Freitag, 15. Januar 2016

am Fahrkartenautomaten...

Donnerstag nachmittags, ich stehe in Türkheim am Bahnhof. Die Füße tun etwas weh und ich bin nass geschwitzt. Knapp 30 Kilometer bin ich wohl marschiert und jetzt möchte ich mit dem Zug nach Mindelheim zurück fahren.

Vor mir am Fahrkartenautomaten zwei junge dunkelhäutige Männer. Als sie mich wahrnehmen, möchten sie mir den Vortritt lassen. Aber ich ermutige sie, ruhig ihre Fahrkarte zu lösen. „Can you help me?“ sagt der eine dann. „I am helpless“. Das kann ich nachvollziehen. Immer wieder erzählen mir Menschen, dass sie sich schwer tun mit den Fahrkartenautomaten.

Also frage ich den einen, was er denn brauche: eine Fahrkarte nach Mindelheim. Und wie helfe ich ihm jetzt? Nein, ich werde die Karte nicht für ihn lösen, sondern mit ihm zusammen. So zeige ich ihm zuerst die Sprachleiste, auf der er die Bildschirmsprache wählen kann. Die britische Flagge angetippt – und schon steht alles auf Englisch da. Wobei das dann auch noch gelesen werden muss. Ich merke, dass ich mich mit ziemlich viel „Fahrkartenautomaten-Praxis“ da leichter tue. Aber Geduld, der junge Mann soll selbst lesen und verstehen. Und da geht es nicht nur um Wörter und Sprache, sondern auch um eine ganz eigene „Logik“...

So navigieren wir uns gemeinsam von einem Schritt zum nächsten. Er will auch wieder zurück, von Mindelheim nach Türkheim. Und da will der Automat unbedingt eine Abfahrtszeit für die Rückfahrt angegeben haben, sonst kann man nicht zum nächsten Schritt im Menü gelangen. Das hat mich auch schon „auf deutsch“ geärgert, und jetzt auf englisch. Schlussendlich sind aber dann alle Schritte getan und der junge Mann schiebt eine €10.- - Note in den entsprechenden Schlitz. Und erhält seine Fahrkarte und das Rest-Geld.

Mit Blick auf die Uhr freue ich mich, dass ich jetzt auch meine eigene Fahrkarte lösen kann, der Zug soll in wenigen Minuten einfahren. Aber halt: auch der zweite junge Mann braucht eine Fahrkarte. Offensichtlich fahren sie nur miteinander nach Mindelheim, aber zu verschiedenen Zeiten zurück.
Gut! Also dasselbe Spiel noch einmal. Wobei ich zugebe, dass ich jetzt selbst ziemlich flott die einzelnen Schritte des Menüs durchgehe, um an die Fahrkarte für den jungen Mann zu kommen. Weil ich wenn möglich auch noch die eigene Karte lösen möchte, bevor der Zug ein- und mir zuletzt noch davon fährt.

Nachdem ich also eine weitere Karte auf englisch gelöst habe und sich der junge Mann diese aus dem Automaten genommen hat, bedanken sich die beiden. Und ich beeile mich, um auch zu meiner Karte zu kommen. Und sehe im Display, dass der Zug fünf Minuten Verspätung hat. So dass ich also genug Zeit habe, auch meine Karte zu lösen. Ist das die Belohnung des himmlischen Vaters dafür, dass ich mich um die beiden jungen Männer gekümmert hatte?

Als ich auch meine Fahrkarte in der Hand habe, gehe ich noch einmal zu den beiden jungen Männern hin und frage sie, woher sie kommen. Aus Türkheim. Und ursprünglich? Aus Nigeria.

Weil es mir draußen zu kalt ist, ich mich aber auch nicht neugierig aufdrängen will, gehe ich jetzt für zwei Minuten in den geheizten Warteraum, bis der Zug einfährt, den wir nun alle drei mit gültigen Fahrausweisen besteigen.

Und tatsächlich kommt heute auch ein Zugbegleiter und kontrolliert...

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