Samstag, 15. April 2023

(Nach) Ostern

Schlicht und einfach war die Karwoche. Da ich am Fasten war und deswegen mit den Kräften haushalten wollte, bin ich zu den Liturgiefeiern in das Klarissinnenkloster hier ganz in der Nähe, keine fünf Minuten zu Fuß, gegangen. Sechs oder sieben nicht mehr ganz junge Schwestern, und dann kamen noch ein paar wenige Leute von außen dazu. In der Osternacht hat der Zelebrant die Osterkerze mit dem Feuerzeug angezündet (nicht etwa am Osterfeuer) und dann das Exultet gesprochen (anstatt gesungen) – also wirklich sehr „reduzierte Feierlichkeit“. Und trotzdem: das Mitgehen und -leben in diesen Tagen, von Gründonnerstag bis Ostern, ließ schlussendlich in mir tatsächlich „Osterstimmung“ aufkommen. Am liebsten hätte ich hinterher jeder und jedem auf der Straße „buona pasqua! Frohe Ostern! Der Herr ist auferstanden!“ zugerufen. Wobei ich mich beherrscht habe, um nicht verständnislose Blicke oder gar eine barsche Antwort zu bekommen.

Gut und zum Nachdenken anregend fand ich wieder einmal eine Predigt von Stefan Jürgens, in dem Fall am Gründonnerstag. (hier zum Nachhören: https://www.youtube.com/live/_jRGZp4eCqk?feature=share&t=2179).

Die Eucharistie darf nicht zur Folklore verkommen, so sein Anliegen. Aber gleichzeitig – das ist wichtig – die Fußwaschung (als Ausdruck der bedingungslosen Liebe Gottes) ist für alle! Und Jürgens überlegt praktische Konsequenzen bis hin zum Wieder-Aufleben-Lassen der Arkan-Disziplin und möglicher Alternativen für das Feiern eines Schützenfestes. „Passt“ denn die Messe da überhaupt?

Als einer, der sich selbst schon während einer Messfeier bei dem ein oder anderen Fest diese Frage gestellt hat, fühl(t)e ich mich angesprochen.

Dazu kam eine andere Erinnerung im Zusammenhang mit Ostern. Als junger Kaplan in Klagenfurt wurde ich mit dem Brauch der „Fleischweih(e)“ konfrontiert. Im Stundentakt segneten der Pfarrer und ich am Karsamstag die Osterspeisen. Im Normalfall der Pfarrer in der Kirche, viermal hintereinander, und ich draußen, im Freien, an verschiedenen Orten im Pfarrgebiet, dreimal hintereinander. Für viele Menschen war das die Begegnung mit Kirche an Ostern. (In unserer römischen Pfarrei hier gab es überhaupt keine Speisensegnung an Ostern!) Und ich bekam mit, wie sich meine Kollegen, damals gab es noch mehrere Kapläne, beim Bischof beschwerten. Sie fühlten sich für ein Brauchtum missbraucht, hinter dem für ihr Empfinden das Eigentliche von Ostern unterging. Der Bischof versuchte zu beschwichtigen und einen Horizont aufzuzeigen: „wir müssen das volkskirchliche Erbe sympathisch begleiten“.

Auf dem Hintergrund der Predigt von Stefan Jürgens denke ich mir: vielleicht war und ist diese Praxis ja gar nicht so verkehrt. Wenn viele Menschen bei einer Segensfeier dem wohlwollenden Gesicht der Kirche (und Gottes) auf diese Weise begegnen können, denen die Eucharistiefeier vielleicht sogar eine Überforderung wäre.

„Was mich unablässig bewegt, ist die Frage, was das Christentum oder auch wer Christus heute für uns eigentlich ist. Die Zeit, in der man das den Menschen durch Worte – seien es theologische oder fromme Worte – sagen könnte, ist vorüber; ebenso die Zeit der Innerlichkeit und des Gewissens, und d.h. eben die Zeit der Religion überhaupt. Wir gehen einer völlig religionslosen Zeit entgegen; die Menschen können einfach, so wie sie nun einmal sind, nicht mehr religiös sein. Auch diejenigen, sie sich ehrlich als `religiös´ bezeichnen, praktizieren das in keiner Weise; sie meinen vermutlich mit `religiös´ etwas ganz anderes“. Das schrieb Dietrich Bonhoeffer 1943 an seinen Freund Eberhard Bethge.

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