Liebe Brüder und
Schwestern,
ehrlich gesagt, frage ich mich manchmal, was Euch und Sie bewegt,
an diesem Abend hierher zu kommen. Wenn zu unseren Maiandachten oder
jetzt bald wieder zum Unterallgäuer Radlertag viele Menschen kommen,
dann leuchtet mir das ein. Das ist ja schön, oder soll ich sagen:
„anrührend, berührend“.
Aber das
„Hochfest des Kostbaren Blutes“? Braucht´s da nicht einen
starken Magen? Also gesetzt einmal den Fall, Ihr seid nicht nur wegen
der guten Musik der Musikkapelle von Bedernau hier, oder weil es
einfach in Maria Baumgärtle grundsätzlich schön ist. Das könnte
ich ja auch verstehen.
Wir sind gerade
dabei, unser Gebetbuch, das „Lob des Kostbaren Blutes“ zu
überarbeiten. Bis Weihnachten hätten wir gern das neue, an dem wir
schon eine ganze Zeit arbeiten, vor kurzem saß die Kommission wieder
zwei Tage hier in Baumgärtle zusammen, im September werden es zwei
Tage in Schellenberg sein. Und wir haben z.B. darüber diskutiert,
eine Kostbar-Blut-Litanei eines amerikanischen Mitbruders in das Buch
hinein zu nehmen, in der etwa auch von dem Blut die Rede ist, das –
wörtlich - „auf den Straßen verspritzt wird“. Wir weichen doch
eher zurück, wenn wir nicht gar in Ohnmacht fallen, wo wir dem Blut
begegnen.
Und sind jetzt
hier, um das „Hochfest des Kostbaren Blutes“ zu feiern. Mir hilft
seit Jahren der Gedanke interessanterweise eines Nicht-Christen, um
zu verstehen, worum es geht. Mahatma Gandhi, der große Mann der
Gewaltfreiheit in Indien sagte bzw. schrieb einmal:
Alles, was von
fundamentaler Bedeutung für ein Volk ist, lässt sich nicht durch
die Vernunft allein erreichen. Es muss durch Leiden erkauft werden.
Vielleicht müssen Ströme von Blut fließen, bis wir frei werden,
aber dann muss es unser Blut sein, nicht das Blut der anderen. Leiden
ist eine viel stärkere Macht als das Gesetz des Dschungels, denn es
kann auch unsere Gegner wandeln.
Für mich ist das
Hochfest des Kostbaren Blutes deswegen so wichtig, weil es mir
sozusagen die „Rückseite der Liebe“ zeigt. Wir alle sehnen uns
nach Liebe, danach verstanden, unterstützt, angenommen zu werden.
Und je schlechter ich drauf bin, desto mehr bin ich darauf
angewiesen.
Wie dankbar bin
ich Menschen, die sich nicht zurück ziehen oder mich zurück weisen,
wenn ich eine solche Phase durchlebe, wenn ich mich nicht von meiner
Schokoladenseite zeige.
Und gleichzeitig
erfahre ich, dass mir der Blick auf das Blut Jesu hilft, andere
anzunehmen in all ihrer Widerborstigkeit und Schwäche.
Liebe ist nicht
nur ein Gefühl und nicht nur eine Auswirkung davon, dass die „Chemie
zwischen Menschen stimmt“ - das kann durchaus hilfreich dazu
kommen. Ansonsten scheint mir Liebe eher mit engagiertem Einsatz
verbunden, von „Herzblut“ reden wir manchmal.
Ich habe
vielleicht schon einmal erzählt von dem Besuch buddhistischer Mönche
in einem Haus katholischer Ordensleute in Italien, in dem ich auch
einmal drei Monate gelebt habe. Einer der Mönche erzählte: „Ich
stellte abends meine schmutzigen Schuhe vor die Tür, und am Morgen
fand ich sie geputzt vor. Ich hängte mein schmutziges Gewand draußen
an den Kleiderhaken, und am Morgen fand ich es gewaschen und gebügelt
wieder. Meine Gastgeber wussten, dass ich als Südostasiat unter der
Kälte litt. Da stellten sie die Heizung höher und gaben mir
zusätzliche Decken... Eines Tages fragte ich: `Warum tut ihr das
eigentlich?´- `Weil wir dich gern haben´, war die Antwort“. Diese
Erfahrung hat den Weg zu einem echten Dialog zwischen Buddhisten und
Christen eröffnet. Ich weiß, dass der buddhistische Mönch später
auch erzählt hat, dass er das Kreuz verstanden habe. Was für einen
Buddhisten eine, sagen wir es harmlos, ziemlich ungewöhnliche Sache
ist. „Das ist die `Super-Liebe´“, so formulierte er es.
Das vergossene
Blut als „Rückseite der Liebe“ oder als höchster Ausdruck der
Liebe – das feiern wir am Hochfest des Kostbaren Blutes. In großer
Dankbarkeit für die Liebe Gottes, die sich uns darin zeigt. Und als
Anregung bzw. Herausforderung für unsere Beziehungen, die Art, wie
wir miteinander umgehen.
Wie schnell
verletzen wir einander, durch unsere Haltung und unsere Worte. Und
wie heilsam sind Menschen, die sich für andere einsetzen, was mit
dem Ertragen beginnt. Nicht „dein Blut vergießen“ durch meine
Sticheleien und Hässlichkeiten, sondern „mein Blut vergießen“,
indem ich auf dich eingehe und dich achte. So stiften wir Frieden in
dem, der unser Friede ist, durch dessen Blut Nähe möglich wurde.
AMEN