„AsylbLG“ ist die Abkürzung für
„Asylbewerberleistungsgesetz“. Weiß ich seit kurzem. Und bin
ganz glücklich gewesen, vor kurzem einen Brief vom BAMF (Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge) bekommen zu haben. Unter all den
„frommen Dingen“, die hier bei uns ankommen, sticht so etwas
heraus.
Damit mich niemand falsch versteht: ich
möchte nicht aufgrund des Unglücks anderer glücklich werden oder
deren Not missbrauchen, um meine Zufriedenheit zu steigern.
Aber seit knapp drei Wochen lebt ein
junger Syrer bei uns im Kirchenasyl. Ein Tropfen auf den heißen
Stein, ja. Und irgendwie scheint es fast ein wenig eine
Alibi-Geschichte zu sein. Der junge Mann war in Gefahr, nach Ungarn
abgeschoben zu werden. Und weil es von dort immer wieder Berichte
über Misshandlungen von Flüchtlingen gibt, wollte man dieser
drohenden Abschiebung zuvor kommen. Und wir helfen dabei.
Der junge Mann hat eine Schwester nicht
weit weg von hier verheiratet und eine andere in Holland. Die Eltern
und weitere Geschwister leben noch in Syrien. Im Heimatort ist nur
der Vater geblieben, der sein Haus nicht verlassen möchte. Die
anderen Familienmitglieder sind geflohen, weil es zu viele
Bombenangriffe gab. Der Vater besucht regelmäßig seine Frau und die
anderen Kinder.
Und H., der bei uns wohnt, ist
geflohen, um nicht zwangsrekrutiert zu werden, auf andere schießen
zu müssen und selbst in Lebensgefahr zu kommen. Auf dem Landweg,
über die Türkei und Griechenland kam er an.
Und es ist eine mir schon bekannte
Erfahrung: es macht einen Unterschied aus, vom Elend Hunderter
Flüchtlinge zu lesen oder Bilder in den Nachrichten darüber zu
sehen, oder mit einem persönlich zu sprechen, seine Geschichte zu
hören.
Wobei wir dankbar sind, dass das auf
Englisch geht. Andere Syrer sprechen nur Arabisch – da hätten wir
keine Chance.
Klar erfordert das Zusammenleben jetzt
auch Fingerspitzengefühl. Sr.Ewa in der Küche macht das ganz
bravourös. Falls für uns Schweinefleisch auf den Tisch kommt, dann
hat sie für den Muslim H. eine Alternative vorbereitet. Und ich habe
auch bemerkt, dass im Brotkorb jetzt öfter als früher Weißbrot zu
finden ist – wohl auch ein Zugeständnis an den Geschmack unseres
Gastes. Wahrscheinlich kommt dazu, dass Sr.Ewa entdeckt hat, dass sie
genau gleich alt ist wie H.s Mutter...
H. ist abends lange wach und schläft
dann bis mittags. Das macht seine Mitarbeit im Haus bzw. Garten etwas
mühsam. Die ich ihm anbiete, damit ihm hier bei uns nicht die Decke
auf den Kopf fällt. Bei Tisch hat er sich allerdings sofort
eingebracht, hilft uns auf- und abdecken.
Und H. hat eine große Leidenschaft:
Fußball! In der deutschen Bundesliga kennt er sich viel besser aus
als ich und es ist für mich höchst erstaunlich, was er alles über
einzelne Spieler weiß. So haben wir auch schon das ein oder andere
Fußballspiel im Fernsehen gemeinsam angesehen. Ein Versuch, sein
Leben zu teilen.
Hin und wieder spreche ich ihn auch auf
den Deutsch-Kurs an, den er auf seinem Smartphone hat. Da wünschte
ich mir etwas mehr Initiative bei ihm. Allerdings ist er aus dem
Alter heraus, in dem man Kinder mit Zwang zu Hausaufgaben zu bewegen
versucht.
Apropos Smartphone: als er den Code für
unser drahtloses Internet bekam, da war er glücklich. Jetzt kann er
mit zu Hause in Kontakt sein, Kontakte über Facebook und WhatsApp
pflegen. Wenn es zu Hause mit dem Internet klappt. Das ist dort
weniger selbstverständlich als bei uns.
Und mich erinnert die Anwesenheit H.s
daran, beim Beten um den Frieden nicht nach zu lassen.
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