Schlicht und einfach war die Karwoche. Da ich am Fasten war
und deswegen mit den Kräften haushalten wollte, bin ich zu den Liturgiefeiern
in das Klarissinnenkloster hier ganz in der Nähe, keine fünf Minuten zu Fuß,
gegangen. Sechs oder sieben nicht mehr ganz junge Schwestern, und dann kamen
noch ein paar wenige Leute von außen dazu. In der Osternacht hat der Zelebrant
die Osterkerze mit dem Feuerzeug angezündet (nicht etwa am Osterfeuer) und dann
das Exultet gesprochen (anstatt gesungen) – also wirklich sehr „reduzierte
Feierlichkeit“. Und trotzdem: das Mitgehen und -leben in diesen Tagen, von
Gründonnerstag bis Ostern, ließ schlussendlich in mir tatsächlich
„Osterstimmung“ aufkommen. Am liebsten hätte ich hinterher jeder und jedem auf
der Straße „buona pasqua! Frohe Ostern! Der Herr ist auferstanden!“ zugerufen.
Wobei ich mich beherrscht habe, um nicht verständnislose Blicke oder gar eine
barsche Antwort zu bekommen.
Gut und zum Nachdenken anregend fand ich wieder einmal eine Predigt von Stefan Jürgens, in dem Fall am Gründonnerstag. (hier zum Nachhören: https://www.youtube.com/live/_jRGZp4eCqk?feature=share&t=2179).
Die Eucharistie darf nicht zur Folklore verkommen, so sein Anliegen. Aber gleichzeitig – das ist wichtig – die Fußwaschung (als Ausdruck der bedingungslosen Liebe Gottes) ist für alle! Und Jürgens überlegt praktische Konsequenzen bis hin zum Wieder-Aufleben-Lassen der Arkan-Disziplin und möglicher Alternativen für das Feiern eines Schützenfestes. „Passt“ denn die Messe da überhaupt?
Als einer, der sich selbst schon während einer Messfeier bei
dem ein oder anderen Fest diese Frage gestellt hat, fühl(t)e ich mich
angesprochen.
Dazu kam eine andere Erinnerung im Zusammenhang mit Ostern.
Als junger Kaplan in Klagenfurt wurde ich mit dem Brauch der „Fleischweih(e)“
konfrontiert. Im Stundentakt segneten der Pfarrer und ich am Karsamstag die
Osterspeisen. Im Normalfall der Pfarrer in der Kirche, viermal hintereinander, und
ich draußen, im Freien, an verschiedenen Orten im Pfarrgebiet, dreimal
hintereinander. Für viele Menschen war das die Begegnung mit Kirche an Ostern. (In
unserer römischen Pfarrei hier gab es überhaupt keine Speisensegnung an
Ostern!) Und ich bekam mit, wie sich meine Kollegen, damals gab es noch mehrere
Kapläne, beim Bischof beschwerten. Sie fühlten sich für ein Brauchtum
missbraucht, hinter dem für ihr Empfinden das Eigentliche von Ostern unterging.
Der Bischof versuchte zu beschwichtigen und einen Horizont aufzuzeigen: „wir
müssen das volkskirchliche Erbe sympathisch begleiten“.
Auf dem Hintergrund der Predigt von Stefan Jürgens denke ich
mir: vielleicht war und ist diese Praxis ja gar nicht so verkehrt. Wenn viele
Menschen bei einer Segensfeier dem wohlwollenden Gesicht der Kirche (und
Gottes) auf diese Weise begegnen können, denen die Eucharistiefeier vielleicht
sogar eine Überforderung wäre.
„Was mich unablässig bewegt, ist die Frage, was das Christentum oder auch wer Christus heute für uns eigentlich ist. Die Zeit, in der man das den Menschen durch Worte – seien es theologische oder fromme Worte – sagen könnte, ist vorüber; ebenso die Zeit der Innerlichkeit und des Gewissens, und d.h. eben die Zeit der Religion überhaupt. Wir gehen einer völlig religionslosen Zeit entgegen; die Menschen können einfach, so wie sie nun einmal sind, nicht mehr religiös sein. Auch diejenigen, sie sich ehrlich als `religiös´ bezeichnen, praktizieren das in keiner Weise; sie meinen vermutlich mit `religiös´ etwas ganz anderes“. Das schrieb Dietrich Bonhoeffer 1943 an seinen Freund Eberhard Bethge.
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