Donnerstag nachmittags, ich stehe in
Türkheim am Bahnhof. Die Füße tun etwas weh und ich bin nass
geschwitzt. Knapp 30 Kilometer bin ich wohl marschiert und jetzt
möchte ich mit dem Zug nach Mindelheim zurück fahren.
Vor mir am Fahrkartenautomaten zwei
junge dunkelhäutige Männer. Als sie mich wahrnehmen, möchten sie
mir den Vortritt lassen. Aber ich ermutige sie, ruhig ihre Fahrkarte
zu lösen. „Can you help me?“ sagt der eine dann. „I am
helpless“. Das kann ich nachvollziehen. Immer wieder erzählen mir
Menschen, dass sie sich schwer tun mit den Fahrkartenautomaten.
Also frage ich den einen, was er denn
brauche: eine Fahrkarte nach Mindelheim. Und wie helfe ich ihm jetzt?
Nein, ich werde die Karte nicht für ihn lösen, sondern mit ihm
zusammen. So zeige ich ihm zuerst die Sprachleiste, auf der er die
Bildschirmsprache wählen kann. Die britische Flagge angetippt –
und schon steht alles auf Englisch da. Wobei das dann auch noch
gelesen werden muss. Ich merke, dass ich mich mit ziemlich viel
„Fahrkartenautomaten-Praxis“ da leichter tue. Aber Geduld, der
junge Mann soll selbst lesen und verstehen. Und da geht es nicht nur
um Wörter und Sprache, sondern auch um eine ganz eigene „Logik“...
So navigieren wir uns gemeinsam von
einem Schritt zum nächsten. Er will auch wieder zurück, von
Mindelheim nach Türkheim. Und da will der Automat unbedingt eine
Abfahrtszeit für die Rückfahrt angegeben haben, sonst kann man
nicht zum nächsten Schritt im Menü gelangen. Das hat mich auch
schon „auf deutsch“ geärgert, und jetzt auf englisch.
Schlussendlich sind aber dann alle Schritte getan und der junge Mann
schiebt eine €10.- - Note in den entsprechenden Schlitz. Und erhält
seine Fahrkarte und das Rest-Geld.
Mit Blick auf die Uhr freue ich mich,
dass ich jetzt auch meine eigene Fahrkarte lösen kann, der Zug soll
in wenigen Minuten einfahren. Aber halt: auch der zweite junge Mann
braucht eine Fahrkarte. Offensichtlich fahren sie nur miteinander
nach Mindelheim, aber zu verschiedenen Zeiten zurück.
Gut! Also dasselbe Spiel noch einmal.
Wobei ich zugebe, dass ich jetzt selbst ziemlich flott die einzelnen
Schritte des Menüs durchgehe, um an die Fahrkarte für den jungen
Mann zu kommen. Weil ich wenn möglich auch noch die eigene Karte
lösen möchte, bevor der Zug ein- und mir zuletzt noch davon fährt.
Nachdem ich also eine weitere Karte auf
englisch gelöst habe und sich der junge Mann diese aus dem Automaten
genommen hat, bedanken sich die beiden. Und ich beeile mich, um auch
zu meiner Karte zu kommen. Und sehe im Display, dass der Zug fünf
Minuten Verspätung hat. So dass ich also genug Zeit habe, auch meine
Karte zu lösen. Ist das die Belohnung des himmlischen Vaters dafür,
dass ich mich um die beiden jungen Männer gekümmert hatte?
Als ich auch meine Fahrkarte in der
Hand habe, gehe ich noch einmal zu den beiden jungen Männern hin und
frage sie, woher sie kommen. Aus Türkheim. Und ursprünglich? Aus
Nigeria.
Weil es mir draußen zu kalt ist, ich
mich aber auch nicht neugierig aufdrängen will, gehe ich jetzt für
zwei Minuten in den geheizten Warteraum, bis der Zug einfährt, den
wir nun alle drei mit gültigen Fahrausweisen besteigen.
Und tatsächlich kommt heute auch ein
Zugbegleiter und kontrolliert...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen