Da! Es raschelt geheimnisvoll. Und als
ich hin sehe, zu der Stelle, wo ich das Rascheln gehört habe, da
sehe ich noch ein paar Blätter des Rankenwerkes auf der Mauer
zittern. Eine Eidechse hat sich wohl in Bewegung gesetzt, als mein
Schatten auf die Stelle fiel, an der sie sich gesonnt hatte. Diese
Szene gehört für mich zu Spaziergängen und Wanderungen im Süden
dazu.
Diesmal war es Anfang Februar. Nach
einem Ordensmännertreffen in Castel Gandolfo machte ich mich zu Fuß
auf den Weg zum Bahnhof. Und bemerkte dort, dass der nächste Zug
nach Rom erst in 1 ½ Stunden fährt. So lange wollte ich jetzt nicht
am Bahnhof Castel Gandolfo stehen bleiben. Also marschierte ich
hinunter zum Albaner See. Und scheuchte eben beim Vorbeigehen die
Eidechse auf.
Schon in den Vortagen hatte ich immer
wieder ein kleines gelbes Flugzeug über dem See bemerkt, auch an
diesem Tag war es unterwegs. „Vigili del fuoco”
war auf dem Flugzeug zu lesen -
„Feuerwehr“. Und später am Bahnhof klärte mich ein Mitreisender
auf, dass dieses Flugzeug am nahe gelegenen Flughafen Ciampino
stationiert sei und hier wohl Übungsflüge mache: Wasser aus dem See
entnehmen, um es zu eventuellen Brandorten hin zu transportieren. Das
Wasser-Entnehmen sah ich leider nicht, wohl aber, wie sich der
Wassertank des Flugzeugs über dem See wieder entleerte. Und dann
drehte der Pilot eine weitere Runde über die bewaldeten Hänge,
welche den See im Vulkankrater säumen.
Unten am See
angekommen sah ich die Surfer, die ich ebenfalls schon in den Tagen
zuvor von oben bewundert hatte. Wie sie sich vom Wind über den See
treiben ließen. In schwarzen Neoprenanzügen gut gegen die Kälte
des Windes und des Wassers geschützt. Eine ganze Reihe solcher
Surfer war da am Freitag mittags unterwegs, beneidenswert...
Mir fiel eine
Erzählung von Marie Luise Kaschnitz ein, deren Todestag sich in
diesem Oktober zum 40. mal jährt. In „Der schwarze See“
beschreibt sie recht schaurig gruslige Ereignisse an diesem Albaner
See, die in der Erzählung im seltsamen Kontrast zum fröhlichen
Treiben der Ausflügler stehen. Letzteres erlebe ich auch heute,
natürlich schon dem Februar entsprechend, nicht so, wie es einige
Monate später sein wird.
Auf der
gegenüberliegenden Seite des Sees, von Castel Gandolfo aus gesehen,
liegt der Monte Cavo, auf dessen Gipfel ein ganzer Wald von großen
Antennen steht. Heute sieht man dies. In den vergangenen Tagen war
der Gipfel oft in den Wolken. Ich erinnere mich daran, dass Gaspare
del Bufalo, der Gründer meiner Ordensgemeinschaft, sich dorthin
zurück gezogen haben soll, um die „Regel für die Studenten“ zu
schreiben. Ja, ich gehe in einem Gebiet, das Gaspare sehr wohl
vertraut war.
Zurück zum Bahnhof,
ich möchte doch den Zug nach Rom erreichen. Weil es bergauf geht,
ziehe ich mir Jacke und Pullover aus und gehe im Hemd, den Rucksack
auf dem Rücken. Spätestens beim Bahnhof angekommen merke ich, dass
meine Entscheidung richtig war, ich habe geschwitzt beim
Heraufmarschieren und ziehe mir schnell die Jacke wieder an, um mich
in den letzten Minuten des Wartens auf den Zug nicht zu erkälten.
Denn allein der Blick auf die Orangen und Zitronen an den Bäumen,
die ich aus dem Zugfenstern bei der Fahrt nach Rom sehe, reicht nicht
als Vitaminzufuhr gegen eine heraufziehende Erkältung.
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