Mitte des Monats starb ein Lehrer, den ich als Gymnasiast in den Fächern Deutsch und Latein hatte und an den ich mich gerne erinnere. Einige der Erinnerungen möchte ich aufschreiben.
Eine der von uns Schüler/inn/en geschätzten Eigenschaften dieses Lehrers war, dass er herrlich abschweifen konnte. Wenn es gelang, ihn auf irgendein Nebengeleise zu lenken, dann konnte er viertelstundenlang den eigentlichen Unterricht vergessen und sich diesem Thema widmen. Was wir Schüler/inn/en natürlich (schamlos?) ausnutzten. Indem wir zum Beispiel manchmal absichtlich nicht die Tafel nach der vorhergehenden Unterrichtsstunde abwischten (macht man das heute noch?), sondern bewusst Dinge dort stehen ließen, weil wir hofften, dass unser Deutsch- bzw. Lateinlehrer es lesen und darauf eingehen, einen längeren Kommentar abgeben würde.
In Latein lasen wir in einem Schuljahr gemeinsam Asterix – freiwillig, am Nachmittag, außerhalb der offiziellen Unterrichtszeit. Also nicht nur wir kamen freiwillig, sondern auch er. Lange noch hatte ich die Ausgabe von „Asterix Gallus“ unter meinen Büchern.
Besagter Lehrer war evangelisch, schwärmte aber öfter vom heiligen Niklaus von der Flüe. Die „Verrücktheit“ dieses Mannes, Frau und Kinder zurück zu lassen, um Einsiedler zu werden, das imponierte ihm. Er selbst heiratete während meiner Schulzeit dort – eine Kollegin. Weil diese katholisch war, hielt der Priester, der damals Religionslehrer an unserem Gymnasium war, die Trauung.
Soweit ich mich erinnere, gehörten zu des Lehrers Hobbies sowohl das Tennis- als auch das Schach-Spiel. Im örtlichen Schach-Club gehörte er sogar zum Vorstand. Und war wohl ab und zu hin und her gerissen, wenn ein Schüler sich so sehr für Schach begeisterte, dass er darüber die Schule zu vernachlässigen begann.
Gegen Ende der Gymnasialzeit hatte ich mich für den Latein-Leistungskurs entschieden. Und dort schrieb ich auch meine Facharbeit, deren Thema mir vom Lehrer vorgeschlagen wurde: „Die Missionsreisen des Apostels Paulus unter dem Gesichtspunkt seiner römischen Staatsbürgerschaft“. Der Lehrer kannte mich und meine Vorlieben. Und tatsächlich hatte ich ja Freude daran, die ein oder andere Paulus-Biographie zu lesen, abgesehen von der Anstrengung der „wissenschaftlich korrekten Arbeitsweise“. Jahre später hatte ich meinen damaligen Lehrer zu meiner Primiz eingeladen, der ersten Messe am Heimatort. Er kam, gemeinsam mit seiner Frau, und brachte eine Kopie meiner Facharbeit mit, die ich signieren musste. Außerdem schenkte er mir einen Faksimile-Druck einer alten Bibelhandschrift, welcher die meisten meiner Umzüge mitgemacht hat. Momentan ist er auf dem Dachboden in Maria Baumgärtle.
Im Rahmen des Lateinleistungskurses fuhren wir sieben Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit unserem Lehrer auch nach Rom! Ich erinnere mich noch an die Reiseplanungen: fahren wir mit der Bahn oder nehmen wir einen Kleinbus? Wir entschieden uns letztlich für den Bus, bei dem uns auf einem Parkplatz dann die Fahrerscheibe eingeschlagen wurde.
Mein erster Rom-Besuch damals, 1982! Ich weiß noch, wie wir vor der Basilika St. Paul vor den Mauern und der dortigen Paulus-Statue standen – da war er jetzt, der mit der „römischen Staatsbürgerschaft“. Aber auch unsere Enttäuschung auf dem Forum Romanum ist mir in Erinnerung. Das hatten wir uns nach der Lektüre der alten Römer doch irgendwie größer, imposanter vorgestellt.
Im Rahmen der damaligen Rom-Reise nahm ich mir auch die Zeit für einen Besuch in dem Haus, in dem ich heute lebe – mein erster Besuch im Generalat der Missionare vom Kostbaren Blut. Und irgendwie ahnten dann sowohl der Lehrer als auch die Mitschüler/inn/en, was ich wohl nach dem Abitur anstellen würde.
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