Dienstag, 15. Dezember 2020

Weihnachts-Predigt(en)

Im Oktober ging es in diesem Blog zweimal nacheinander ums Predigen. Und diese Posts haben einige Reaktionen ausgelöst. Zustimmende, von Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen, und kritische – eher die Predigenden in Schutz nehmend...

Umfragen bestätigen, dass nach wie vor für viele, die einen Gottesdienst mit feiern oder besuchen, die Predigt dabei einen hohen Stellenwert hat. Allerdings bin ich da schon länger auch ein wenig vorsichtig.

Bestätigt wurde ich darin durch zwei Jesuiten, deren Texte ich in den vergangenen Wochen gelesen habe. Es sind jeweils jahrzehntealte und doch immer noch höchst aktuelle Gedanken. Beim Inder Michael Amaladoss geht es um einen Aufsatz, im Fall von Adolfo Nicolas um Ansprachen, die er für das Centro Astalli, die Zweigstelle des weltweiten Jesuiten-Flüchtlingsdienstes gehalten hat.

Beide äußern – ich gebe das natürlich hier sehr verkürzt wieder – eine gewisse „Skepsis“ gegenüber der Predigt. „Die Menschen glauben den Predigten nicht mehr“. Bzw. sie kommen nicht aufgrund von Predigten zum Glauben. Was also tun? „Erfahrungsräume des Glaubens“ schaffen, Begegnungen, Situationen, die ein Fenster in Richtung Glauben öffnen, oder besser eine Tür, die sich öffnen, durchschreiten lässt...

Wir feiern Weihnachten. Das ist die Grundlage für Jesu Predigten. Hinter den uns von den Evangelisten zusammengestellten Worten Jesu steht als Grundlage seine Menschwerdung. Heißt: bevor Jesus sich mit Worten an die Menschen wandte, ist er erst einmal einer von ihnen geworden, hat sich auf die Menschenwelt eingelassen, ist von innen her in sie eingetreten. Dieses Grundereignis muss beim Hören auf Jesu Worte immer mit gehört werden.

Und wir können daraus verschiedene Schlussfolgerungen ziehen. Z.B. eine für das persönliche Leben. Such bei Jesus nicht nach irgendwelchen Regeln und Vorschriften, sondern suche IHN, lerne seine Gegenwart in Dir und den anderen, in der Welt und in allem wahrzunehmen.

Als Mitglied der Gemeinschaft der Missionare vom Kostbaren Blut, welche gegründet wurde, um, vor allem durch Volksmissionen und Exerzitien einen Beitrag zur Erneuerung der Kirche zu leisten, überlege ich natürlich auch, wie das heute geht. Predigt war immer ein ganz wichtiges Standbein, wobei die Predigt im Rahmen der Volksmission auch ein gewisses Setting hatte. Und wenn Missionare dabei mit einem Totenschädel auftraten oder sich gar noch selbst geißelten, dann ging es da nicht nur um Worte. Wie überhaupt Mission ein ganzheitliches Geschehen war, bis hin zum Abliefern der Waffen, dem Verbrennen von schlechter Literatur, der Rückgabe gestohlener Gegenstände... Nicht nur Worte!

Mit großer Freude war ich immer wieder daran beteiligt, Glaubenserfahrungen zu ermöglichen, einen Raum dafür zu öffnen, dieses „Aktionsfeld“ ist sicher noch ausbaufähig.

Bischof Heiner Willmer von Hildesheim sprach vor einiger Zeit von der Bedeutung des Küchentisches. Sich miteinander um den Küchentisch setzen. Da wird nicht „gepredigt“ (vielleicht auch manchmal:)), sondern Leben ausgetauscht.

Die Krippe ist kein Küchentisch, aber vielleicht lädt sie ein zu einem solchen Austausch mit demjenigen, der da – Mensch geworden – auf Dich wartet, Dir zuhört und Dir etwas sagen will...