersten wurde auch ein Jubiläum des Schützenvereins begangen, einige Schützen saßen ziemlich weit vorne, teils mit verschränkten Armen, anscheinend ohne sich irgendwie zu beteiligen. Es war köstlich, wie Matthias die Mimik und Körperhaltung der Schützen imitierte. „Beim Vater unser haben sie etwas mit gebrummelt“. Ansonsten gab es auch noch ein paar vereinzelte Menschen in der Kirche. Und in der zweiten Vorabendmesse waren auch sehr wenige Mitfeiernde. Matthias kommentierte: „ich bin hinterher noch zum Kesselfleisch-Essen der Feuerwehr, weil ich nach diesem Erlebnis ein Bier gebraucht habe“.

Im Hinblick auf die Pastoralvisitation in diesem Herbst hatten sie vor kurzem eine Zählung der Kirchenbesucher: weniger als 10 Prozent der vor Ort eingetragenen Katholiken waren da. Da ändert sich etwas im Leben des Glaubens, der Kirche. Die beiden Priesterkollegen haben im Gespräch entschieden, nicht von sich aus die Zahl der Gottesdienste zu kürzen: „das kommt sowieso“. Wie es schon mit Werktagsgottesdiensten geschah. Im Winterhalbjahr fragten sie einmal vorsichtig, ob in der einen Gemeinde nicht besser ein 14tägiger als ein wöchentlicher Rhythmus wäre. Und die (eher älteren) Leute schienen sehr dankbar. „Wir kommen ja ohnehin nur aus Mitleid mit dem Pfarrer, damit der nicht so allein ist – 14tägig, das passt uns gut!“

Gerade war Matthias bei einer Fortbildung mit einem aus Deutschland stammenden und in Holland lehrenden Pastoraltheologen, der den Teilnehmenden Kennzeichen der (Post-)Moderne nahe zu bringen versuchte. Ein solches ist seiner Meinung nach die Projekt-Orientierung des heutigen Menschen. Können wir bestätigen: Mitglieder für den Kirchenchor zu finden scheint ein aussichtsloses Unternehmen. Geht es aber darum, im September für die Festmesse an Weihnachten Leute zum Mitsingen und zu Proben einzuladen, sieht es nicht so schlecht aus. Ein überschaubarer Zeitraum, ein absehbares Ende.
Aber insgesamt scheint das nicht unbedingt „Glaubens-kompatibel“. Glaube als zeitlich begrenztes Projekt?

Auch Ordensgemeinschaften versuchen ja das ein oder andere. Kann das gehen: zeitlich befristet Mitglied einer Ordensgemeinschaft zu sein? „Kloster auf Zeit“ ist ja schon älter, aber das scheint mir noch einmal etwas anderes. Papst Franziskus schien auch verwundert über das Ansinnen eines jungen Mannes, der fragte, ob er vielleicht einmal für zehn Jahre lang Priester sein könnte, um dann weiter zu sehen.

Was Matthias dann auch noch zu bedenken gab: „wir sind vier Geschwister, hatten dieselben Eltern, sind miteinander aufgewachsen, haben dieselben Pfarrer erlebt, teilweise die gleichen Religionslehrer. Aber heute sieht das sehr verschieden aus, was unser Glaubensleben angeht. Es ist wohl doch nicht zuletzt ein Geschenk, glauben zu können“.

Und woran machen wir es fest, dieses „glauben“? Anders gefragt: scheitern die Glaubens-“Profis“ vielleicht auch daran, die Anzeichen des Glaubens bei anderen zu entdecken, sie aufzugreifen und anderem in Verbindung zu bringen? Es sind spannende Zeiten...

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