Mittwoch, 30. April 2014

Morgenrituale...

Jede und jeder gestaltet ihn etwas anders, ihren oder seinen Morgen. Ganz abgesehen einmal von den grundlegenden Unterschieden zwischen passionierten Frühaufstehern (gibt es!) und Morgenmuffeln.
Bei mir gibt es die Reihenfolge G-K-G, Gymnastik, Kosmetik, Gebet.

Für Teil 1 ca. 10 Minuten, Teil 2 10-15 Minuten und Teil 3 30 Minuten. Detaillierter?
Die Gymnastikübungen dienen vor allem der Stärkung der Rückenmuskulatur und für ein paar davon nehme ich ein Deuser-Band zu Hilfe, seit Jahren bin ich ein großer Fan dieses Sportartikels, der „Sporthalle für zu Hause“. Der starke Rücken ist ja auch im übertragenen Sinn nicht so schlecht. Damit hat vielleicht dann eher Teil 3 zu tun.

Teil 2 werde ich hier nicht näher beschreiben, manchmal ist darin das Besteigen der Waage enthalten. Und der Blick auf deren Display löst verschiedene (nicht sehr heftige) Reaktionen aus.

Und nachdem ich Teil 1 im Schlafzimmer und Teil 2 in der Nasszelle absolviert habe, bewege ich mich für Teil 3 in mein Wohnzimmer, wo ich mir einen Gebetsplatz eingerichtet habe. An diesem stehe ich, atme durch, versuche mir der Gegenwart Gottes bewusst zu werden und setzte mich dann auf einen Meditationshocker, um eine Zeit im Schweigen „da“ zu sein.

Und neulich ist es mir passiert, dass ich auf dem Weg von Teil 2 zu Teil 3, also von der Kosmetik zum Gebet bemerkt habe, dass ich mich nicht auf die Waage gestellt hatte, wie ich mir das eigentlich vorgenommen hatte. Egal! Beim nächsten Mal halt, am nächsten Morgen.

Wobei mich diese Sache dann doch noch weiter beschäftigte. Das Körpergewicht im Auge zu behalten ist ja gut, vernünftig. Vor kurzem stand ich vor einem Apothekenschaufenster, in dem mich ein Werbeplakat amüsierte: „Sind Sie zu klein für Ihr Gewicht?“ stand da in fetten (!) Lettern zu lesen. Und anhand der in etwas kleineren Lettern daneben angebrachten Tabelle konnte ich feststellen, dass das tatsächlich auf mich zutrifft. Ich bin zu klein für mein Gewicht – oh je!

Aber noch einmal: das Körpergewicht ist die eine Sache. Aber was „wiegt“ denn sonst? Oder was zählt? So meine tief schürfenden Überlegungen noch vor dem Frühstück. Wenn man so die Lebensqualität eines Tages auch wiegen könnte – wie viel brächte ich am Abend dieses Tages auf die Waage?

Und schon war ich bei meinem Namenspatron, dem hl.Aloisius von Gonzaga. Dem man nachsagt, dass ihn eben dieser Gedanke existentiell umgetrieben hat. Was hat all das, was ich tue, für einen Wert im Hinblick auf die Ewigkeit?

Ich weiß nicht, mit welchem Alter Aloisius anfing, sich solche Gedanken zu machen. Die Sache passt nicht schlecht zur Ideenwelt des Jesuitenordens, dem der Heilige angehörte. Dessen Gründer schlägt eine recht drastisch-deutliche Übung vor: versetz dich einmal in die Stunde deines Todes: wie möchtest du dann gelebt haben? Bis heute wird diese Übung praktiziert, mit verschiedenen Methoden und Variationen. Z.B. „wie müsste die Leichenrede für dich klingen, oder: was sollte auf deinem Grabstein stehen?“

Ob das jetzt lediglich Gedanken eines älter werdenden Paters und Missionars sind? Weil ich sie am Morgen des besagten Tages nicht so weit vertiefte, habe ich das jetzt mit Dir und Ihnen, geneigte Leserin, geneigter Leser getan. Gute Zeit!