Juan hatte die Nachricht erhalten: am 18. September gibt es eine Papstaudienz für die Diözese Rom. Eingeladen sind die Pfarrer und Vertreter aus den Pfarrgemeinden, die Oberen der in Rom ansässigen Ordensgemeinschaften, sowie Vertreter von Bewegungen. Eintrittskarten für die Audienz seien zwischen 13. und 17.9. bei der Pforte des Lateranpalastes (Sitz der Diözese Rom) abzuholen. Juan schlug mir vor, dort ein paar Karten für uns zu besorgen. Also machte ich mich auf den Weg, gleich am 13.9. nachmittags. Und erfuhr, dass die Kartenausgabe sehr beschränkt sei: nur eine Eintrittskarte pro Gemeinschaft. Tatsächlich lag da ein Verzeichnis (annähernd im Buchformat) der Ordensgemeinschaften Roms und ich unterschrieb bei „Missionari del Prez. Sangue“ und unserer Adresse, um eine Karte zu erhalten. Tapfer fragte ich, wie das denn mit den Schwestern sei. „Ja, wenn wir sie hier im Verzeichnis stehen haben“, meinte der freundliche Pförtner. Also bekam ich gegen eine Unterschrift bei „Missionarie della sacra famiglia“ unter unserer Adresse noch eine weitere Karte. Mit diesen beiden Karten trat ich den Heimweg an, gab die eine den Schwestern und erklärte meinen Hausgenoss/inn/en, dass wir halt jetzt entscheiden müssten, welche beiden von uns zur Audienz am Samstag gingen. Die Schwestern hatten kein Interesse (hört, hört!) und so bekamen „wir Männer“ deren Karte. Juan und Gaspar wollten gehen – der Fall schien schon klar. Ich hatte zunächst auch Lust, da ich aber am Tag nach der Audienz für eine Woche verreisen wollte, war ich froh, vorher noch ein wenig „Luft“ zu haben. Doch dann trat auch für Juan eine „Programmänderung“ ein: er hatte für den chilenischen Unabhängigkeitstag Gäste eingeladen, und zwar für 19.9. Und die Gästeliste wurden immer lännger! „Wenn ich den einlade, dann muss ich doch die anderen aus der Gemeinschaft auch einladen...“ Der arme Kerl geriet in Stress. Und bat darum, weil er noch so viel vorzubereiten habe, nicht zur Audienz zu gehen. Da Gaspar nicht alleine los wollte, lag der Ball wieder bei mir. Lustigerweise bekam Juan am 17.9. eine weitere Nachricht, dass noch weitere Karten für die Papstaudienz bei der Pforte des Lateran erhältlich seien. Jetzt auf einmal...
Und so machten Gaspar und ich uns am Samstag, den 18.9. um 8.00 Uhr auf den Weg. Audienz um 11.30 Uhr, Einlass ab 8.00 Uhr. Um 9.00 Uhr betraten wir die Aula Nervi beim Vatikan. Oh je, was machen wir denn jetzt so lange? Ein paar Schlaue hatten ein Buch mit genommen. Aber dann kam es wieder anders: es gab ein „Vorprogramm“. Das mit einer „Singprobe“ begann. Marco Frisina, Musiker, Komponist und Priester, übte mit den Anwesenden die Lieder im Feierheft. Und er tat das auf eine sehr erfrischende, humorvolle Art und Weise, das machte wirklich Freude. Im Gegensatz zum Singen mit Maske – das kommt mir doch ein wenig wie Autofahren mit angezogener Handbremse vor. Auf jeden Fall übten wir - und 2500 Menschen ergeben, trotz Masken, einen gewissen Klangkörper. Frisinas Lieder sind in Rom und Italien sehr bekannt, einige sind richtig gehende „Schlager“, eingängige, schöne Melodien.
Um 10.30 Uhr begann dann das eigentliche Vorprogramm, mit Schriftlesungen, Gebet, Liedern und Zeugnissen. Vorgesehen waren drei Themenblöcke: „Synode, Zuhören und Kerygma“. Aber siehe da: nach dem ersten Block wurde es auf einmal unruhig auf der Bühne, Menschen wurden zurück auf ihre Plätze geschickt. Und der Papst kam, eine halbe Stunde früher als angekündigt. Die Menschen standen auf und klatschten. Der Papst blieb auf seinem Weg vom Rand der Bühne bis in die Mitte zu seinem Platz dreimal stehen, nahm jeweils die rechte Hand zur Brust und verneigte sich zu den Menschen im Saal hin, vor ihnen. Für mich eine Geste, die mich an seinen Amtsantritt erinnerte, als er sich auf der Loggia zu den Menschen hin verbeugte und um ihr Gebet, ihren Segen bat. Ein demütiger Mann, „Bruder Papst“. Was ihn jedoch nicht daran hinderte, danach eine 45minütige Ansprache zu halten, die mir nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich einigermaßen herausfordernd vorkam. Da schenkt er seinen Zuhörern nichts, das ist kein „Show-Programm“. Es war vor allem eine große Einladung zum „Sich-Gegenseitig-Zuhören“, welches letztlich dann das Hören auf den Heiligen Geist möglich macht. Und das gilt für alle, auch für die Bischöfe: nicht nur, so der Papst, mit dem Hirtenstab in Händen und der Mitra auf dem Kopf lehren, sondern zuhören.
Ich dachte mir: eigentlich wäre es schön gewesen, wenn der Papst auch beim Vorprogramm im Saal gewesen wäre und wir gemeinsam den Zeugnissen zugehört hätten, von denen jetzt zwei Drittel nicht zu hören waren...
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