Wieder bin ich im Urlaub „Kurseelsorger“. Tatsächlich ist es vor allem Urlaub, denn meine Verpflichtung besteht in der täglichen Messe von Montag bis Samstag und der Bereitschaft, auf Anfrage für Gespräche zur Verfügung zu stehen.
Im Kurhotel gibt es eine relativ große Kapelle, lange Zeit waren Ordensschwestern in diesem Haus. Hier versammelt sich also abends eine überschaubare Zahl an Menschen zur Eucharistiefeier. Außer den Kurgästen kommt der eine oder die andere aus dem Ort bzw. umliegenden Gemeinden. Wie erlebe ich diese Liturgie und meinen Dienst?
Die Ausgangslage ist nicht einfach, denn wir kennen uns nicht: die Mitfeiernden mich und ich sie und auch die Mitfeiernden untereinander. Tatsächlich sind die wenigen Leute, im Normalfall weniger als zehn, weit verstreut in der Kapelle. Wenn ich regelmäßig in einer Gemeinde zur Werktagsmesse war, dann habe ich schon einmal die Mitfeiernden eingeladen, weiter nach vorne (und damit auch näher zueinander) zu kommen. („Heute ist der P. Alois da, wir müssen nach vorne!“, so hörte ich einmal eine Frau. An die ich mich gerne erinnere, weil sie auch sonst gerade heraus war.) Hier im Kurhotel, als Gast unter Gästen, bin ich aber vorsichtig. Mir scheinen die Voraussetzungen nicht gegeben, obwohl ich andererseits auch nicht glücklich bin.
In einer Werktagsmesse fiel mir ein Mann auf, ich hatte ihn vorher bereits im Speisesaal des Kurhotels gesehen, der sich in die allerletzte Bank setzte. Ein Mann mit großen Händen, die von schwerer Arbeit zeugen. Und ich dachte mir: vermutlich sitzt er auch in der heimatlichen Pfarrkirche ganz hinten, das ist sein Platz. Ich werde kein „Umerziehungsprogramm“ starten.
Ich nehme mir allerdings die Freiheit, zu den Fürbitten einzuladen. Immer weniger mag ich die Fürbittenvorlagen und ermutige die Menschen, ihre eigenen Anliegen auszusprechen, damit wir das Gebet auch miteinander teilen. Ein schwieriges Unterfangen. Die Mesnerin hat sich getraut, sonst niemand. Also formuliere ich ein paar Bitten.
Im gut besetzten Speisesaal sitzend überlege ich mir, ob ich etwa von Tisch zu Tisch gehen und die Menschen zur Eucharistie einladen sollte. Vielleicht würde das der ein oder andere Kollege so tun. Mir entspricht das nicht, es käme mir übergriffig vor. Auf der Straße kann mir jemand zumindest ausweichen, hier müsste er entweder vom Essen aufstehen oder mich weiterschicken.
Die Kapelle ist in gewisser Weise eine „andere Welt“ im Kurhotel und man merkt es auch an der Raumtemperatur. Während es im Hotel überall angenehm temperiert bis warm ist, immer wieder sehe ich Menschen im T-Shirt spazieren, ist die Kapelle kalt, man sollte gut angezogen sein. Damit ist Kirche wie an anderen Orten ähnlich nicht sehr „konkurrenzfähig“.
Auf dem Weg zum hauseigenen Hallenbad sah ich heute eine junge Frau, sie wartete wohl auf ihre Massage, die ins Lesen des Gotteslob vertieft war. Wer weiß, was in den Menschen alles geschieht. Ich muss nicht alles machen…
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