Sonntag, 30. November 2025

Wer ist (die) Kirche?

„Papst Leo hat vor mehreren Hunderttausend Menschen die Messe gefeiert“. Derartige Formulierungen, wie sie auch in vatikanischen Medien vorkommen, erzeugen in mir regelmäßig ein gewisses Unbehagen. Feiert da einer vor anderen oder feiern sie miteinander? De facto mag ja die Formulierung sogar bisweilen stimmen. Wenn die Mitfeiernden als Zuschauer kommen, um den/die „VIP Papst“ zu sehen. Der Feier selbst entspricht das aber nicht. Denn wir feiern miteinander Eucharistie, wenn auch mit verschiedenen Rollen und Aufgaben.

Ähnlich kribbelig werde ich innerlich, wenn ein Zelebrant zu Beginn der Messe sagt: „die Kirche lädt uns heute ein, des heiligen XY zu gedenken“. Welche Kirche lädt da wen ein? Gehören die vermeintlich Eingeladenen denn nicht auch zur Kirche? Von wem werden sie also dann eingeladen?

Oder eine Fürbitte in der Sonntagsmesse am 5. Oktober: „La Chiesa ci aiuti a crescere nella fede e nell’incontro con il Signore…” (“Die Kirche helfe uns dabei, im Glauben und in der Begegnung mit dem Herrn zu wachsen…“). Welche Kirche hilft denn jetzt da wem?

Tatsächlich berührte mich auch der zweifelsohne gut gemeinte Satz von Papst Leo beim vergangenen Jubiläum des gottgeweihten Lebens im Rahmen des Heiligen Jahres merkwürdig, als er uns in der vatikanischen Audienzhalle versammelten Ordensleuten zurief: „Die Kirche braucht euch!“ Wiederum: welche Kirche braucht da wen? Wäre es nicht richtiger zu sagen: wir brauchen einander in der Kirche? Beim letzten Beispiel könnte man jetzt noch über die nicht immer ganz unproblematische Beziehung zwischen Hierarchie und Charismen nachdenken, aber das wäre noch einmal ein eigenes Thema.

Die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ hat gerade ihr 30-Jahr-Jubliäum gefeiert. Und bei allem Fragwürdigen machen diese Menschen ja tatsächlich auf etwas ganz Wichtiges aufmerksam.

Interessanterweise kann gerade eine „für Kirchens“ schwierigere Situation zu neuem Bewusstsein helfen. Wenn etwa Menschen vor Ort sich nicht damit abfinden, dass „ihr Kirchbau“ vor Ort geschlossen bzw. abgerissen werden soll. Wobei dann bisweilen kreative Lösungen entstehen (vgl. etwa St. Johann Baptist in Krefeld, vor kurzem auf katholisch.de beschrieben).

Nicht umsonst ist neben Kommunion und Mission Partizipation eines der drei Schlagworte der Synodalität. Niemand soll ausgeschlossen werden und sein, alle sollen gehört werden, sich zu Wort melden können. Ich bin sehr dankbar für alles, was in den vergangenen paar Jahren da angestoßen wurde und jetzt an verschiedenen Stellen umgesetzt zu werden beginnt.

Ich selbst konzelebriere in der Eucharistiefeier mit wenigen Ausnahmen nicht mehr, obwohl ich dadurch manchmal auch Unverständnis oder Missfallen ernte. Zugegebenermaßen hat mich das Beispiel anderer dazu ermutigt, allein wäre ich vielleicht nicht auf diese Idee gekommen. Aber ich bin gerne mit anderen Getauften zusammen ein „normaler“ Mitfeiernder, wenn ein anderer Priester die Vorsteherrolle übernimmt. Wobei ich gerne „aushelfe“, wenn mich getaufte Brüder und Schwestern um den Vorsteherdienst bitten, weil es z.B. sonst bei ihnen keine Sonntagsmesse gäbe. In Rom kam das in dieser Form nicht vor und jetzt muss ich mich im deutschen Sprachraum neu orientieren. Gemeinsam mit den getauften Brüdern und Schwestern…

 

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